Gestank wird jetzt Rats-Thema

Carling/Warndt · Neue Beschwerden: Im Warndt habe es auch über Weihnachten und Neujahr oft unangenehme Gerüche gegeben, klagen Anwohner. Sie vermuten, dass der Gestank von der Chemieplattform in Carling verursacht wird.

 Eingehüllt in Dampf und Rauch: So bot sich die Chemieplattform im französischen Carling am Samstagabend dem SZ-Fotografen dar. Links im Hintergrund ist gerade die kleinere Fackel an der Polethylen-Anlage in Betrieb. Da sie in einer Brennerhülle arbeitet, sieht man keine Flamme, nur den Qualm. In der Mitte ist – mit schwacher Flamme – die Hochfackel am Steamcracker zu erkennen. Foto: Becker & Bredel

Eingehüllt in Dampf und Rauch: So bot sich die Chemieplattform im französischen Carling am Samstagabend dem SZ-Fotografen dar. Links im Hintergrund ist gerade die kleinere Fackel an der Polethylen-Anlage in Betrieb. Da sie in einer Brennerhülle arbeitet, sieht man keine Flamme, nur den Qualm. In der Mitte ist – mit schwacher Flamme – die Hochfackel am Steamcracker zu erkennen. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Am Sonntag hat es gebrannt auf der grenznahen lothringischen Chemieplattform Carling (die SZ berichtete): Die Betreiberfirma Total meldete ein Feuer in der Polyethylen-Anlage, verursacht durch überhitzte Fettspuren. Sie hat zugleich Entwarnung gegeben: keine Gefahr für die Bevölkerung.

Nachbarn der Chemieplattform auf der deutschen Seite der Grenze zweifeln an solchen Aussagen. Sie fürchten, dass der Westwind aus dem Chemiekomplex Ungesundes über die Grenze hinweg zu ihnen wehe. Überdies machen sie die Chemieplattform verantwortlich für Gestank, von dem sie sich seit Monaten belästigt fühlen (wir haben berichtet).

Heike Schreiner aus Dorf im Warndt gehört zu den Zweiflern. Sie hat akribisch Protokoll geführt: An welchen Tagen im Dezember, zu welcher Uhrzeit hat es Belästigungen durch unangenehme Gerüche gegeben? Was für Gerüche waren es - stechend-beißend, süßlich-"chemisch", rauchig oder sonstwas? Ließ sich zugleich Fackelbetrieb erkennen auf der Chemieplattform, gab es Umwelt-Warnungen im französischen Luftschadstoff-Messnetz Atmolor? Und vor allem, Schreiner arbeitet schließlich als Heilpraktikerin: Hatten die Gerüche Folgen fürs Wohlbefinden - Kopfschmerzen, Übelkeit, Schleimhautreizungen? Ihre Notizen, meint Schreiner, seien Beleg dafür, dass Schädliches von Carling ausgehe.

So weit gehen andere Anwohner mit ihren Vermutungen nicht. Doch über Geruchsbelästigungen haben auch Karlsbrunner und Lauterbacher der SZ berichtet: Ja, in den letzten Wochen habe es öfter mal gestunken, deutlich, aber rasch wieder verweht.

Auf Drängen des Großrosseler Bürgermeisters Jörg Dreistadt (SPD) hatte das Umweltministerium zusätzliche Schadstoffmessungen veranlasst (siehe Artikel unten). Die Gemeinde selbst, sagte Dreistadt auf SZ-Nachfrage, sei wegen eigener Messungen und Bewertungen im Gespräch mit der Firma Fresenius und Wissenschaftlern des Homburger Uni-Klinikums. Außerdem laden Dreistadt und der Völklinger Oberbürgermeister Klaus Lorig (CDU) zu einer gemeinsamen - öffentlichen - Sondersitzung des Völklinger Stadtrats und des Großrosseler Gemeinderats über Gerüche und Chemie in die Rosseltalhalle ein, und zwar am Donnerstag, 30. Januar, 18 Uhr. Eingeladen seien auch Vertreter des Umweltministeriums und die Bürgermeister der französischen Nachbarkommunen. Die ersten Proben aus den neu eingerichteten Messstellen in Dorf im Warndt und Karlsbrunn seien bereits im Labor, sagt André Johann, im Umweltministerium unter anderem für Immissionsschutz zuständig, auf SZ-Nachfrage. Ergebnisse gebe es noch nicht. Die beauftragten Spezialisten müssten zunächst prüfen, ob für die Analyse genug Staubniederschlag zusammengekommen sei. Oft reiche die in einem Monat gesammelte Menge dafür nicht, dann müsse man erstmal noch weiter sammeln.

Auch der Anstoß des Ministeriums, eine Melde-Webseite der lothringischen Umweltbehörde zu öffnen für Geruchs-Meldungen aus Deutschland, habe noch kein Ergebnis gezeitigt. Doch das sei in Arbeit; noch vor Weihnachten habe man den Franzosen eine deutsche Übersetzung für den Melde-Text geschickt. Schwierig bei den Gerüchen: Wegen ihrer kurzen Dauer habe noch kein Vertreter des Ministeriums sie wahrnehmen, geschweige denn identifizieren können.

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