Geschichte verstaubt im Keller am Schloss

Regionalverband. Hier unten ist die Geschichte der Region mit Händen zu greifen. In den Regalen des historischen Archivs des Regionalverbandes am Saarbrücker Schlossplatz stapeln sich im Keller wahre Schätze der Geschichte. Da wären zunächst die Amtsblätter ab 1816 in altdeutscher Schrift

 Regionalverbandsdirektor Ulf Huppert stöbert in alten Akten im Archiv des Regionalverbandes. Jahrelang hat sich niemand um die Dokumente gekümmert. Foto: Iris Maurer

Regionalverbandsdirektor Ulf Huppert stöbert in alten Akten im Archiv des Regionalverbandes. Jahrelang hat sich niemand um die Dokumente gekümmert. Foto: Iris Maurer

Regionalverband. Hier unten ist die Geschichte der Region mit Händen zu greifen. In den Regalen des historischen Archivs des Regionalverbandes am Saarbrücker Schlossplatz stapeln sich im Keller wahre Schätze der Geschichte. Da wären zunächst die Amtsblätter ab 1816 in altdeutscher Schrift. Einige Meter weiter stößt man auf Sitzungsprotokolle der Kommunen, die noch nach der so genannten "preußischen Fadenheftung" bis 1930 abgelegt wurden. In einem anderen Regal liegen die Bände der Zeitung "Völklinger Volksfreund", die am 12. November 1918 über "die Einstellung der Feindseligkeiten", also das Ende des Ersten Weltkriegs, berichtete.

Trotz ihres Wertes sind die historischen Dokumente in Vergessenheit geraten. Vor zehn Jahren sei der Archivar in Rente gegangen, sagte Stefan Kiefer, der Pressesprecher des Regionalverbandes, der auch für das Archiv zuständig ist. Seitdem ist hier unten nicht mehr viel passiert, die Dokumente verstauben.

Das soll sich ändern. Am 22. April 1816 wurde der Landkreis Saarbrücken als erster im damaligen Regierungsbezirk Trier gegründet. 2016 ist also der 200. Geburtstag. Kiefers Idee: Aus diesem Anlass soll ein Buch erscheinen. Das unterstützt auch Regionalverbandsdirektor Ulf Huppert. Doch dafür müsste im Archiv aufgeräumt und entschieden werden, was wirklich aufgehoben werden muss und was nicht. Und das kostet Geld. Die Personalkosten für einen Archivar, der das ganze Material sichten muss, und die Sachkosten beziffert Kiefer auf 110000 Euro pro Jahr. Dieser Betrag sei im Haushalt 2009 auch angemeldet. In der vergangenen Sitzung des Regionalverbandsausschusses war bereits ein Zukunfts-Konzept für das Archiv angemahnt worden.

Die Aufarbeitung der Geschichtsakten ist auch aus einem anderen Grund wichtig: In der Registratur lagern weitere Akten, unter anderem über die Sanierung des Saarbrücker Schlosses in den 80er-Jahren - ein weiteres wichtiges Kapitel der Regionalgeschichte. Auch diese Akten wandern irgendwann ins Archiv. Deshalb muss in den Kellerräumen Platz geschaffen und unter anderem einige Dokumente im neuen Gesundheitsamt in der Stengelstraße gelagert werden. Und bevor ein neuer Archivar an die Arbeit gehen kann, müssten die Kellerräume saniert und eine Lüftung eingebaut werden. Über das Archiv-Konzept entscheiden die Fraktionen in den Haushaltsberatungen.

Nur aus einer Epoche ist im Archiv am Schlossplatz ganz wenig zu finden: dem Nationalsozialismus. "Aus der Zeit von 1933 bis 1945 ist viel bereinigt worden", erklärt Kiefer. Das heißt: Die Nazis haben vor Kriegsende viele Dokumente vernichtet. Zumindest findet sich in dem Keller mit den tiefen Decken ein Brief der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Die hatte auch eine Folterzelle im Schloss.

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