FDP wartet auf Leys Machtwort Liberale, SPD und CDU fahren mit Partei-Dienstwagen

Saarbrücken. Der designierte FDP-Fraktionschef Christoph Kühn (47) hat sich gestern wieder zu Wort gemeldet. Er steht wegen eines BMW X 3, der von der Landtagsfraktion geleast und zugelassen ist, in der Kritik. Immerhin überweist ihm der Landtag monatlich rund 400 Euro Fahrtkostenpauschale, auf die nach dem Abgeordnetengesetz Nutzer von Dienstwagen keinen Anspruch haben

Das Auto des Anstoßes: Der BMW X 3 des Abgeordneten Christoph Kühn (FDP) stand am Freitag friedlich in der Landtagstiefgarage. Foto: Becker und Bredel

Das Auto des Anstoßes: Der BMW X 3 des Abgeordneten Christoph Kühn (FDP) stand am Freitag friedlich in der Landtagstiefgarage. Foto: Becker und Bredel

Saarbrücken. Der designierte FDP-Fraktionschef Christoph Kühn (47) hat sich gestern wieder zu Wort gemeldet. Er steht wegen eines BMW X 3, der von der Landtagsfraktion geleast und zugelassen ist, in der Kritik. Immerhin überweist ihm der Landtag monatlich rund 400 Euro Fahrtkostenpauschale, auf die nach dem Abgeordnetengesetz Nutzer von Dienstwagen keinen Anspruch haben. Kühn erstattet nach eigenen Angaben sämtliche Kosten für das zu angeblich vertraulichen Sonderkonditionen geleaste Fahrzeug. Seine Wahl zum Fraktionschef ist jedenfalls nach innerparteilichen Turbulenzen und wegen der Autoaffäre auf vorerst unbestimmte Zeit verschoben. Gestern Abend informierte Kühn in eigener Sache den erweiterten Landesvorstand. Dort berichtete er auch, dass er Finanzminister Peter Jacoby (CDU) schriftlich gebeten habe, die Finanzverwaltung möge doch prüfen, ob er sich steuerlich korrekt verhalten hat. Der Fiskus untersucht demnach, ob der Dienstwagen, der aus Sicht von Kühns Steuerberater keiner sein soll, hätte versteuert werden müssen, oder der extreme Leasing-Sonderrabatt als geldwerter Vorteil erklärt werden muss. Kühn hat auch bei BMW angefragt, ob er die vereinbarte Sonder-Leasingrate öffentlich machen darf und von der zugesagten Vertraulichkeit befreit wird. Kühn: "Ich bin ein grundehrlicher Mensch, wenn ich Fehler gemacht habe, dann stehe ich dazu!"Eine Entscheidung im Fall um Kühns FDP-Auto ist für heute angekündigt. Landtagspräsident Hans Ley (CDU) will das Ergebnis einer Prüfung der Landtagsverwaltung mitteilen. Dabei geht es darum, ob Kühn nach diesem besonderen Dienstwagenmodell Anspruch auf die Fahrtkostenpauschale von etwa 400 Euro monatlich hat. Der FDP-Politiker will Leys präsidiales Machtwort auf jeden Fall akzeptieren und gegebenenfalls umgehend zurückzahlen.

FDP-Landeschef Oliver Luskic spekulierte gestern vor der Landespressekonferenz, die Informationen um die FDP-Dienstwagen seien im Zusammenhang mit dem überraschenden Rücktritt des bisherigen Fraktionschefs Christian Schmitt an die Öffentlichkeit gebracht worden. Fakten dazu nannte er nicht. Schmitt wurde gestern in Abwesenheit per Beschluss als Parteiloser von der CDU-Fraktion aufgenommen.

SPD-Chef Heiko Maas ("Lachnummer") und Linken-Fraktionsvize Barbara Spaniol ("Jamaika ist brüchig") sehen das Saarland durch die Querelen bei den Liberalen geschädigt. CDU-Fraktionschef Klaus Meiser und Jamaika-Partner Hubert Ulrich (Grüne) räumten ein, dass die Arbeit in der Koalition durch die Vorgänge "natürlich gestört und beeinträchtigt ist".

Derweil hat FDP-Fraktionsvizechef Horst Hinschberger Informationen unserer Zeitung bestätigt, wonach auch er ein auf die FDP Saar, Abgeordnetenbüro Bexbach, zugelassenes Leasingfahrzeug (monatlich 663,59 Euro) mit dem Wunschkennzeichen HOM-HH 1 dienstlich steuert. Die Kosten zahle er. Von einem Abgeordnetenbüro Bexbach war wiederum Parteichef Luksic nichts bekannt. Hinschberger räumte zudem ein, dass 2010 und 2011 kostenlose Audi-Leihfahrzeuge für die Fraktion rollten. Sie wurden von einer Praktikantin und Mitarbeitern gefahren. Es sei nicht nachprüfbar, ob die Autos auch privat genutzt wurden. Benzin und Selbstbeteiligung von 1000 Euro nach einem Unfall gingen zu Lasten der Fraktion. Hinschberger bestätigte weiter, dass er vor einer Woche eine Juristin der Linken gebeten habe zu prüfen, ob ein unabhängiger Abgeordneter Anspruch auf einen Teil der Fraktionszuschüsse habe. Eine Antwort stehe aus. Er selbst habe aber keine Absicht, die Fraktion zu verlassen. Er wollte angeblich gehört haben, dass seinen Ex-Fraktionschef Schmitt solche Gedanken bewegten. Saarbrücken. "Fragen Sie doch einmal bei den anderen Fraktionen und Parteien nach, wie diese es mit Dienstwagen halten", forderte FDP-Chef Oliver Luksic gestern vor der Landespressekonferenz. Die FDP Saar hat demnach drei Audis zu vertraulichen Top-Sonderkonditionen geleast, die der EU-Parlamentarier Jorgo Chatzimarkakis, Generalsekretär Rüdiger Linsler und Luksic fahren. Die Fraktion hat einen Audi A 8 geleast. Einen Dienstwagen fährt auch Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich, dessen Partei nur ein "Dienstfahrrad" habe. Die SPD meldet neben dem Dienst-Audi von Fraktionschef Heiko Maas noch fünf "korrekt versteuerte" Audis für Pressesprecher, Geschäftsstellenleiter und Generalsekretär Reinhold Jost. Die Linke hat nur das Auto von Fraktionschef Oskar Lafontaine (monatliche Leasingrate: 289,48 Euro). Bei der CDU fährt Fraktionschef Klaus Meiser einen BMW. Die Partei habe zu "normalen Tarifen" einen Peugeot für den Geschäftsführer und einen Mercedes für Generalsekretär Roland Theis im Fuhrpark. Jost und Theis erhielten wie die Fraktionschefs vom Landtag keine Fahrtkosten. mju

Foto: Th.Wieck/dapd

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