Alternative Heilmethoden Großer Wirbel um kleine homöopathische Kugeln

Saarbrücken · Für die einen ist es nutzloser Hokuspokus, andere sind von der Wirksamkeit felsenfest überzeugt: An homöopathischen Medikamenten und Behandlungsmethoden scheiden sich die Geister. Kassenärztliche Vereinigungen und Krankenkassen streiten derzeit darum, ob die alternativen Heilmethoden von den Kassen finanziert werden sollten. In diesen Streit hat sich nun auch das saarländische Gesundheitsministerium eingemischt. Gesundheitsstaatssekretär Stephan Kolling (CDU) verteidigt die alternativen Heilmethoden: "Wer die Homöopathie als ergänzende und in der Regel nebenwirkungsarme Behandlung verbieten will, beschneidet die Therapievielfalt und bevormundet zahlreiche Patienten", heißt es in einer Pressemitteilung. Homöopathie sei kein wirkungsloser Hokuspokus, sondern eine anerkannte und bewährte Therapieform. Ganz anders sieht das Josef Hecken (CDU), ehemaliger saarländische Gesundheitsminister und jetziger Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses. Er forderte unter anderem in einem Gespräch mit der FAZ, dass gesetzliche Krankenkassen keine homöopathischen Mittel und Therapien mehr erstatten sollten, da deren Wirksamkeit nicht belegt sei. Und auch Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, äußerte sich kürzlich in ähnlicher Weise. "Es ist doch absurd, wie viel Geld manche gesetzliche Versicherung für Kügelchen und Tinkturen aus dem Fenster wirft, deren Wirksamkeit - selbst nach eigenem Bekunden der Kassen! - nicht belegt ist", heißt es in einer Pressemitteilung.

 Stephan Kolling Foto: Iris Maurer

Stephan Kolling Foto: Iris Maurer

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Es gehe in der Diskussion keineswegs darum, homöopathische Mittel und Therapien abschaffen zu wollen, sagt Gunter Hauptmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland. Es sei jedoch problematisch, dass die Kassen viel Geld für Medikamente ausgeben, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist, während das Geld an wichtigen anderen Stellen fehle. Als praktizierender Arzt empfehle er einigen Patienten auch homöopathische Medikamente wie etwa Arnica D6. Das helfe auch vielen, die Wirksamkeit sei allerdings trotzdem nicht belegt. Das Präparat werde keiner so strengen Qualitätsprüfung unterzogen wie die verpflichtenden Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen.

Ein Großteil der Leistungen, die die Krankenkassen erstatten, ist vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Was die Kassen ihren Versicherten darüber hinaus anbieten, dürfen sie selbst entscheiden. In diesem Bereich bieten viele Kassen auch homöopathische Behandlungsmethoden an. Während Medikamente und Therapien der vorgeschriebenen Leistungen einer strengen Qualitätsprüfung unterzogen werden müssen, ist dies bei den freiwilligen Leistungen nicht der Fall. Ihre Wirksamkeit muss nicht im gleichen Maße belegt werden. Hauptmann fordert, dass die freiwilligen Kassenleistungen derselben Qualitätsprüfung unterzogen werden müssten wie die verpflichtenden Angebote.

Viele Kassen sehen das allerdings anders. So auch die einzige im Saarland ansässige gesetzliche Krankenkasse, die IKK Südwest. Sie erstattet ihren Versicherten bestimmte homöopathische Leistungen. "Wir sind der Auffassung, dass Homoöpathie durchaus ihre Stärken hat. Ein gutes Miteinander von Schulmedizin und Homöopathie kann zur schnelleren Heilung beitragen", sagt Jörg Loth, Vorstand der IKK Südwest. Es komme aber auch aufs Krankheitsbild an - bei schwerwiegenden Erkrankungen sollte natürlich immer ein Facharzt zu Rate gezogen werden. Bei den Versicherten sind die alternativen Heilmethoden begehrt. "2016 waren es rund 4000 Fälle monatlich, bei denen Versicherte unser Angebot in Anspruch genommen haben", sagt Loth. Besonders häufig, in 62 Prozent der Fälle, komme die Osteopathie zum Einsatz.

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