Gillo muss um Schulbuch- Leihgebühr betteln

Ein Regionalverbandsdirektor in Not: Peter Gillo hätte wohl selbst nicht gedacht, dass die Schulbuchausleihe zu einem zentralen Thema zu Beginn seiner Amtszeit wird. Die Ausleihe hat dem SPD-Politiker auch 2010 viel Kopfzerbrechen bereitet

Ein Regionalverbandsdirektor in Not: Peter Gillo hätte wohl selbst nicht gedacht, dass die Schulbuchausleihe zu einem zentralen Thema zu Beginn seiner Amtszeit wird. Die Ausleihe hat dem SPD-Politiker auch 2010 viel Kopfzerbrechen bereitet. Seine Linie war klar: Wenn die Eltern die Gebühr nicht bezahlen - die lag je nach Bücherliste zwischen 65 und 125 Euro - oder Hartz-IV-Empfänger keinen Antrag auf Befreiung von der Leihgebühr stellen, bekommen die Kinder an den weiterführenden Schulen auch kein Buchpaket. Gleichbehandlung für alle stand für den früheren Sozialarbeiter im Vordergrund.

Das Ergebnis war aber alles andere als sozial: Denn viele Schüler saßen wochenlang ohne Bücher in den Klassen. Sie mussten mit Kopien vorlieb nehmen. Gillo wurde nun unfreiwillig zum Bettler bei den Eltern, die sich hartnäckig weigerten, die Ausleihgebühr zu zahlen oder es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht schafften, den Antrag auf Befreiung zu stellen. Denn der Regionalverband ist auf die Einnahmen dringend angewiesen, um die hohen Verwaltungskosten zu decken.

Seine Bitte wurde schließlich erhört: Nach und nach tröpfelten die Anträge und Gebühren ein, nachdem die Verwaltung bei allen Eltern nachgefasst hatte. Und endlich bekamen die Schüler ihre Bücher. Das ganze Elend zeigte aber: Es ist unwürdig, wenn Schüler ohne Bücher in der Klasse sitzen müssen. Zu Recht zeigt Gillo aufs Land. Die Regierung um Peter Müller hat sich das System ja ausgedacht, und der Regionalverband muss die Suppe auslöffeln. Also wurde Gillo nicht müde, die Lernmittelfreiheit zu fordern. Alle Schüler sollen kostenlos die Bücher bekommen, meint Gillo. Der Sozialdemokrat hat einfach keine Lust mehr, 2011 wieder zum Bittsteller zu werden. Den Gefallen tut ihm Bildungsminister Klaus Kessler aber nicht. Der Grüne hält an der Ausleihe fest. Der rot-grüne Streit muss aber gelöst werden. Die Politik darf nicht einfach zuschauen, wenn Kinder wochenlang keine Bücher haben.

Und noch ein Schulthema beschäftigte Gillo 2010: der Ausbau der echten Ganztagsschulen mit Unterricht bis in den Nachmittag. Den Ausbau hatte der Sozialdemokrat ja im Wahlkampf versprochen. Die Gesamtschule Bellevue hat sich 2010 dazu entschlossen. In jedem Jahr soll eine weitere echte Ganztagsschule dazukommen. Hier bleibt für Gillo also noch viel zu tun.

Einen Erfolg verbuchte der Verwaltungschef bei der Hartz-IV-Betreuung. Sehr früh legte er sich fest. Der Regionalverband solle allein die Langzeitarbeitslosen betreuen und die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit in der Arge Saarbrücken beenden. Denn nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist diese "Mischverwaltung" unzulässig. Die Fraktionen zog er auf seine Seite. Sie sind überzeugt, dass der Regionalverband näher dran ist an den Problemen der rund 39 000 Hartz-IV-Empfänger und sie besser vermitteln kann. Außerdem haben sie die Schnauze voll von den Anweisungen aus der Nürnberger Zentrale der Bundesagentur für Arbeit. Doch Peter Gillo ist noch nicht am Ziel. Im Frühjahr muss die Landesregierung entscheiden, ob der Regionalverband 2012 den Zuschlag für das "Optionsmodell" erhält. Wenn es dazu kommen sollte, muss die Verwaltung erstmal beweisen, dass sie wirklich mehr Arbeitslose wieder in Lohn und Brot bringen kann als bisher die Arge.

Chronik

März: Der Regionalverband verabschiedet den Haushalt, der die zehn Städte und Gemeinden kräftig belastet. 34 Millionen Euro mehr und insgesamt 211 Millionen Euro müssen sie an den Regionalverband überweisen. Verantwortlich sind dafür die ständig steigenden Sozialkosten. In einer Resolution fordern die Fraktionen in der Regionalversammlung mehr Geld von Land und Bund.

April: Der Regionalverband und die Waldorfschule Altenkessel einigen sich im Streit um das Konjunkturpaket auf einen Vergleich. Die Schule erhält 120 000 Euro. Der Regionalverband wollte ihr nur 35 000 Euro zugestehen. Daraufhin zog der Waldorfschulverein zweimal vor Gericht und siegte. Er setzte durch, dass nicht nur staatliche Schulen einen Anspruch auf Geld aus dem Konjunkturpaket des Bundes haben.

Juli: Völklingens Oberbürgermeister Klaus Lorig kritisiert den neu geschaffenen Kooperationsrat beim Regionalverband. Der sei zu groß, weil neben den Verwaltungschefs auch noch Vertreter aus den Städte- und Gemeindeparlamenten mit am Tisch sitzen. Damit die Bürgermeister mehr Mitspracherechte bekommen, fordert Lorig ein Stimmrecht in der Regionalversammlung. Oberbürgermeisterin Charlotte Britz kritisiert, in Finanzfragen hätten die Kommunen keine Mitwirkungsrechte.

September: In Kleinblittersdorf formiert sich Widerstand gegen die Spielhallen. Die Bürger machen auch Sicherheit und Sauberkeit zum Thema, weil sie um die Lebensqualität im Ort fürchten. Bürgermeister Stephan Strichertz verweist auf Veränderungssperren, um weitere Hallen zu verhindern. "Gegen die, die schon da sind, können wir rechtlich so gut wie nichts mehr machen. Hier ist der Landesgesetzgeber gefordert."

November: Die CDU-Fraktion stellt den Antrag, Hartz-IV-Empfänger loszuschicken, um die hohe Zahl der Schulschwänzer zu verringern. Die Arbeitslosen sollen zum Beispiel zu den Kindern nach Hause gehen, aber nicht die Arbeit der Polizei machen. Dafür will die CDU Geld aus einem Fördertopf des Bundes beantragen. 2011 sollen Politik und Vertreter der Wohlfahrtsverbände ein Konzept erarbeiten. Letztere machten aus ihrer Skepsis keinen Hehl.

Dezember: Die Regionalversammlung stimmt dem Sozialpass für Menschen mit geringem Einkommen zu. Der gilt aber zunächst nur fürs Historische Museum und Kurse der Volkshochschule. Doch dafür gab's bisher auch schon einen Rabatt. Was die Linke im Regionalverband als Erfolg feierte, ist für die Stadtratsfraktion keiner: Sie will weitere Vergünstigungen in Bussen, der Saarbahn und Schwimmbädern durchsetzen.

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