Feierabend für Kippe und Bier in der Eckkneipe

St. Wendel. Absolutes Rauchverbot in der saarländischen Gastronomie - mit dem Richterspruch am Verfassungsgerichtshof in Saarbrücken vom Montag (wir berichteten) ist das jetzt Realität. Fast: Denn bis 1. Dezember gibt es noch Karenzzeit für jene Wirte, die zwischen November 2007 und November 2009 in abgeschlossene Nebenräume für Raucher investiert haben

St. Wendel. Absolutes Rauchverbot in der saarländischen Gastronomie - mit dem Richterspruch am Verfassungsgerichtshof in Saarbrücken vom Montag (wir berichteten) ist das jetzt Realität. Fast: Denn bis 1. Dezember gibt es noch Karenzzeit für jene Wirte, die zwischen November 2007 und November 2009 in abgeschlossene Nebenräume für Raucher investiert haben. Vertrauend auf die damaligen Gesetze. Jetzt aber stimmten die Richter dem bundesweit strengsten Nichtraucherschutz-Gesetz zu, erklärten es für rechtens."Für mich kam die rasche Entscheidung ziemlich überraschend", erklärte gestern einen Tag nach der Urteilsverkündung Klaus Simon (Foto: sol.de/SZ). Glücklich ist der Obmann des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) für den Landkreis St. Wendel über diese Entscheidung nicht. Der 50-jährige Chef des Hotels und Restaurants Parkschenke in Bierfeld: "Wir hatten schon im Februar 2009 beim In-Kraft-Treten große Umsatzeinbußen." Als dann vorerst das Gesetz richterlich gestoppt wurde, habe sich die Lage entspannt. Insbesondere für die Wirte der Kneipen auf dem Dorf. Simon ist überzeugt: "Für diese Gaststätten wird das ein enormes Problem." Denn hier sei es einfach so, dass die Gäste beim Bier ihre Zigarette rauchen wollten. Im Sommer könnten die Besucher ja noch nach draußen ausweichen und dort qualmen. Aber spätestens ab Herbst würden die Schwierigkeiten extrem. Simon prophezeit: "Das Gesetz wird einigen Eckkneipen das Leben kosten."

Gelassener sieht's Joachim Clemens (Foto: dia-saar.de/SZ). Der Besitzer der Disco Flash und des Clubs Lindenau, beide in der Kreisstadt: "Wir hatten am Anfang befürchtet, dass uns das Rauchverbot härter trifft." Umsatzeinbußen seien jedoch ausgeblieben. Der 57-jährige Geschäftsmann beobachtet: "Den Jüngeren macht das weniger aus als den Älteren, die das Rauchen in Kneipen, Discos und Restaurants gewohnt waren."

Dennoch hatte Clemens beim Umbau der Lindenau vergangenes Jahr nach eigenen Angaben gut und gerne 20 000 Euro in einen separaten Raucherraum investiert. Auf diesen Kosten bleibe er nun sitzen. "Ich hätte mir längere Übergangsfristen gewünscht."

Ganz entspannt verfolgt Maximilian Maas (Foto: hgn) das Antiraucher-Gesetz. Der 23 Jahre alte Juniorchef des St. Wendeler Cafés Le Journal: "Ich finde es gut, dass unser Speiselokal ein Nichtraucherlokal ist." So sehen es demnach auch die meisten Gäste und die Mitarbeiter. "Es stinkt nicht mehr. Außerdem haben wir viele Eltern mit ihren Kindern als Gäste", argumentiert er.

Gleichzeitig sieht Maas jedoch Schwierigkeiten für die kleinen Kneipen um die Ecke zukommen. "Da ist es einfach normal, dass die Leute rauchen."

Contra

Viel zu viele

VorgabenEndlich klare Vorgaben!

Von SZ-RedakteurMatthias ZimmermannVon SZ-Redakteurin

Melanie Mai

Noch eine Regel und noch ein Gesetz. Was wird in unserem Land eigentlich nicht alles mit Paragrafen festgezurrt? Wo könnte Vater Staat ein weiteres verschriftetes Verbot aus dem Ärmel zaubern, damit auch alles seine Ordnung hat?

Paradox: Auf der anderen Seite hallt der Ruf nach dem mündigen Bürger laut durch die Gesellschaft. Genau von jenen Politikern, die uns mit Vorschriften immer wieder aufs Neue Grenzen setzen. Wenn es um Wirtschaftsliberalität geht, also der Euro in der Kasse klingen soll, können Gesetze gar nicht schnell genug vom Schreibtisch gefegt werden. Da wird global aktiven Konzernen die freie Marktwirtschaft ohne Rücksicht auf Verluste gestattet.

Die persönliche Freiheit allerdings scheint nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Und genau das gilt auch für das Antiraucher-Gesetz im Saarland. Obwohl die Front derjenigen, die weiterhin im Restaurant ungehindert paffen wollen, nicht nur bröckelt, sondern einstürzt. Es bedarf also keiner Vorschrift. Wer heute in die Bierkneipe um die Ecke geht, weiß, was ihn dort erwartet. Übrigens: Hatten wir uns früher nicht über ins privateste Detail gehende Vorschriften in den USA lustig gemacht? Diese Zeiten sind längst vorbei. Dieses Gesetz ist überfällig. Dieses jahrelange Hin und Her hat nur verwirrt. Der Gast wusste gar nicht mehr genau, wo er dran ist. Jetzt steht eindeutig fest: Im Saarland herrscht in allen Gaststätten absolutes Rauchverbot. Endlich gibt es keine Schlupflöcher und (fast) keine Ausnahmen mehr. Und das ist gut so.

Denn wenn an einer Regel, an einem Gesetz nicht mehr zu rütteln ist, erst dann wird es auch befolgt. Und auch die Raucher werden es akzeptieren, da bin ich mir sicher. Die Italiener, die Iren, die Amerikaner machen es uns vor. Dort beschwert sich niemand mehr, dass er in einem Lokal nicht rauchen darf. Es wird einfach nicht mehr gemacht. Hätte die Regierung in Deutschland gleich Nägel mit Köpfen gemacht, würde heute auch bei uns schon nicht mehr diskutiert.

Es geht hier nicht um ein banales Gesetz, nicht um Annehmlichkeiten. Es geht um die Gesundheit der Menschen. Lange genug hat die Gesellschaft von den Nichtrauchern Toleranz erwartet, genau diese Toleranz müssen jetzt auch die Raucher zeigen.

Wichtig wäre jetzt allerdings eine einheitliche Regelung. Dieser saarländischen Entscheidung müssen sich alle anderen Bundesländer anschließen. Dann gibt es wirklich keine Schlupflöcher mehr.

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