Gelungene Integration in Homburg

Homburg. Istanbul, Döner, herrliche Landschaften, Sonne, Strand und Meer - das sind unsere ersten Gedanken, wenn wir "Türkei" hören. Seit Jahrzehnten gibt es Diskussionen um Ausländerfeindlichkeit, Integrationsprobleme unserer türkischen Mitbürger und Kopftuchverbote

Homburg. Istanbul, Döner, herrliche Landschaften, Sonne, Strand und Meer - das sind unsere ersten Gedanken, wenn wir "Türkei" hören. Seit Jahrzehnten gibt es Diskussionen um Ausländerfeindlichkeit, Integrationsprobleme unserer türkischen Mitbürger und Kopftuchverbote. Wir wollen heute über drei 17-jährige Schülerinnen des Saarpfalz-Gymnasiums berichten, die es geschafft haben, sich erfolgreich in Deutschland einzuleben. Ebru Tan, Cennet Ulucay und Selda Bozdemir sitzen im Geschichtsgrundkurs zwölf nebeneinander und werden im Frühjahr 2011 ihr Abitur machen. Der Weg dahin war nicht immer leicht. Ebru wurde in Zweibrücken geboren, lebt aber mit ihrer Familie in Homburg und erzählt: "Ich habe den Nachnamen Tan. Nach meiner Geburt fragten Ärzte und Krankenschwestern meine Eltern, ob wir eine chinesische Herkunft haben, da ich als Neugeborenes Schlitzaugen hatte und sie bei unserem Nachnamen einen chinesischen Klang vermuteten. Darüber lachen wir oft, weil wir Türken sind und eigentlich keine Ähnlichkeit mit Chinesen haben." Ihr Vater ist Planer bei Bosch und ihre Mutter arbeitet als Hausfrau. Ihr jüngerer Bruder geht noch zur Schule. In ihrer Freizeit treibt sie gerne Sport: schwimmen, joggen oder tanzen. Aufgrund von Umzugsproblemen konnte Ebru nur ein Jahr lang den Kindergarten besuchen. Deshalb war das erste Grundschuljahr für sie nicht leicht. Am Gymnasium kommt sie gut zurecht. Ihr Berufswunsch ist Lehrerin für Französisch und Spanisch. Zu Hause spricht Ebru mit ihrem Vater und ihrem Bruder deutsch und mit ihrer Mutter türkisch. Die Familie steht ihr bei allen Entscheidungen zur Seite und unterstützt sie tatkräftig. Die gesamte Familie Tan legt großen Wert auf ihre Tradition. Die Abiturientin und ihre Mutter tragen zwar kein Kopftuch, haben aber trotzdem einen festen islamischen Glauben. "Die Türkei ist für mich mein Vaterland, ich bedaure jedoch, dass wir unsere Verwandten nur in den Sommerferien sehen", sagt Ebru. Sie ist in zwei Kulturen aufgewachsen und hat damit keine Probleme. Ihre Schulfreundin heißt Cennet, das heißt übersetzt Paradies. Sie unternimmt gern etwas mit ihren Freunden und mit ihrer Familie, die auf ihre türkischen Wurzeln stolz ist. Ihre Mutter besitzt eine Änderungsschneiderei, trägt Kopftuch, und ihr Vater ist Lkw-Fahrer. Bereits im Alter von fünfeinhalb Jahren ging sie zur Grundschule und hatte dank ihrer Eltern keine Probleme mit der deutschen Sprache. Ihre Zeit auf dem Gymnasium war nicht immer leicht, da sie mit dem G8-System zurechtkommen musste. "Durch Unterstützung meiner Eltern, insbesondere meiner Mutter, habe ich es bis ins letzte Schuljahr geschafft und musste nie eine Klasse wiederholen", betont Cennet stolz. Ihre Lieblingsfächer sind Kunst, Geschichte und Französisch. Beruflich möchte sie gern im sozialen Bereich arbeiten oder als Lehrerin. Das Abitur ist ihr sehr wichtig, sie möchte einen guten Bildungsabschluss erreichen. "Ich finde, man sollte die pauschalen Vorurteile, etwa muslimische Frauen seien dumm, beseitigen und sich selbst ein Bild von ihnen machen", so die 17-Jährige. Die Dritte im Bunde ist Selda Bozdemir. Sie hat viele Hobbys, unternimmt gerne Reisen, zeichnet leidenschaftlich, liest Bücher und trifft sich oft mit ihren Freunden. "Ich kann sagen, dass ich sowohl gute deutsche Freunde habe als auch türkische", meint sie. Später möchte Selda Kommunikations- oder Mediendesign studieren und danach in der Werbebranche arbeiten. Mit ihren Eltern, die in der Türkei geboren sind, und mit ihrem Bruder, der ebenfalls das Saarpfalz-Gymnasium besucht, lebt sie in Waldmohr. Seldas Opa väterlicherseits kam als Erster der Familie nach Deutschland. Eigentlich wollte er nach Hamburg, allerdings wurde er zu dem falschen Zug gebracht und so kam es, dass er in Homburg statt in Hamburg gelandet ist. "Ich denke, Türken können sich grundsätzlich gut integrieren, es gibt aber auch welche, die sich abkapseln und nur der türkischen Kultur widmen", beklagt die künftige Abiturientin. Zuhause redet sie mit ihrer Familie deutsch und türkisch gemischt. Unsere drei Türkinnen sind gut integriert und erfolgreich. Mitschüler und Lehrer mögen sie. Hier ist es gelungen, den Ratschlag des Auschwitzüberlebenden Alex Deutsch umzusetzen: "Lernt, miteinander zu leben und nicht gegeneinander." Lilly Preuße und Thi Quynh-Anh Nguyen, Klasse 7b, Saarpfalz-Gymnasium

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