Großrazzia im Rotlicht-Milieu

Saarbrücken · Drei Männer und eine Frau sind bei einer Großrazzia im Rotlicht-Milieu in Saarbrücken und Mainz verhaftet worden. Ihre Opfer sind junge Frauen aus Rumänien und Ungarn, die Mainzer angeworben haben soll.

 In diesem Haus in der Gersweiler Straße in Saarbrücken sollen bis zu 15 junge Rumäninnen als Prostituierte gearbeitet haben. Foto: Becker&Bredel

In diesem Haus in der Gersweiler Straße in Saarbrücken sollen bis zu 15 junge Rumäninnen als Prostituierte gearbeitet haben. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

. Mehr als eineinhalb Jahre waren die Ermittler des Dezernates "Menschenhandel/Schleusung" der Saar-Polizei einem Quartett, das offensichtlich im Saarbrücker Rotlicht-Milieu das Sagen hatte, auf der Spur. Am Donnerstag letzter Woche schlugen die Fahnder in einer konzertierten Aktion, bei der mehr als 70 Beamte von Polizei und Steuerfahndung im Einsatz waren, zu. Polizeisprecher Georg Himbert zog gestern eine erste Zwischenbilanz: Haftbefehle gegen die vier mutmaßlichen Menschenhändler und Zuhälter wurden vollstreckt. Dabei handelt es sich um einen 41 Jahre alten Rumänen, der zuletzt in Mainz lebte, früher aber auch in einem Saarbrücker Etablissement residierte. Hinter Schloss und Riegel sitzen auch ein 53-jähriger Saarbrücker und ein Ehepaar (45 und 43 Jahre alt) aus Riegelsberg.

Bei der Aktion wurden nach ersten Angaben an insgesamt 14 Adressen Wohnungen, Bordellbetriebe und Firmenräume in Saarbrücken, Riegelsberg, Mainz und Frankfurt durchsucht. Sichergestelltes Beweismaterial muss noch ausgewertet werden. Die Ermittler suchten insbesondere Kontoauszüge, Dienstpläne, Schriftverkehr und weitere Unterlagen, mit denen dokumentiert werden kann, wohin die in sechs Rotlicht-Betrieben erzielten Umsätze geflossen sind. Die notwendigen Schritte, illegal ermittelte Gewinne abzuschöpfen, wurden angeblich bereits eingeleitet.

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge gehen die Rotlichtfahnder wohl davon aus, dass der Rumäne die Frauen angeworben hatte und auf die einzelnen Bordelle in Saarbrücken und Mainz verteilte. So sollen etwa in einem Appartementhaus in der Gersweiler Straße in Saarbrücken bis zu 15 Rumäninnen, die jünger als 21 Jahre waren, Liebesdienste angeboten haben. Betreiber dieses Hauses war offenbar das Ehepaar aus Riegelsberg. Beide sollen auch in vier weiteren Saarbrücker Bars und Bordellbetrieben den Ton angegeben haben.

Insgesamt traf die Polizei bei der Großrazzia 22 Frauen aus Rumänien und Ungarn in den Rotlicht-Etablissements an. Sie gelten als Opfer. Ihnen wurde Betreuung durch den Verein Aldona, Fachberatungsstelle für Migranten, angeboten. Den Frauen aus Rumänien und Bulgarien, die bei der Razzia in zwei Saarbrücker Bordellen angetroffen wurden, hat der Verein Aldona seine Hilfe angeboten. Er berät Prostituierte und Migrantinnen, die Opfer von Menschenhandel, Zwangsprostitution oder häuslicher Gewalt geworden sind. Die Pädagoginnen Barbara Filipak und Sabrina Müller von Aldona waren bei der Großrazzia mit dabei, um die Frauen direkt vor Ort beraten zu können.

"Keine von ihnen hat sich als Opfer gefühlt oder wollte dringend weg. Ängstlich waren sie auch nicht", sagt Filipak. Müller, die ein anderes Etablissment besuchte, bestätigt das: "Die Frauen sind Polizeikontrollen gewöhnt und haben direkt ihre Ausweise geholt." Die Beraterinnen sprachen mit ihnen und gaben ihnen die Kontaktdaten des Vereins. "Manche kommen später doch noch zur Beratung", das wisse sie aus Erfahrung, sagt Filipak.

Aldona kann Frauen sicher unterbringen und betreuen - dieses Angebot habe im aktuellen Fall aber zunächst niemand angenommen. Über den Bordellen befanden sich Wohnungen, in denen viele der Frauen - teils mit ihren Lebenspartnern - wohnen. Die seien zwar "spärlich eingerichtet, aber sonst okay" gewesen, berichtet Filipak. Müller hingegen hat unsaubere Gemeinschaftsbäder und -küchen aufgefunden. "Die Arbeitszimmer und die daran anschließenden Bäder waren jedoch einwandfrei." Der Rest der Frauen habe eigene Wohnungen. In diese seien sie nach der Polizeikontrolle zurückgekehrt.

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