Frankreich feiert 600 Jahre Jeanne d'Arc

Paris/Saint-Die. Zuerst rettete sie Frankreich, dann wurde sie mit nur 19 Jahren auf dem Scheiterhaufen als Hexe verbrannt, um schließlich mehr als 450 Jahre später vom Vatikan heilig gesprochen zu werden: Jeanne d'Arc, Nationalmythos und Märtyrerin

Paris/Saint-Die. Zuerst rettete sie Frankreich, dann wurde sie mit nur 19 Jahren auf dem Scheiterhaufen als Hexe verbrannt, um schließlich mehr als 450 Jahre später vom Vatikan heilig gesprochen zu werden: Jeanne d'Arc, Nationalmythos und Märtyrerin. Heute noch wird das Bauernmädchen aus Lothringen, das den Befreiungszug von der englischen Besatzungsmacht anführte und dem rechtmäßigen Erben Karl VII. auf den Thron half, politisch instrumentalisiert.Mit dem Besuch von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy in Jeanne d'Arcs Geburtsort Domrémy-la-Pucelle beginnen heute die Bekenntnisse zur Nationalheiligen. Sarkozy, der sich noch nicht offiziell zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen dieses Frühjahrs erklärt hat, braucht den Rückhalt der konservativen Wähler, will er im Amt bleiben. Beobachter schätzen, dass er mit Jeanne d'Arc an die patriotischen Gefühle der Franzosen appellieren wird. Auch die rechtsextreme Front national feiert mit ihrer Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen vor der Reiterstatue von Jeanne d'Arc in Paris. Die Partei hat das Bauernmädchen zu ihrer Ikone im Kampf gegen Ausländer gemacht. Jeanne d'Arc (1412-1431) gilt neben der Gottesmutter Maria als zweite Schutzpatronin Frankreichs. Am 6. Januar 1412 soll sie als katholische Bauerntochter in Lothringen geboren worden sein. Weder für das Geburtsjahr noch für den genauen Tag gibt es zuverlässige Quellen. Im Alter von dreizehn Jahren begann sie der Überlieferung zufolge, Stimmen zu hören. Diese sollen ihr befohlen haben, den französischen Kronprinzen Karl zur Salbung nach Reims zu führen und Orléans von der Belagerung durch die Engländer zu befreien.

Frankreich war in diesem letzten Drittel des hundertjährigen Kriegs gespalten zwischen den Anhängern des Hauses Burgund, die sich mit den Engländern verbündet hatten, und den Nachfolgern des Kronprinzen Karl. Es gelang Jeanne, Karl von ihrer Mission zu überzeugen und zur Befreiung des belagerten Orleans zu ziehen. 1429 hatte Jeanne ihr Ziel erreicht, Karl VII. wurde in der Kathedrale zu Reims zum König gesalbt. Jeanne wollte jedoch die Engländer ganz vom Festland vertreiben und bat den König, Paris mit Waffen zu befreien. Der Versuch scheiterte und Karl VII wandte sich von ihr ab.

Zehn Monate später wurde sie gefangen genommen, die Burgunder lieferten sie an die Engländer aus. Zwar verstand sich Jeanne d'Arc als von Gott gesandte Prophetin, doch ihr Lebensziel war vorrangig politisch: die Krönung von Karl und die Vertreibung der Engländer. Ihre kirchlichen Richter beschuldigten sie des Ungehorsams gegenüber der Kirche und der Hexerei. Verurteilen konnten sie die junge Frau letztlich nur wegen ihres Auftretens: Nach viereinhalb Monaten Prozess unterschrieb Jeanne eine Erklärung, dass sie nie mehr Männerkleider tragen würde.

Aus ungeklärten Gründen tat sie dies dennoch Tage später in ihrer Zelle. Daraufhin wurde sie verurteilt und 1431 als Ketzerin verbrannt. Wenige Jahre später wurde das Urteil annulliert. 1920 erhob Papst Benedikt XV. die Jungfrau in den Stand der Heiligen. epd/kna/dpa

Hintergrund

Jeanne d'Arc hat wie wenige andere historische Figuren die Fantasie von Dichtern, Komponisten und Regisseuren angeregt. Friedrich Schiller schrieb die romantische Tragödie "Die Jungfrau von Orléans" (1801), George Bernard Shaws verfasste "Die Heilige Johanna" (uraufgeführt 1923) und Bertolt Brecht "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" (1929).

Unter den Filmen haben vor allem "Der Prozess der Jeanne d'Arc" von Robert Bresson (1962) und der Stummfilm "Die Passion der Jungfrau von Orléans" von Carl Theodor Dreyer aus dem Jahr 1928 Geschichte geschrieben. epd

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