Glamour wie von einem anderen Stern

Neunkirchen · Dort, wo früher der Hochofen beatmet wurde, erlebten die 600 Besucher der ersten Neunkircher Fashion-Show am Donnerstag ein Spektakel aus Mode, Sound-Design, Gesang und Videokunst.

 Aus Gummi, Plastikfolien, Rettungsdecken und Eisstilen hat Jochen Maas äußerst fantasievolle bizarre Kostüme entworfen. Foto: Seeber

Aus Gummi, Plastikfolien, Rettungsdecken und Eisstilen hat Jochen Maas äußerst fantasievolle bizarre Kostüme entworfen. Foto: Seeber

Foto: Seeber

Flüssiger Stahl strömt, sprüht und funkt auf einer riesigen Großleinwand am hinteren Ende der Neunkircher Gebläsehalle. Vorne hebt sich auf einem 25 Meter langen Laufsteg eine Erdhalbkugel und bringt Gestalten hervor. Sie tänzeln und schillern in metallischem Rot und Gelb. So bombastisch begann sie am Donnerstagabend die Design- und Fashion-Show "Steel-echt", mit der Neunkirchen beweisen will, dass es auch Glanz und Glamour kann - wie London, Paris, New York oder München.

Bei einer Jean-Paul-Gaultier-Schau in der Münchner Kunsthalle kam Neunkirchens Oberbürgermeister Jürgen Fried (SPD ) die Inspiration: Damit die alte Arbeiterstadt sich neu erfinden kann, braucht es Kultur und Kreative. Ein paar gibt es dank Musicalförderung schon vor Ort. Den Limbacher Designer und Event-Profi Jochen Maas betraute Fried mit der künstlerischen Gesamtleitung dieses Abends und Ellen Kärcher, inzwischen so etwas wie der Star der Neunkircher Musical-Szene, besorgte Regie, Moderation und Gesang .

Die Elemente, die sie in dieser Show miteinander verschmolzen, sind wirklich innovativ. Maas hatte aus banalen Baumarkt-Teilen, aus Gummi, Plastikfolien, Rettungsdecken oder auch Eisstilen äußerst fantasievolle bizarre Kostüme entworfen. In denen tanzten und formierten sich seine Models , als wären sie von einem anderen Stern. Im Wechsel dazu zeigten Mode- und Haar-Designer, die teils mit der Region verbunden sind, aber auch bundesweit oder international auf Catwalks präsent sind, ihre neuesten Kollektionen. Die von Uschi Perius aus Tholey-Hasborn kunstvoll arrangierten Haar-Türme etwa erinnerten an Moos oder Flechtengestecke. Ganz in Weiß, mit viel Tüll, manchmal mit zarter Stickerei oder pastellfarbenen Bustiers akzentuiert, zeigte die aus Neunkirchen stammende Londoner Brautmoden-Designerin Dajana Basic ihre Modelle für die moderne Braut. Mit ein wenig 50er-Jahre-Retro-Eleganz gefielen die mit recycelten und neuen Pelzen versehenen Kostüm-Kreationen der Koblenzer Kürschnerin Martina Stertz.

Am puristischsten war die Show von Laura Theiss. Ganz ohne Schnick-Schnack auch ihre in London Aufsehen erregenden filigranen Häkel-Kleid-Modelle. Für Theiss lief "Gucci-Gesicht" Nicole Atieno, auch das berühmteste Supermodel unter den über 35 Models des Abends.

Temporeich, nie langweilig und ohne jeden Patzer lief diese erste Design- und Fashion-Show, an der auch Fotografen und Musiker, wohl eine über 100-köpfige Truppe von Profis und Laien mitwirkten. Wenngleich etwas weniger Bombast und etwas mehr Coolness nicht verkehrt gewesen wäre. Die 600 Besucher in der ausverkauften Gebläsehalle wirkten begeistert.

Schon denkt man daran, die Show zu exportieren, nach Luxemburg und Rheinland-Pfalz. Unter der neuen Dachmarke "NK Kreativ" hat Fried weitere Pläne, um die Kreativen zur Imageförderung an Neunkirchen zu binden: Mit Co-Working-Spaces etwa und günstigen Räumen im ehemaligen stadteigenen Kutscherhaus. Doch mit Räumen wird es nicht getan sein; Kreative wollen auch ein angenehmes Umfeld, kulturaffine Mitbürger und Netzwerke und Cafés. Vor allem am Neunkircher Stadtbild bleibt noch viel zu verbessern.

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