Flüchtlinge entzweien die Koalition

Saarbrücken · Bei der Flüchtlingspolitik stoßen CDU und SPD mit unterschiedlichen Ideologien aufeinander: Trotz erster Erfolge rückt eine weitergehende Unterbringung von Flüchtlingen in den Kommunen in weite Ferne.

 Eine Asylbewerberin in ihrer Wohnung in der Landesaufnahmestelle in Lebach. Archivfoto: Dietze

Eine Asylbewerberin in ihrer Wohnung in der Landesaufnahmestelle in Lebach. Archivfoto: Dietze

Der großen Koalition aus CDU und SPD steht der nächste handfeste Streit ins Haus. Grund: Die Unterbringung von Flüchtlingen mit ungeklärter Nationalität in saarländischen Städten und Gemeinden. "Für die CDU kommt das auf gar keinen Fall in Frage", so der CDU-Landtagsabgeordnete Günter Becker. "Das Thema muss im Koalitionsausschuss geklärt werden", sagt er. Die SPD beruft sich dagegen auf den Koalitionsvertrag. Dort hat man sich zum Ziel gesetzt, Flüchtlinge nach einem einjährigen Aufenthalt in der zentralen Landesaufnahmestelle in Lebach auf die Städte und Gemeinden zu verteilen. Diese Regelung käme zur Zeit rund 400 von insgesamt 1000 Flüchtlingen in Lebach zugute. Die SPD fordert nun "nach Prüfung im Einzelfall" eine entsprechende Umsetzung. Zwar heißt es im Koalitionsvertrag auch, dass "Personen, die über ihre Identität getäuscht haben oder nicht hinreichend bei der Klärung mitgewirkt haben", von der Unterbringung in den Kommunen ausgeschlossen werden sollen. "Das trifft aber längst nicht auf alle 400 infrage kommenden Flüchtlinge zu", sagt der SPD-Parlamentarier Magnus Jung. Sein CDU-Kollege Becker meint dagegen: "Nur etwa 60 der 400 haben eine geklärte Identität. Alle anderen, bei denen diese im Dunkeln liegt, dürfen nicht mit einer Unterbringung in den Kommunen belohnt werden. Das wäre ein falsches Signal." Die Kenntnis über die nationale Identität eines Flüchtlings kann zu seiner Abschiebung führen.

Dass es zu kommunalen Unterkünften für diese 400 Flüchtlinge kommt, ist aber auch aus anderen Gründen alles andere als sicher. In einer Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Innenministerin Monika Bachmann (CDU) haben Vertreter der Kommunen nach SZ-Informationen deutlich gemacht, dass die Kosten dafür komplett vom Land übernommen werden müssten. Dem Vernehmen nach hat Bachmann dies zumindest noch nicht ausgeschlossen.

Geeinigt hat sich die Arbeitsgruppe unterdessen auf eine kommunale Unterbringung von 193 Flüchtlingen, für die ohnehin keine Aufenthaltspflicht in der Landesaufnahmestelle in Lebach besteht. Hierbei handelt es sich um anerkannte Asylbewerber oder Flüchtlinge, bei denen ein "Abschiebehindernis" (etwa eine schwere Erkrankung) vorliegt. Ihnen wollen die Kommunen nun Wohnungen anbieten. Die Kosten dafür beziffert der Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetags, Alfons Lauer (SPD), mit "gut 500 000 Euro" pro Jahr. Für die Bereitschaft der klammen Kommunen, diese zusätzlichen Kosten zu schultern, führen Lauer als auch Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD) "humanitäre Gründe" an. Bei der Verteilung der Flüchtlinge auf die Kommunen sollen Wohnortwünsche berücksichtigt werden, heißt es. Vor Ort sollen die Flüchtlinge von Integrationsfachkräften unterstützt werden. Details wollte das Innenministerium gestern nicht nennen, da die Ergebnisse der Arbeitsgruppe morgen zuerst im Innenausschuss des Landtags vorgestellt werden sollen.

Ein nächstes Treffen der Arbeitsgruppe mit Innenministerin Bachmann, Vertretern des Landkreistags, des Städte- und Gemeindetags und Wohlfahrtsverbänden ist für den 20. Juni angesetzt. Angesichts des koalitionsinternen Streits um die kommunale Unterbringung weiterer Flüchtlinge ist jedoch ungewiss, ob der Termin gehalten werden kann.

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