Geplantes G7: Es hagelt Kritik LEV gegen fünftes Grundschuljahr

Merzig. "Eltern der Gymnasiasten an Merziger Schulen sind in Sorge, wenn sie beobachten, was im Saarland bildungspolitisch passiert", sagt Gabi Heimes, Schulelternsprecherin des Gymnasiums am Stefansberg. Die neue Landesregierung zeigt sich fest entschlossen, die fünfte Klasse aus dem Bildungszyklus der Gymnasien herauszunehmen

Merzig. "Eltern der Gymnasiasten an Merziger Schulen sind in Sorge, wenn sie beobachten, was im Saarland bildungspolitisch passiert", sagt Gabi Heimes, Schulelternsprecherin des Gymnasiums am Stefansberg. Die neue Landesregierung zeigt sich fest entschlossen, die fünfte Klasse aus dem Bildungszyklus der Gymnasien herauszunehmen. So steht es im Koalitionsvertrag der Landesverbände der CDU, FDP und der Grünen (siehe unten). Dagegen laufen Eltern und Lehrer in Merzig Sturm: Die Elternschaft habe gemeinsam mit den Schulen innerhalb einer kurzen Zeitspanne wesentliche Modifizierungen im Schulsystem, etwa die Reform zum G8 und die Veränderung in der Oberstufe mitgetragen. Jetzt allerdings sei die Landesregierung dabei, eine bildungspolitische Baustelle zu eröffnen, für die bis heute noch kein Mensch ein schlüssiges Konzept vorweisen könne. Die Herauslösung der fünften Klasse aus dem gymnasialen Schulbetrieb wäre das Aus für diese klassische Schulform. Darüber sind sich Albert Ehl, Schulleiter des Gymnasiums am Stefansberg, und Judith Kost, Vertreterin des Schulelternsprechers des Peter-Wust-Gymnasiums, einig. "Das Saarland würde sich damit selbst ausgrenzen, weil die Kompatibilität zu Oberschulen anderer Bundesländer nicht mehr gegeben ist", warnt Ehl. So sei es saarländischen Eltern kaum noch zuzumuten, etwa aus beruflichen Gründen in ein benachbartes Bundesland umzusiedeln, wenn ihre Kinder dabei bildungspolitisch auf ein völlig anderes Gleis müssten. Ebenso verhalte es sich im umgekehrten Fall. Wer wolle schon mit seinen Kindern ins Saarland umsiedeln, "wenn dort der gerade eingeschlagene schulische Weg im Chaos endet"? Für Wolfgang Conrad, zweiter Vorsitzender der Landeselternvertretung der Gymnasien, stellen sich weitere Fragen: "Wie werden die Kinder der künftigen fünften Klassen an die weiterführenden Schulen herangeführt? Wer qualifiziert die Grundschullehrer in der verbleibenden Zeit bis zum geplanten Übergang? Wie wäre der Stau, der zwangsläufig bei einer Umstellung zum G7 entstünde, zu lösen?" Antworten darauf gebe es laut LEV bis heute nicht. Uwe Arendt, Elternsprecher und ebenfalls Mitglied der LEV der Gymnasien, wundert sich: "Diese geplante Schulreform, im saarländischen Alleingang, hatten eigentlich die Rot-Rot-Grün-Anwärter vor der Wahl auf ihrer Agenda." Jetzt aber habe der grüne Bildungsminister der Jamaika-Koalition "das Ei ins Nest gelegt", und diese übernehme, "wenn auch widerwillig", das Ausbrüten. "Es fällt auf, dass man bestrebt ist, das Thema bis zum geeigneten Zeitpunkt unter der Decke zu halten", sagt der Elternsprecher. Maike Eider und Sabine Raber sind betroffene Eltern und haben Angst, dass ihre Kinder in den Mühlen der Bildungspolitik zerrieben würden. "Was ist mit G7 noch zu bewältigen?", fragen die Mütter. Schulleiter Ehl ist sicher, dass die geplante Reform alleine