Gerichtsprozess um Landschildkröten

Saarbrücken/Schwelm. Wie lange eine Landschildkröte für den Weg von Saarbrücken nach Schwelm - die Kreisstadt des Enneppe-Ruhr-Kreises - brauchen würde, hat wohl noch niemand ausprobiert. Der Direktor des Saarbrücker Zoos, Richard Francke, brauchte mit dem Auto jedenfalls ein paar Stunden, um im westfälischen Schwelm anzukommen

 Zoodirektor Richard Francke mit einer Europäischen Landschildkröte. SZ-Archiv-Foto: Becker&Bredel

Zoodirektor Richard Francke mit einer Europäischen Landschildkröte. SZ-Archiv-Foto: Becker&Bredel

Saarbrücken/Schwelm. Wie lange eine Landschildkröte für den Weg von Saarbrücken nach Schwelm - die Kreisstadt des Enneppe-Ruhr-Kreises - brauchen würde, hat wohl noch niemand ausprobiert. Der Direktor des Saarbrücker Zoos, Richard Francke, brauchte mit dem Auto jedenfalls ein paar Stunden, um im westfälischen Schwelm anzukommen.Ein Strafrichter des dortigen Amtsgerichts hatte den bekannten Veterinär kurzfristig als sachverständigen Zeugen für ein "exotisches" Strafverfahren gegen einen 50-jährigen Schildkröten-Verkäufer aus Enneppetal geladen. Weil der Enneppetaler einer 23-jährigen Studentin aus dem saarländischen Limbach statt einer "griechischen Frau" einen "maurischen Mann" verkauft hatte, musste sich der Schildkröten-Verkäufer nun wegen Betruges verantworten.

Per Internet hatte sich die Limbacherin bei dem Enneppetaler, der mehrere Landschildkröten im Alter zwischen elf und 20 Jahren zum Verkauf inseriert hatte, eines der Tiere ausgesucht. Sie reiste nach Ennepetal und holte sich dort die Schildkröte ab, für die sie 300 Euro bezahlte.

Der Verkäufer habe ihr versichert, es handele sich um ein "griechisches Weibchen", welches bereits ein Gelege hatte. Auch der "Schildkröten-Pass", das Cities-Zertifikat, bestätigte dies.

Doch "Schildi" und Pass passten nicht zusammen. Das bestätigte Richard Francke im Zeugenstand. Eindeutig handele es sich um eine männliche Testudo Graeca (den Mauren) - und nicht um eine weiblichen Testudo Hermanni (die Griechin), wie sie die Studentin hatte kaufen wollen.

Die Studentin hatte Zoodirektor Francke kurz nach dem Kauf des Reptils zu Rate gezogen und wurde von ihm über den Irrtum aufgeklärt. Er riet auch zur Anzeige, da die Schildkröte ohne den wertvollen Artenschutz-Pass, rein finanziell gesehen, nichts wert sei.

Der 16-fach vorbestrafte Enneppetaler Verkäufer wurde daraufhin wegen Betruges zu einem halben Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Auch einen Zivilprozess auf die Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich Auslagen hat die Limbacherin bereits gewonnen. Allerdings wartet sie noch auf ihr Geld.

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