Geheimnis um eine alte Geige

Saarbrücken. "Mit deinem Instrument lebst du, das ist dein linker Arm oder ein Teil von dir. Ich kann mir ein Leben ohne diese Geige nicht vorstellen", sagt Lena Neudauer. Lorenzo Guadagnini hat diese Geige vor 268 Jahren gebaut

 Lena Neudauer und ihre besondere Geige. Foto: Marco Borggreve

Lena Neudauer und ihre besondere Geige. Foto: Marco Borggreve

Saarbrücken. "Mit deinem Instrument lebst du, das ist dein linker Arm oder ein Teil von dir. Ich kann mir ein Leben ohne diese Geige nicht vorstellen", sagt Lena Neudauer. Lorenzo Guadagnini hat diese Geige vor 268 Jahren gebaut. Aber wie kam dieses Instrument zur Saarbrücker Geigenprofessorin Lena Neudauer? Mit elf Jahren konzertierte sie bereits mit den Münchner Philharmonikern in Japan. Damit war ihr das Etikett Wunderkind sicher. Mit 16 Jahren gewann Lena Neudauer den Leopold-Mozart-Wettbewerb in vier Kategorien. Damit erwarb sie internationale Aufmerksamkeit. Der Auftakt für Konzertreisen und eine Karriere als Solistin war gesetzt, ein besseres Instrument musste gefunden werden.Die 27 Jahre junge Geigenprofessorin der Musikhochschule Saar lacht auf die Frage, auf welchem Wege sie zu ihrem Instrument gekommen sei: "Das waren tausend Zufälle." Lena Neudauer studierte zu jenem Zeitpunkt in Salzburg. Ihr Lehrer Professor Helmuth Zehetmair hatte einen Assistenten, der wiederum hatte Beziehungen zur Witwe eines Geigenhändlers aus Stuttgart und wusste, dass sie eine besondere Geige in einem Tresor verwahren ließ. Die Geigenbauerwitwe wollte das Instrument nicht verkaufen, sondern nur zum Spielen zur Verfügung stellen.

Bei einem Geigenbauer in Mainz kommt es zum "ersten Kontakt" zwischen diesem Instrument und der Musikerin. Lena Neudauer erinnert sich sehr genau, was sie in diesem Moment dachte: "Wie sieht die denn aus, die ist so groß und hat 'ne ganz eigenartige Form. Ich war erst mal ein bisschen erschrocken. Und dann hab ich sie von hinten gesehen, diese unglaublich schöne Maserung, wie Wüstenrelief oder so. Ganz, ganz schön. Sehr einzigartig."

Die hochbegabte Geigenstudentin durfte das Instrument anderthalb Jahre als Leihgabe spielen, bis dann doch der Ankauf gelang. "Das war natürlich schon ein Erlebnis, als ich die Geige dann gekriegt hab."

Ist ihr "Lebensbegleiter" einmal in Reparatur, denkt die Geigerin: "Nee!". Dennoch: "Ich finde, man muss auf jeder Geige spielen können, und das trau ich mir auch zu. Man muss mit jedem Instrument einen schönen Klang erzeugen können, und das geht auch. Aber: Dieses gewisse Etwas, dieses unbeschreiblich himmlisch Schöne, das hat diese Geige. Das ist wirklich eine Seele. Dieses alte Instrument, da haben wirklich schon so verschiedene Leute drauf gespielt, die hat so viel durchgemacht, die hat so viel überlebt, ist nicht kaputtgegangen." Sie lacht. Eine glückliche Musikerin: "Wie ich gesegnet bin mit diesem Instrument. Ich muss nichts machen, und es klingt einfach gut."

Und wie gut das klingt hat auch die Jury des International Classical Music Awards vernommen. Die Deutsche Radio Philharmonie und Lena Neudauer wurden für die CD-Einspielung "Robert Schumann - Gesamtwerke für Violine und Orchester" ausgezeichnet.

Auch die alte Guadagnini-Geige hat den Preis "mitverdient". Oder doch nicht? Kürzlich erhielt die Musikerin eine überraschende Nachricht. In Wien habe sich bei einem Geigenbauer herausgestellt, dass die Geige vielleicht nicht von Lorenzo Guadagnini sei, ja jüngste Forschungen meinen herausgefunden zu haben, dass er unter Umständen nie Geigen gebaut hat. Lena Neudauer nimmt's gelassen: "Ich weiß nun eigentlich nicht mehr so genau, woran ich wirklich mit meiner Geige bin, aber ich werde sie weiterhin so schätzen und lieben wie bislang". Und sicher weiterhin das geheimnisvolle Instrument so wunderbar spielen.

Wer Lena Neudauer und ihre Geige mal live hören will: Am Montag, 6. Februar, um 19 Uhr spielt sie das Violinkonzert e-moll op. 64 von Mendelssohn in der Hochschule für Musik Saar in Saarbrücken.

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