Finanzämter vor großem Umbau

Saarbrücken · Den Finanzämtern mit knapp 1300 Vollzeitstellen stehen große Veränderungen ins Haus. Finanzminister Stephan Toscani will sie völlig neu organisieren. Die Gewerkschaften fürchten Nachteile für die Beschäftigten.

 Die Umstrukturierung der Finanzverwaltung könnte Stellenverluste bedeuten. Foto: Fotolia/JiSIGN

Die Umstrukturierung der Finanzverwaltung könnte Stellenverluste bedeuten. Foto: Fotolia/JiSIGN

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Finanzminister Stephan Toscani (CDU) will den geplanten Stellenabbau im öffentlichen Dienst zu einem großen Umbau der saarländischen Finanzämter nutzen. Eine Arbeitsgruppe von Hausspitze und Beschäftigtenvertretern arbeitet derzeit an einem Konzept mit dem Titel "Finanzamt 2020". In den sieben Finanzämtern sollen nach einer Vorgabe der Landesregierung bis zum Jahr 2020 von derzeit knapp 1300 Vollzeitstellen 152 wegfallen. Toscani und seine Spitzenbeamten planen, Zuständigkeiten zu bündeln. Ministeriumssprecherin Stienke Kalbfuss bestätigte der SZ, eine Möglichkeit könne "eine sinnvolle Konzentration von gleichgelagerten Aufgaben an möglichst jeweils nur noch einer Stelle im Land" sein. Das Konzept soll bis Jahresende stehen. Bisher seien aber noch keine Entscheidungen getroffen, versicherte Kalbfuss.

Nach SZ-Informationen ist geplant, die Veranlagung zur Lohn- und Einkommensteuer - bislang die Aufgabe aller Ämter - künftig an drei Standorten zusammenzufassen: in Saarlouis, Neunkirchen sowie im Saarbrücker Finanzamt Am Stadtgraben. Für landesweite Aufgaben wie die Betriebsprüfung für Groß- und Konzernbetriebe, Bußgelder und Strafsachen oder die Steuerfahndung bliebe das Finanzamt Saarbrücken Mainzer Straße zuständig. Alle anderen Finanzämter würden in diesem Vier-Häuser-Konzept zu Außenstellen mit Spezialzuständigkeiten herabgestuft.

So könnte sich etwa das Finanzamt Merzig künftig um Bewertung und Grunderwerbsteuer im Land kümmern, das Finanzamt Homburg um Vollstreckungen und St. Wendel um die Umsatzsteuer-Veranlagung. Service-Center für die Bürger sollen an allen Standorten erhalten bleiben. Entfallen würden dann jedoch die kurzen Wege, um Nachfragen eines Steuerzahlers etwa direkt mit Sachbearbeitern im selben Haus zu klären.

Fraglich ist, was die Pläne für die kleineren Standorte bedeuten. Es könne sein, mutmaßt der Landeschef der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG), Matthias Bittner, dass im Zuge der Umorganisation die Standorte Sulzbach, St. Ingbert und Völklingen "hinterfragt" würden. Die konkurrierende Gewerkschaft der Finanzverwaltung (GdFin) hält langfristig sogar das Aus der Finanzämter Merzig, St. Wendel und Homburg für möglich. "Wir werden Ämter bekommen, die im Bestand bedroht sind", sagt GdFin-Chef Michael Eggers, der für den Hauptpersonalrat der Finanzämter in der Arbeitsgruppe "Finanzamt 2020" mitverhandelt. Er fürchtet auch, dass es nicht bei der Einsparung von 152 Stellen bleiben wird. 80 Stellen seien heute schon nicht besetzt, und die Arbeitsbelastung werde noch weiter steigen. "Es geht an die Grundsubstanz", sagt Eggers. Bittner sieht die saarländische Steuerverwaltung künftigsogar "bundesweit mit am höchsten belastet".

Die bei den Mitgliederzahlen dominierende DStG und die GdFin, deren Funktionäre seit April mit Verdi die Mehrheit im Hauptpersonalrat stellen, fürchten bei einer Umorganisation auch finanzielle Einbußen für die Mitarbeiter. Denn die bisher bekannt gewordenen Pläne würden bedeuten, dass ein Großteil der Beamten und Angestellten an einen anderen Standort umziehen müsste. In seltener Einigkeit führen Bittner und Eggers bereits mögliche Einkommensverluste durch höhere Fahrtkosten ins Feld. Die Pläne seien "keineswegs alternativlos", sagt Bittner. Eggers spricht von Zumutungen. "Die Leute machen das so nicht mit."

DStG und GdFin haben aber bereits erkennen lassen, dass sie weiterverhandeln wollen. Eggers sagt, man verschließe sich nicht dem Sparzwang und betreibe auch "keine Totalverweigerung". Eine vom Hauptpersonalrat in der Arbeitsgruppe "Finanzamt 2020" präsentierte Verbundlösung - eine Regionalisierung der Finanzämter in West, Ost und Süd - sei aber lediglich "zur Kenntnis genommen" worden, bedauert er.

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Auf einen BlickIm Saarland gibt es sieben Finanzämter: Homburg (mit Außenstelle St. Ingbert), Merzig, Neunkirchen, Saarbrücken Am Stadtgraben (mit Außenstellen Sulzbach und Völklingen), Saarbrücken Mainzer Straße, Saarlouis und St. Wendel.Um Mietkosten zu sparen, sollen die Finanzämter künftig nur noch in landeseigenen Gebäuden untergebracht werden. Derzeit sind in Saarlouis, Homburg und Neunkirchen mehrere Abteilungen in vier angemieteten Gebäuden ausgelagert. Nach SZ-Informationen entstehen dem Land dadurch pro Jahr Mietkosten (inklusive Nebenkosten) in der Größenordnung von rund 320 000 Euro. kir

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