Gott hört Jazz, spätestens jetzt

Lebach. Beim Betreten des Kirchenraumes wird an diesem Freitagabend deutlich, dass hier in der Lebacher Pfarrkirche ein besonderes Ereignis stattfinden wird. Die Apsis erstrahlt in leuchtend rotem Licht, und an den beiden Säulen, die den Altarraum rechts und links vom Kirchenschiff trennen, tasten sich tiefblaue Lichtstrahlen ins neugotische Deckengewölbe

 Barbara Dennerlein spielt in Lebach. Foto: Thomas Seeber

Barbara Dennerlein spielt in Lebach. Foto: Thomas Seeber

Lebach. Beim Betreten des Kirchenraumes wird an diesem Freitagabend deutlich, dass hier in der Lebacher Pfarrkirche ein besonderes Ereignis stattfinden wird. Die Apsis erstrahlt in leuchtend rotem Licht, und an den beiden Säulen, die den Altarraum rechts und links vom Kirchenschiff trennen, tasten sich tiefblaue Lichtstrahlen ins neugotische Deckengewölbe. Und in dem Übergangsraum zwischen Altarraum und Kirchenschiff steht auf einem Podest eine Orgel, bei deren bloßem Anblick Jazz-Liebhaber ins Schwärmen geraten. Eine Hammond B 3, ein Relikt aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, der Urtyp aller Hammond-Orgeln. 50 Jahre ist sie alt und gehört der zur Zeit wohl besten Jazz-Organistin Deutschlands, Barbara Dennerlein. Ihr Programm heute: "Hammond meets Churchorgan". Jazz auf einer Kirchenorgel, der Königin unter den Instrumenten, majestätisch, aber vielleicht etwas träge? Schon bei den ersten Tönen, die die Stille des Kirchenraumes durchbrechen, bei den ersten Bildern, die von der Empore auf die Leinwand im Altarraum übertragen werden, verflüchtigt sich die Skepsis ausgenblicklich. Es ist ein Sturm, den Barbara Dennerlein entfacht, ein Taifun aus Klängen und Harmonien, aus tanzenden Bässen und swingenden Rhythmen.Beherrschung Sie beherrscht die Orgel, aber sie unterdrückt sie nicht. Bereitwillig öffnen sich die Pfeifen des mächtigen Instrumentes den Klängen, die sie mit ihren Händen und Füßen zum Schwingen bringt. Nicht mehr schwerfällig erscheint plötzlich die Orgel, leichtfüßig gibt sie sich, tanzt in dem Rythmus, den Barabra Dennerlein ihr zeigt, hält über ihre Manuale Zwiesprache mit der Künstlerin. Und dann, nach einer Stunde atemlosen Zuhörens, verlässt Barbara Dennerlein die Empore und wechselt zu ihrer Hammond. Lächelnd erzählt sie, ein bisschen von sich, ein bisschen von ihrer Orgel. Die Zuhörer hängen an ihren Lippen. So furios, wie sie spielt, so packend erzählt sie auch. Was folgt, ist ein erneuter Sturm, ein Sturm, der die Mauern des Gotteshauses zum Swingen bringt.Eins mit dem Instrument Barbara Dennerlein wird eins mit ihrem Instrument. Versonnen lächelt sie in sich hinein, während sie spielt und die Menschen mit ihrem Spiel hypnotisiert. Der weiche, unverwechselbare Sound der Hammond streicht zwischen den Säulen der Kirche hindurch und die zierlichen Finger von Barbara Dennerlein verleihen ihm in ständig wechelnden Rhythmen und Klangfarben Flügel. Und dann, nach einer weiteren Stunde voll beseelter Musik, ist es vorbei und ich verlasse die Kirche. Ich atme tief durch und plötzlich weiß ich: Gott hört Jazz, spätestens jetzt.

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