Fast schon wie eine Ehe

Köllerbach. Heutzutage haben ausländische Athleten in der Ringer-Bundesliga oft mit einem negativen Söldner-Image zu kämpfen. Sie kommen meist nur zu den Kämpfen nach Deutschland, und ihr Verbleib bei einem Verein ist auch von begrenzter Dauer.Nun gut - die aktive Zeit von Hüseyin Dincay ist schon lange vorbei

Köllerbach. Heutzutage haben ausländische Athleten in der Ringer-Bundesliga oft mit einem negativen Söldner-Image zu kämpfen. Sie kommen meist nur zu den Kämpfen nach Deutschland, und ihr Verbleib bei einem Verein ist auch von begrenzter Dauer.

Nun gut - die aktive Zeit von Hüseyin Dincay ist schon lange vorbei. Doch dem heutigen 47 Jahre alten Freistil-Trainer des Ringer-Bundesligisten KSV Köllerbach mit solchen Vorurteilen gegenüberzutreten, wäre wohl auch ungerecht. 1990, damals im Alter von 27 Jahren, kam der in Bulgarien geborene Freistil-Ringer nach Deutschland. Doch nicht aus seinem Geburtsland, sondern aus der Türkei. "Ich habe in Bulgarien der türkischen Minderheit angehört. Wir sind dann 1989 wegen des kommunistischen Regimes in die Türkei ausgewandert", erklärt Dincay, der in Bulgarien mehrfacher Landesmeister wurde und sich fast seinen Traum von Olympia erfüllt hätte. "1984 war ich für die Spiele in Los Angeles nominiert. Doch zehn Tage vor Beginn von Olympia hat der Ostblock die Teilnahme boykottiert. Das war meine größte Enttäuschung", sagt Dincay.

1990 verschlug es ihn dann nach Köllerbach. "Um in der Ringer-Bundesliga zu kämpfen", erzählt der nur 1,56 Meter große Dincay. Dort war er ein Exot. "Ich war der einzige Ausländer und hatte keinen, der mir etwas übersetzt hat", erinnert sich Dincay. Doch er ergänzt: "Ich habe die Sprache einfach durch den Kontakt mit den Leuten gelernt. Dadurch konnte ich mich schnell integrieren. Einen Sprachkurs habe ich nie besucht", erzählt der 47-Jährige, der seit 15 Jahren auch in Deutschland als Industriekaufmann arbeitet.

Sechs Jahre lang kämpfte Dincay in der Bundesliga, dessen Söhne Yüksel (23) und Erdi (19) auch schon für den KSV in der Bundesliga auf der Matte standen. Während der Bundesliga-Zeit kam auch Dincays Familie nach Deutschland. "Es hat sich so ergeben, dass wir geblieben sind. Großartig geplant hatten wir das nicht", erklärt er. Denn neben seiner aktiven Zeit war Dincay noch als Jugend- und Zweitmannschafts-Trainer tätig. "Bestimmt zehn Jahre", sagt Dincay und ergänzt: "Dort habe ich auch schon mit Thomas Geid zusammengearbeitet. Wir kennen uns schon zwanzig Jahre. Das ist schon fast eine Ehe", scherzt Dincay, der seit 2001 dem Trainerteam der Bundesliga-Mannschaft angehört. "Wenn nach den Kämpfen unsere Frauen dabei sind und Thomas und ich wieder beginnen, über Ringen zu sprechen, dann winken sie schon ab."

Heute sagt Dincay: "Kein Winkel in der Kyllberg-Halle ist mir fremd." Und heute ist er als Übersetzer auch die Integrationsfigur für die bulgarischen Sportler wie Dimitar Kumchev, Ismail Redzhep, Georgi Sredkov oder Venelin Venkov. "Sie sind immer bei uns zu Hause willkommen", erklärt der 47-Jährige, der bei Neuverpflichtungen seine alten Kontakte in die Heimat pflegt.

So wohl auch für die Planungen der neuen Saison, die auch schon im vollen Gange sind. Denn am Samstag steht der KSV Köllerbach im Halbfinal-Rückkampf gegen Germania Weingarten (Trimm-Treff, 19.30 Uhr) wohl vor seinem letzten Saisonkampf. "Das ist doch kein Beinbruch", sagt Dincay mit Blick auf die 10:25-Niederlage im Hinkampf, um fortzufahren: "Wir können nicht jedes Jahr Meister werden. Dass wir einmal verlieren, war klar. Natürlich ist die Enttäuschung groß." Doch er verspricht: "Wir werden noch einmal alles versuchen. Im Sport ist schließlich alles möglich."

Falls es doch nicht mehr klappen sollte, eins ist klar: Dincay wird auch in der kommenden Saison auf der Trainerbank des KSV sitzen. Schließlich ist er kein Söldner. "Wir werden noch einmal alles versuchen. Im Sport ist schließlich alles möglich."

Hüseyin Dincay, Freistil-Trainer des KSV Köllerbach, zu den Aussichten

im Rückkampf

am Samstag gegen Weingarten

Hintergrund

Karten für den Halbfinal-Rückkampf des KSV Köllerbach gegen Germania Weingarten können heute von 10 bis 12 Uhr sowie von 14 bis 19 Uhr in der Geschäftsstelle des KSV Köllerbach in der Brunnenstraße gekauft werden. Ebenso sind nach Angaben des Vereins telefonische Bestellungen während der Öffnungszeiten unter Telefon (0 68 06) 10 29 13 möglich. rix

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