Gehbehinderte auf dem Abstellgleis

Altenwald/Sulzbach. Im Rahmen einer ausgedehnten Serie über die Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen untersuchte die Saarbrücker Zeitung im Jahr 2007 auch die Bahnhöfe und Haltepunkte im Sulzbachtal. Ergebnis: Der Sulzbacher Bahnhof schnitt katastrophal ab, der Haltepunkt in Altenwald konnte zumindest auf einer Seite hindernisfrei erreicht werden

Altenwald/Sulzbach. Im Rahmen einer ausgedehnten Serie über die Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen untersuchte die Saarbrücker Zeitung im Jahr 2007 auch die Bahnhöfe und Haltepunkte im Sulzbachtal. Ergebnis: Der Sulzbacher Bahnhof schnitt katastrophal ab, der Haltepunkt in Altenwald konnte zumindest auf einer Seite hindernisfrei erreicht werden. Seither hat sich am Zustand beider Verkehrspunkte kaum etwas geändert.Nach vier Jahren, und zwar am Mittwoch dieser Woche, beschäftigte sich endlich auch der Bauausschuss der Stadt Sulzbach mit dem Thema. Genau gesagt mit dem Bau einer Rampe zum Bahnsteig in Altenwald.

"Es ist ein Mitbringsel meiner Sommer-Rundreise", erklärte Bürgermeister Michael Adam, "der Wunsch nach einem barrierefreien Zugang wurde beim Besuch in Altenwald an mich herangetragen." Das Bauamt wühlte sofort in den Archiven, denn schon unter der früheren Amtsleiterin Euthymia Graßmann-Gratsia waren Pläne für einen derartigen Zugang erstellt worden. Die Kosten für eine Stahlrampe aus östlicher Richtung (Unterführung nach Hühnerfeld) wurden damals mit rund 100 000 Euro beziffert, eine Rampe in klassischer Tiefbauweise aus Westen (Richtung Ortsmitte Altenwald) käme drei Mal so teuer.

"Natürlich würden wir einen barrierefreien Zugang begrüßen", sagte Peter Weber (CDU), "ich sehe aber bei diesen Kosten keine Möglichkeit der Realisierung." Weber formulierte damit die Meinung aller Fraktionen, zumal allein die Barrierefreiheit auch mit einer neuen Rampe auf dem Bahnsteig enden würde. Dieser ist deutlich zu niedrig, als dass Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen auf gleicher Höhe mit den Zügen einfach in die Waggons kommen könnten. "Wir haben bereits mit der Bahn Gespräche geführt. Da ging es um den Sulzbacher Bahnhof", erklärte Bürgermeister Adam auf Nachfrage der SPD-Fraktion, "allein dafür haben wir wenig Anklang gefunden. Die Bahn zieht sich auf das Argument zurück, die Fahrgastzahlen seien zu niedrig."

Wolfgang Raue (FDP) brachte den Unmut der Ratsmitglieder auf den Punkt: "Wenn die Bahn so mit ihren Kunden umgeht, ist das ihr Problem. Es gibt genügend andere Verkehrsmittel."

Doch mit dieser letzten Äußerung liegt Raue falsch, zumindest wenn es nach Agnes Mosebach geht. "Das ist dummes Geschwätz", sagte die Elektro-Rollstuhlfahrerin verärgert, "ich sitze in Sulzbach fest. Eine Fahrt nach Saarbrücken mit dem Sonderfahrdienst kostet mich 80 Euro." Busse seien für Agnes Mosebach und viele andere der rund 1600 Behinderten im Sulzbachtal kaum eine Alternative, weil die meisten Bushaltestellen nicht die erforderliche Höhe haben. "Der Einstieg in den Bus ist 25 Zentimeter hoch, die Haltestelle am Hammersberg hat gerade einmal 18 Zentimeter", erklärt Mosebach, "die wurde vor einigen Jahren neu gebaut und es gab vom damaligen Bürgermeister Zimmer die Zusage, sie in der richtigen Höhe zu errichten."

Die Rampe zum Haltepunkt Altenwald werde höchstwahrscheinlich auch nicht gebaut. Auf Anregung von Bürgermeister Adam sollen sich aber der Seniorinnen- und Seniorenausschuss sowie die Behindertenbeauftragte des Themas Barrierefreiheit in Sulzbach annehmen, um dann einen Maßnahmenkatalog erstellen zu können. Für die Betroffenen kann man eigentlich nur hoffen, das dies nicht weitere vier Jahre dauert. "Das ist dummes Geschwätz, ich sitze in Sulzbach fest."

Elektro-Rollstuhl-

fahrerin

Agnes Mosebach

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