Grünen-Duo Willger/Ulrich setzt sich durch

St. Ingbert. Der Machtkampf bei den Saargrünen ist gestern beim Landesparteitag in St. Ingbert klar entschieden worden. Die Ex-Umweltministerin und Fraktionsvizin der zweiköpfigen Landtagsfraktion, Simone Peter, 46, unterlag bei der Kampfabstimmung um den Co-Parteivorsitz gegen die Amtsinhaberin Claudia Willger, 51

 Wieder eingetopft: Die Grünen-Doppelspitze Claudia Willger und Hubert Ulrich. Foto: Becker&Bredel

Wieder eingetopft: Die Grünen-Doppelspitze Claudia Willger und Hubert Ulrich. Foto: Becker&Bredel

St. Ingbert. Der Machtkampf bei den Saargrünen ist gestern beim Landesparteitag in St. Ingbert klar entschieden worden. Die Ex-Umweltministerin und Fraktionsvizin der zweiköpfigen Landtagsfraktion, Simone Peter, 46, unterlag bei der Kampfabstimmung um den Co-Parteivorsitz gegen die Amtsinhaberin Claudia Willger, 51. Willger erreichte 88 Stimmen der Delegierten, Peter nur 30 Stimmen, was bei 120 abgegebenen Stimmen einer knappen Drei-Viertel-Mehrheit für die Rechtsanwältin und Ex-Landtagsabgeordnete entspricht. Parteichef Hubert Ulrich, 55, erreichte bei seiner Wiederwahl 77,3 Prozent der Stimmen in der Stadthalle."Das war schon ein Schock", kommentierte Peter mit bleichem Gesicht das Abstimmungsergebnis. "Es wird schwierig, dieses Ergebnis den Wählerinnen und Wählern der Grünen zu vermitteln", ergänzte die Saarbrückerin. Ob sie in zwei Jahren erneut für das Spitzenamt kandidieren wolle, könne sie noch nicht sagen. Für einen der vier Stellvertreterposten im Parteivorsitz trat Peter nicht mehr an.

Fünf Minuten vor Beginn des Tagesordnungspunktes "Neuwahl des Landesvorstandes" hatte Peter noch ihre schriftliche Bewerbung auf einem beidseitig bedruckten Din-A-4-Blatt in den Reihen der Delegierten verteilt. Darin hieß es, es sei "unabdingbar, auch in den Gremien Reformbereitschaft zu zeigen: beim heute zu wählenden Landesvorstand auf allen Ebenen - vom Vorsitz bis zu den Beisitzerinnen". Die Öffentlichkeit würde, so Peter, ein "Weiter so" nicht verstehen. "Daraus sollten wir Lehren ziehen und uns nicht die Chance verbauen, das große Potenzial jenseits der fünf Prozent" auszuschöpfen. In ihrer engagierten Bewerbungsrede unterstrich Peter, dass es kein "Flügelgeflatter" bei den Saargrünen gebe. Ihre Kandidatur sei auch kein "Ego-Trip", wie manche Kritiker meinten. Es gehe um ein zukunftsfähiges, gerechtes, soziales und ökologisch orientiertes Saarland, das mit einer links verorteten grünen Partei zu erreichen sei.

Ihre Kontrahentin Willger verzichtete auf eine schriftliche Bewerbung. Die Bübingerin legte dar, dass sie lange mit sich gerungen habe, ob sie erneut kandidieren wolle. Sie habe Peter noch im April angeboten, selbst auf eine Kandidatur zu verzichten. Doch Peter habe sich nicht gemeldet. Und da sie von verschiedenen Parteifreunden bestärkt worden sei, wieder in den Ring zu steigen, habe sie sich zu einer Kandidatur entschlossen. "Erst in der zweiten Maiwoche hat sich Simone entschieden, da stand meine Kandidaturentscheidung schon fest", sagte Willger. Sie widersprach vehement der in den Medien geäußerten Kritik, sie sei nur eine "Ulrich-Marionette". "Bereits bei meiner ersten Kandidatur zur Saarbrücker Oberbürgermeisterin wurde mir dies zur Last gelegt, dabei kannte ich Ulrich damals persönlich noch gar nicht", betonte Willger. Die Ex-Landtagsabgeordnete sprach von einem "überwältigenden Wahlerfolg". Sie wolle jetzt im erweiterten Fraktionsausschuss ihre Schwerpunkte, etwa in der Migranten- und Frauenpolitik, einbringen.

