FDP-Fraktion in Auflösung

Saarbrücken. Der Vorsitzende der saarländischen FDP, Oliver Luksic, ist ein optimistischer Mensch, der jeder noch so schwierigen Situation etwas Positives abgewinnen kann. "Wir haben jetzt die Chance, mit neuen Köpfen Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen", sagte der 32-Jährige gestern

 Christoph Hartmann (l.) und Horst Hinschberger ziehen sich - wie ihr Kollege Christoph Kühn - aus dem Landtag zurück. Foto: Dietze

Christoph Hartmann (l.) und Horst Hinschberger ziehen sich - wie ihr Kollege Christoph Kühn - aus dem Landtag zurück. Foto: Dietze

Saarbrücken. Der Vorsitzende der saarländischen FDP, Oliver Luksic, ist ein optimistischer Mensch, der jeder noch so schwierigen Situation etwas Positives abgewinnen kann. "Wir haben jetzt die Chance, mit neuen Köpfen Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen", sagte der 32-Jährige gestern. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass nach dem Desaster der vergangenen Wochen mindestens drei der vier FDP-Abgeordneten bei der vorgezogenen Landtagswahl Ende März nicht wieder kandidieren wollen: Fraktionschef Christoph Hartmann, sein Stellvertreter Horst Hinschberger und der Parlamentarische Geschäftsführer Christoph Kühn. Landtagsvizepräsident Karl-Josef Jochem hat sich offenbar noch nicht entschieden.Der Verzicht von Hinschberger, der auch parteiintern als unberechenbarer Quertreiber gilt, wurde in der FDP nach Angaben aus Vorstandskreisen mit "Riesenerleichterung" aufgenommen. Der Vize-Landesvorsitzende Wolfgang Krichel äußerte starke Zweifel, ob "der eine oder andere" bei der Listenaufstellung noch einmal gewählt worden wäre. "Hinschberger hat die Flucht nach vorne angetreten", sagte er der SZ.

Hartmann will noch bis zur Wahl als Fraktionschef im Amt bleiben, sich dann aber aus der Politik zurückziehen und sich beruflich neu orientieren. Es sei der richtige Zeitpunkt, um "ein neues Kapitel" aufzuschlagen, sagte er. Nähere Angaben machte der 39-Jährige nicht. Hartmann war von 2004 bis 2009 Vorsitzender der FDP-Fraktion, anschließend Wirtschaftsminister und seit dem Scheitern der Jamaika-Koalition erneut Fraktionschef. Krichel rechnet damit, dass Hartmann nach einer Auszeit in die Politik zurückkehrt: "Ich bin der festen Meinung, er macht nur eine Pause", sagte er.

Hartmann hatte seinen Entschluss bereits am Sonntag dem Landesvorstand mitgeteilt. Mehrere Vorstandsmitglieder versuchten noch ihn umzustimmen. Als dies nicht fruchtete, bekundete Luksic "hohen Respekt" und dankte ihm "aus ganzem Herzen". Hartmann will sich im Wahlkampf voll einbringen. Via Facebook versprach er Luksic gestern zudem: "Ich werde die Partei insgesamt und Dich persönlich weiter unterstützen."

Zwei Monate vor der Wahl beginnt nun das Hauen und Stechen um die vorderen Listenplätze. Nach Hartmanns Verzicht gilt Parteichef Luksic nun als Favorit für Platz 1 der Landesliste. Luksic bezeichnete eine Spitzenkandidatur gestern als "offen, aber möglich". Noch in dieser Woche will er sich im Landesvorstand erklären. Der Saarlouiser Krichel meldete aus dem Urlaub bereits Anspruch auf Listenplatz 2 oder 3 an. Er sieht außerdem Ex-Gesundheits-Staatssekretär Sebastian Pini - trotz eines eingestellten Drogen-Verfahrens vor dessen Amtszeit - in der Pflicht: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich jetzt kampflos zurückzieht." Krichel nannte zudem die Namen der Vize-Vorsitzenden Sebastian Greiber und Martina Engel-Otto, der Saarbrücker Kommunalpolitikerin Nathalie Zimmer und des Landeschefs der Jungen Liberalen, Tobias Raab. "Die können was reißen."

Allen Widrigkeiten zum Trotz hält Luksic einen Einzug in den Landtag weiter für möglich. Angesichts einer wahrscheinlichen großen Koalition sei eine "bürgerliche Opposition dringend notwendig", sagte er. Die CDU habe sich "ohne Not an die SPD verkauft".

Meinung

Die Blau-Gelben

vergilben

Von SZ-RedakteurGuido Peters

Die Landtags-Liberalen lösen sich auf: Christoph Hartmann wirft das Handtuch. Und mit ihm gleich zwei weitere Fraktionskollegen. Das ist die logische Konsequenz aus dem FDP-Desaster, das letztlich die Jamaika-Allianz platzen ließ. Eine Partei, die mehr mit sich selbst als mit der Politik beschäftigt war, hat ihre Existenzberechtigung im Landtag verloren. Neue Köpfe müssen um das Vertrauen der Wähler werben. Der Wiedereinzug ins Parlament dürfte nach all dem Tohuwabohu verdammt schwer werden. Parteichef Oliver Luksic, der nicht unbedingt durch Führungsstärke auffällt, sollte couragiert den politischen Neuanfang einleiten. Bevor die Blau-Gelben restlos vergilben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort