Größte Primzahl füllt 3102 SeitenMathematik mit Hand, Kopf und Herz begreifen

Am 28. August meldete heise-online: 45. Mersenne-Primzahl wahrscheinlich entdeckt. Und am 8. September war bei mersenne.org zu lesen: 45th and 46th Known Mersenne Primes Found!!!!??? Also: 45. und 46. bekannte Mersenne-Primzahl gefunden!!!???. Das löste große Aufregung bei allen Primzahlenjägern aus

 Addieren macht Kindern Spaß. Viele Mathematiker fasziniert noch mehr die Suche nach der größten Primzahl. Und das geht nicht mehr von Hand, sondern nur noch mit Computerhilfe. Foto: dpa

Addieren macht Kindern Spaß. Viele Mathematiker fasziniert noch mehr die Suche nach der größten Primzahl. Und das geht nicht mehr von Hand, sondern nur noch mit Computerhilfe. Foto: dpa

Am 28. August meldete heise-online: 45. Mersenne-Primzahl wahrscheinlich entdeckt. Und am 8. September war bei mersenne.org zu lesen: 45th and 46th Known Mersenne Primes Found!!!!??? Also: 45. und 46. bekannte Mersenne-Primzahl gefunden!!!???. Das löste große Aufregung bei allen Primzahlenjägern aus. Was bedeuten diese Meldungen? Und warum die Aufregung?Sicher wissen Sie noch, was eine Primzahl ist: Eine natürliche Zahl, die sich nur durch 1 und sich selbst ohne Rest teilen lässt. 1 besitzt auch diese Eigenschaft, wird aber nicht zu den Primzahlen gezählt. Die ersten zehn Primzahlen sind daher 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, 29. Primzahlen sind wichtig. Für Mathematiker. Primzahlen sind sozusagen die Atome der natürlichen Zahlen, also der Zahlen 1, 2, 3 und so weiter. Jede natürliche Zahl größer als 1 lässt sich nämlich eindeutig (bis auf die Reihenfolge der Faktoren) als Produkt von Primzahlen darstellen. Ich mache ein Beispiel: 42 = 2·3·7 oder 100 = 2·2·5·5 oder 37 = 37, wobei die 37 auf der rechten Seite von den Mathematikern als Produkt mit einem Faktor interpretiert wird. Den Satz über die eindeutige Primfaktorzerlegung kannten schon die Mathematiker der Antike. Sie wussten auch schon, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Primzahlen besitzen heute eine enorme praktische Bedeutung. Große Primzahlen, groß bedeutet etwa 300 Stellen und mehr, bilden die Grundlage vieler Verschlüsselungsverfahren, die bei der sicheren Datenübertragung im Internet benutzt werden. Es gibt unendlich viele Primzahlen, dies wurde schon gesagt. Schon früh begann die Jagd nach immer größeren Primzahlen. Vielleicht vermuten Sie, das sei ja ganz einfach: Um zum Beispiel zu kontrollieren, ob 1009 eine Primzahl ist, muss man nur überprüfen, ob eine der Primzahlen kleiner als 1009 die Zahl teilt. Ja es genügt sogar, nur mit den Primzahlen kleiner als Wurzel 1009 zu testen. Im Prinzip funktioniert dies, aber bei großen Zahlen scheitert dies ganz schnell am Rechenaufwand. Eine andere Möglichkeit besteht darin, nach Formeln zu suchen, die Primzahlen liefern. Einer der Ersten, der eine solche Formel vorschlug, war der französische Franziskanermönch Marin Mersenne. Mersenne lebte von 1588 bis 1648. Er war ein heller Kopf, vielseitig interessiert; er lieferte bedeutende Beiträge zur Musik und zur Physik. Mersenne untersuchte Zahlen der Form 2·2· ..·2 - 1, also eine Zweierpotenz - 1, das heißt: 2 hoch n - 1. Ihm war schnell klar, dass solche Zahlen nur dann Primzahlen sein können, wenn n selbst eine Primzahl ist. Nehmen Sie n = 6, so erhalten Sie 2 hoch 6 - 1 = 2·2·2·2·2·2 - 1 = 64 - 1 = 63 und 63 ist keine Primzahl. Nehmen Sie aber n = 7. Dann gilt: 2 hoch 7 - 1 = 2·2·2·2·2·2·2 - 1 = 128 - 1 = 127 und 127 ist eine Primzahl.Aber selbst wenn n eine Primzahl ist, muss 2 hoch n - 1 keine Primzahl sein: Für n = 11 erhält man: 2 hoch 11 - 1 = 2048 - 1 = 2047; 2047 = 23·89; 2047 ist keine Primzahl. Also: Ist p eine Primzahl, so kann die Zahl 2 hoch p - 1 eine Primzahl sein, muss aber nicht. Zahlen der Form 2 hoch p - 1 heißen heute Mersenne-Zahlen, sie werden mit M(p) abgekürzt. Mersenne-Zahlen werden mit wachsendem p sehr schnell sehr groß, sie sind daher gute Kandidaten für sehr große Primzahlen. Sie haben einen einfachen Bauplan, der es dem französischen Mathematiker Lucas 1876 ermöglichte, einen einfachen Test auf die Primzahleneigenschaft dieser Zahlen zu entwickeln. Dieser Test wurde später von dem Amerikaner Lehmer verbessert, er bildet heute die Grundlage für die Untersuchung von großen Mersenne-Zahlen. Die aktuell am 9. September größte sicher als Primzahl erkannte Zahl ist die Mersenne-Zahl M(32582657), also 2 hoch 32 582 657 und dann minus 1. Diese Zahl wurde am 4. September 2006 im Rahmen des Projektes mersenne-org gefunden, sie ist riesig, besitzt 9808358 Stellen. In 12-Punktschrift füllt sie 3102 DIN-A4 Seiten. Die Zahl ist unvorstellbar groß.Auch Sie können sich an der Jagd nach großen Primzahlen beteiligen. Besuchen Sie die Internetseite www.mersenne.org. Sie erfahren dort alles Notwendige. Es geht um einen Rechnerverbund im Internet. Sie können reich und berühmt werden. Wenn auf Ihrem Rechner die erste Primzahl mit mehr als 10 Millionen Stellen gefunden wird, erhalten Sie von der Electronic frontier Foundation eine Prämie von 100 000 Dollar. Vielleicht ist die Chance auf Reichtum schon vertan, wegen der eingangs zitierten Nachrichten. Die Chance auf Ruhm bleibt. Man kann nach dem Sinn des Ganzen fragen. Innermathematisch haben die Mersenne-Primzahlen kaum Bedeutung, wirklich interessant ist nur die Frage, ob es endlich oder unendlich viele gibt. Man kann auch danach fragen, warum einer Berge besteigt. Ohne materiellen Nutzen. Die Sehnsucht nach Grenzüberschreitung gehört zum Menschsein, jenseits allen kleinlichen betriebswirtschaftlichen Kalküls. Tholey. "Mathematik ist langweilig? Zu schwierig?" Tholeyer Gemeindeverwaltung bemüht sich gleich zwei Mal, alle vom Gegenteil zu überzeugen. In der Zeit vom kommenden Montag, 15. September, bis zum 19. September ist die Ausstellung "Mathematik zum Anfassen" des Mathematikums in Gießen in der Erweiterten Realschule Schaumberg in Theley zu sehen. Von neun bis 14 Uhr können Schulklassen Mathematik mal anders kennen lernen - nicht durch Formeln, Symbole und Gleichungen. Zum Abschluss der Ausstellung findet am 19. September die zweite "Lange Nacht der Mathematik" in der Erweiterten Realschule Schaumberg in Theley statt. An diesem Tag wird es neun Stunden ununterbrochen Mathematik geben. Von 15 Uhr bis Mitternacht wartet ein interessantes Programm auf alle Interessierten von drei bis 99: Vorträge, Spiele, Experimente und Ausstellungen beleuchten das Thema auf ganz unterschiedliche Weise. Oberstes Gebot für alle Aktionen ist: das Thema verständlich und unterhaltsam zum Publikum zu bringen. Eröffnet wird die Veranstaltung um 16 Uhr von der saarländischen Kultusministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Veranstaltung wird wissenschaftlich begleitet von Professor Rainer Roos, Mathematiker aus Eppelborn, der gemeinsam mit der Tholeyer Gemeindeverwaltung die Reihe "Mathematik ganz anders" initiiert hat. Seit 2003 werden mathematische Themen im Rahmen von Vorträgen und Seminaren aufbereitet. redAnmeldungen: Schulklassen/ Gruppen: Telefon (06853) 50813. Programm der "Langen Nacht der Mathematik" gibt es im Rathaus, Telefon (06853) 5080.

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