Ulrich sprach von einem "guten Ergebnis" für ihn angesichts der vorangegangen öffentlichen Debatte. "Der Richtungsstreit ist beendet", so Ulrich gegenüber der SZ. Ulrich, der seit 20 Jahren mit einer kurzen Unterbrechung an der Spitze der Saargrünen steht, sagte weiter, dass das Wahlergebnis bei der Co-Vorsitzendenwahl etwas verzerrt sei: Einige Anhänger von Peter seien nicht erschienen oder hätten sich zu spät zum Parteitag gemeldet. "Etwa zehn bis 20 Stimmen hätte sie mehr haben können", so Ulrich. Die Fraktionsarbeit im Landtag werde durch die Wahlniederlage Peters nicht beeinflusst. Thorsten Comtesse, Sprecher der Grünen Jugend, sagte enttäuscht zur Wahlniederlage Peters: "Der Wille sich neu aufzustellen ist nicht vorhanden." Die Grüne Jugend konnte auch nichts bewegen, da sie sich zu spät zum Parteitag anmeldete und nicht mitstimmen durfte. "Der Richtungsstreit

ist beendet."

Saargrünen-Landeschef Hubert Ulrich nach dem Wahlsieg von Claudia Willger über Simone Peter

Meinung

Das System funktioniert

Von SZ-RedakteurBernard Bernarding

Die saarländischen Grünen sind sich treu geblieben: Sie haben das alte Führungsteam im Amt bestätigt, den zarten Versuch einer Erneuerung abgeschmettert und die Gründe für das schlechte Ergebnis bei der Landtagswahl gar nicht erst erörtert. Einfach weiter so, hieß die Devise. Wie früher bei der CDU.

Langzeitchef Hubert Ulrich hat abermals auf beeindruckende Weise demonstriert, dass er seinen Laden im Griff hat. Wie gut das Saarlouiser System noch funktioniert, musste auch Ex-Ministerin Simone Peter zur Kenntnis nehmen, die bei ihrer Kandidatur auf gerade mal 30 Stimmen kam. Kürzlich noch gefeierte Spitzenkandidatin, jetzt unliebsame Konkurrentin, der die gleichen Leute nun eine kalte Abfuhr erteilen. Dafür wird triumphal eine Kandidatin gewählt, die in zehn Jahren vor allem dadurch aufgefallen ist, dass sie von der wichtigsten Parteispende der Grünen-Geschichte nichts wissen wollte. Was sich die Saar-Grünen bei dieser Personal-Entscheidung gedacht haben, bleibt das Geheimnis eines Landesverbandes, über den selbst prominente Bundes-Grüne mitunter irritiert sind.

Das Fazit nach diesem merkwürdig apolitischen Parteitag wirkt ernüchternd: Die alten Strukturen zementiert, Chancen auf Erneuerung verpasst, Verhältnis zur SPD zerrüttet. Und in der Fraktion sitzen zwei Abgeordnete, die sich nicht grün sind. Schöne Aussichten . . .

Auf einen Blick

Generalsekretär der Saargrünen bleibt Markus Tressel, 35. Der Bundestagsabgeordnete wurde mit 88,7 Prozent der Stimmen bestätigt. Zu Vize-Vorsitzenden wurden gewählt: Claudia Beck, 38, Saarlouis (85 Prozent), Klaus Borger, 53, Merzig (78,1 Prozent), Dieter Hoffmann, 50, Saarlouis (75,3 Prozent) und Tina Schöpfer, 36, Sulzbach (71,3 Prozent). dik

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