zu Lasten der Kinder geht: "Der Wechsel zur fünften Klasse ist heute ohnehin für die Grundschulabgänger ein Quantensprung." Eine weitere Verschärfung zwischen Lehrstoff Grundschule und Anforderung Oberschule sei nicht mehr zu vertreten.Aber auch die Lehrer sehen sich an ihren Grenzen angelangt. "Wir müssten eine Lehrerfeuerwehr einrichten und damit überwiegend Dringlichkeitsfahrten organisieren, damit das Personal immer rechtzeitig am richtigen Unterrichtsort ist". Insgesamt stehe man vor einer ernst zu nehmenden Gefahr. Investitionen und Reform-Anstrengungen seien viel dringender bei der Lehrplanumgestaltung und der Reduzierung der Klassen angebracht.Merzig-Wadern/Saarbrücken. Der Koalitionsvertrag der jetzigen Landesregierung sagt im Rahmen der Schulentwicklungsplanung aus: "Die Grundschulzeit wird um ein weiteres Jahr verlängert". Künftig solle in der Jahrgangsstufe 5, aber auch in der Jahrgangsstufe 4 der Unterricht sowohl von Grundschulkräften als auch von Lehrkräften aus weiterführenden Schulen durchgeführt werden. Die Klassenstufen 4 und 5 werden als pädagogische Einheit gesehen. Soweit möglich, muss der Unterricht der 5. Klasse am Grundschulort erfolgen. Die Anwendung dieses Systems gilt erstmalig für die 4. Grundschulklasse zum Schuljahr 2011/2012. Das grundständische Gymnasium genießt Bestandsschutz. Eine gleichwertige Alternative mit der Bezeichnung "Gemeinschaftsschule" soll geschaffen werden und alle Abschlüsse bis zum Abitur anbieten. Dieses Zwei-Säulen-Modell stellt dem Gymnasium mit sieben Unterrichtsjahren eine neue Schulform zur Seite, die den Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife nach 13 Schuljahren ermöglicht. Lehrpläne und Stundentafeln sind für das verkürzte Gymnasium zu überarbeiten und neu zu gestalten. Zu dieser schulrechtlichen Veränderung streben die Koalitionspartner eine Verfassungsänderung an. Gegen die Einführung eines 5. Grundschuljahres und die Verkürzung der Gymnasialzeit hat sich Anfang des Monats klar die LEV der Gymnasien des Saarlandes ausgesprochen. "Was die Schülerinnen und Schüler dringend brauchen, sind Investitionen in die Verbesserung bestehender Gymnasien und nicht noch eine Reform". Problematisch sieht der LEV die Verlängerung der Grundschulzeit, da jetzt schon das erreichte Niveau der Schülerinnen und Schüler beim Wechsel in die Klassenstufe 5 bei gleichen Noten von Grundschule zu Grundschule stark differierten. Dieser Effekt würde durch ein weiteres Grundschuljahr noch verstärkt. Die Vertreter der Gymnasien bestätigen: "Schüler haben zwei Jahre Bildungsvorsprung, wenn sie ab der 4. Klasse sofort zum Gymnasium wechseln." owaMeinung

Nicht auf Kosten der Bildung

Von SZ-Redakteur Edmund Selzer Das gute alte Gymnasium bröckelt. Waren früher neun Jahre erforderlich, um eine fundierte Allgemeinbildung zu vermitteln, sind es heute acht. Und jetzt soll am Gymnasium die Hochschlureife nach bereits sieben Jahren erreicht werden. Wenn die geplante Reform auf Kosten der Schüler und einer umfassenden Bildung geht, ist sie keine gute Idee. Gymnasiale Bildung soll nicht nur schnell und marktorientiert erfolgen, sie soll auch reif für das Leben allgemein machen. Hintergrund

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