Frischer Wind hinter Gittern

Saarbrücken · 612 Gefangene sitzen in der Saarbrücker Justizvollzugsanstalt ein. Deren neuer Chef Pascal Jenal steht vor besonderen Herausforderungen. 2013 waren im Durchschnitt 15 Prozent der Mitarbeiter krank gemeldet.

 Pascal Jenal ist seit Oktober 2013 Chef der Saarbrücker Justizvollzugsanstalt, in der 612 Häftlinge einsitzen. Foto: Willi Hiegel

Pascal Jenal ist seit Oktober 2013 Chef der Saarbrücker Justizvollzugsanstalt, in der 612 Häftlinge einsitzen. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

. Den Bund mit den großen Schlüsseln hat er immer griffbereit. Seit drei Monaten ist Pascal Jenal (40) Chef des Hochsicherheitsgefängnisses auf der Saarbrücker Lerchesflur. Der Familienvater aus Lebach ist Nachfolger von Birgit Junker, die jetzt das Amtsgericht in St. Wendel leitet. Jurist Jenal, der als Anwalt und Richter arbeitete, bringt Knast-Erfahrung mit. Viereinhalb Jahre lang leitete er von 2009 bis 2013 die Jugendvollzugsanstalt in Ottweiler und war damit zumindest auch zeitweise zuständig für den offenen Erwachsenenvollzug.

In sein neues Büro hinter hohem Stacheldraht und dicken Gefängnismauern hat Jenal frische Farbe bringen lassen. Das Maler-Kommando der Hauswerkstatt sorgte zudem für neuen Teppichboden. Die Schreiner der Gefängniswerkstatt lieferten die teilerneuerte Inneneinrichtung. Neben neuen Farbtönen will Jenal auch für frischen Wind hinter Gittern sorgen. Dies scheint auch die erklärte Absicht seiner Dienstvorgesetzten im Justizministerium zu sein, denn: Die komplette Spitze der Justizvollzugsanstalt (JVA) für Männer wurde erneuert. Jenals Stellvertreterin ist Jennifer Klingelhöfer, vom Landgericht abgeordnete Richterin. Zweiter Stellvertreter ist der Jurist Markus Widmaier.

612 Gefangene sitzen aktuell in der JVA ein, 130 davon sind in Untersuchungshaft. Die längste Zeit lebt ein 69-Jähriger in der Anstalt. Der Mann ist seit 1970 inhaftiert. Der älteste Saarbrücker Häftling ist übrigens Jahrgang 1934 und feiert demnächst in seiner Zelle seinen 80. Geburtstag. Von den 612 Häftlingen sind genau 19 zwischen 61 und 70 Jahren alt, fünf sind älter als 71.

Vollzugschef Jenal macht keinen Hehl daraus, dass es hinter den Saarbrücker Gittern "sicher Subkulturen gibt". Mit seinen 360 Mitarbeitern (davon 270 Vollzugsbeamte) versucht er, solche Entwicklungen frühzeitig zu unterbinden. Bekannt ist beispielsweise die Cliquenbildung unter Russlanddeutschen. Hier wurde mit dem Einsatz von Russisch sprechenden Aufsichtsbeamten gegengesteuert. Etwa ein Viertel der Inhaftierten sind Ausländer, darunter 36 Rumänen, 19 Türken und je 13 Franzosen und Italiener.

"Mir ist bisher kein Fall bekannt", antwortet Jenal auf die Frage, ob denn seit Inkrafttreten des neuen Strafvollzugsgesetzes ein Gefangener die Arbeit hinter Gittern verweigert hat. Eine persönliche Herausforderung sieht Jenal darin, "unter den gegebenen Voraussetzungen" die vom Gesetzgeber gemachten Vorgaben im Vollzug umzusetzen. Das Personalproblem drückt. 36 000 Überstunden sind nach SZ-Informationen angehäuft. Eine mögliche Ursache: Der ungewöhnlich hohe Krankenstand bei den JVA-Mitarbeitern. 2013 lag die Quote im Durchschnitt bei 15 Prozent, 2012 bei 13,7 Prozent. Von Frust unter der Belegschaft ist mitunter die Rede. Und bis zum Jahr 2021 sollen im Vollzug 61 Stellen der Schuldenbremse geopfert werden. Für den neuen Knastchef Jenal gibt es viel zu tun.

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