Großer Auftritt als "Margot Müller"

Schafbrücke. Ganz arges Lampenfieber hat Silvia Bervingas immer, wenn eine Premiere ansteht. Auch am Sonntagnachmittag wirkt sie etwas nervös. Obwohl das Publikum, das sich trotz Glatteiswarnung in die Schafbrücker evangelische Kirche am Lorenzberg aufgemacht hat, ziemlich überschaubar ist

 Für Krimis geeignet: Unser Archivfoto zeigt Silvia Bervingas (rechts) mit Dieter Hofmann in "Offene Zweierbeziehung". Foto: Oliver Dietze

Für Krimis geeignet: Unser Archivfoto zeigt Silvia Bervingas (rechts) mit Dieter Hofmann in "Offene Zweierbeziehung". Foto: Oliver Dietze

Schafbrücke. Ganz arges Lampenfieber hat Silvia Bervingas immer, wenn eine Premiere ansteht. Auch am Sonntagnachmittag wirkt sie etwas nervös. Obwohl das Publikum, das sich trotz Glatteiswarnung in die Schafbrücker evangelische Kirche am Lorenzberg aufgemacht hat, ziemlich überschaubar ist. Doch das Programm, das die lange im Saarland und nun in Zweibrücken lebende Schauspielerin zum Holocaust-Gedenktag präsentiert, ist auch ziemlich gewagt. Authentische Briefe will sie vorlesen, die deutsche Frauen in der Nazizeit an Adolf Hitler geschrieben haben. Sie beginnen mit "mein süßestes Adili", "Purzelchen" "mein Einziges, mein Allerbestes" und künden von krankhaftem Liebeswahn.Tausende solcher Liebesbriefe sind damals täglich in der Reichskanzlei eingegangen, von Frauen aller Schichten aus dem ganzen "Reich". Sie imaginierten sich eine Beziehung mit dem Diktator, schickten im Selbstgenähtes, den Schlüssel zu ihrer Wohnung oder forderten ganz unverblümt: "eine Frau aus dem Sachsenland möchte ein Kind von Ihnen". Warum Bervingas die von einem jüdischen GI gefundenen und als Buch erst vor einigen Jahren veröffentlichten Briefe zu Gehör bringt?"Weil es danach schreit, es muss vorgelesen werden", begründet die Schauspielerin. Begleitet von Liedermacher und Gitarrist Andreas Vogel, der dazu historische Zitate zur Frauenideologie der NS-Zeit vorträgt, beweist Bervingas wieder einmal ihre Qualität. Sich ganz zurücknehmend, trifft sie genau den richtigen Tonfall, der einen glauben lässt, man höre den Frauen beim Schreiben zu. Nach der mit viel Applaus bedachten Lesung will Bervingas Lampenfieber nicht weichen. "Ich bin überwältigt", gesteht sie am nächsten Tag. Neun Millionen Zuschauer haben ihren Auftritt als resolute Margot Müller im Tatort "Melinda" gesehen, 3000 Zuschauer haben in den Stunden danach ihre Homepage angeklickt und viele ihr im Gästebuch gratuliert. Auch auf der ARD-Webseite heben fast die Hälfte der Lesekommentare die Schauspielerin als "Lichtblick" hervor oder wünschen gar, dass sie eine feste Rolle im Saar-Tatort erhält.

Doch Bervingas bleibt auf dem Teppich. Fest steht: Am 2. März liest sie wieder "Liebesbriefe an Adolf Hitler", im Saarbrücker Hotel Kaiserhof . sbu

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