Farbenprächtiges Kleinod

Mettlach · Mettlach ist um eine Attraktion reicher geworden: Die neugotische St. Josephs-Kapelle, einer der wenigen Sakralbauten des frühen Historismus in der Region, wurde saniert und der Innenraum von der schamhaften „Verkleidung“ aus der farbenfeindlichen Zeit in der Mitte des 20. Jahrhunderts befreit.

 Blick in das restaurierte, farbenprächtige Innere der St. Josephs-Kapelle in Mettlach. Rechts die Außenansicht. Fotos: Rolf ruppenthal

Blick in das restaurierte, farbenprächtige Innere der St. Josephs-Kapelle in Mettlach. Rechts die Außenansicht. Fotos: Rolf ruppenthal

Nach zehnjähriger Renovierungszeit ist St. Joseph vor wenigen Tagen wiedereröffnet worden. Die Familien von Boch, Besitzer der Kapelle, hatten - unterstützt von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Bund, Land und Saar-Toto - die über eine Million Euro teure Renovierung angestoßen.

Um den Wert dieses kleinen Bauwerks in seiner Gesamtheit zu verstehen, muss man seine Geschichte kennen. St. Joseph ist 1864 in Wallerfangen erbaut worden - von Céphalie Thierry, einer Enkelin der 1794 unter der Guillotine geendeten Barbe de Galhau aus Fremersdorf. Vorbild für die schlanke Kirche war die hochgotische Sainte Chapelle in Paris. Architekt war der in Ottweiler geborene Franz Georg Himpler, der später in Amerika so berühmt wurde, dass ihm nach seinem Tod 1916 sogar die "New York Times" einen Nachruf widmete. St. Joseph diente den Wallerfanger Borromäerinnen als Krankenhauskapelle, war dann - die Kapelle hat nur 70 Sitzplätze - zu klein, eine größere Kirche musste her. St. Joseph stand leer - und Eugen von Boch, der umtriebige Generaldirektor von Villeroy & Boch, übernahm die Kirche für Mettlach, wo gerade das von seiner Frau Octavie gegründete Krankenhaus entstand, in dem ebenfalls Borromäerinnen die Pflege übernehmen sollten. Und die brauchten auch ein kleines Gotteshaus. So wurde die Kapelle zwischen 1878 und 1879 in Wallerfangen abgetragen, Stein für Stein nummeriert, auf Treidelschiffen nach Mettlach gebracht und dort erneut aufgebaut - über der neu angelegten Bochschen Familiengruft.

Die Innenausstattung wurde anders gestaltet als in Wallerfangen: Boden und auch Wände wurden mit farbenfrohen Fliesen der Villeroy & Bochschen Werke gestaltet. So überlebte die Kirche viele Jahrzehnte und den Krieg - bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts. Damals wurde die ganze Farbenpracht überpinselt. St. Joseph hatte nun ein einheitlich weißes Innenleben. Die Erinnerung an die Farbenpracht erlosch im Lauf der Jahre. Erst um die Jahrtausendwende, bei den dem Zahn der Zeit geschuldeten Reparaturarbeiten, brachte sich die alte Farbenpracht wieder in Erinnerung.

Und jetzt ist sie komplett wiedererstanden: strahlend blau ausgemalt das hohe gotische Deckengewölbe - ein echter Himmel. Leuchtend vielfarbig die Fliesen an den Sockelwänden in Chor und Langhaus. Edel, in gemäßigten Tönen die Fliesen zwischen den Fenstern, dazu Wand- und Deckenmalereien. Knallbunt die Figuren des Terrakotta-Kreuzwegs. Nur die bleiverglasten Maßwerkfenster sind nahezu farblos geblieben - also anders als sonst in gotischen Kirchen, wo die Fenster bunt sind. Aber das waren die Mettlacher Kapellenfenster wohl ursprünglich auch: Winzige Zwickelchen im Fenstermaßwerk sind erhalten und verraten es.

Die Kapelle, in der man auch heiraten kann, liegt ein wenig versteckt zwischen Bahnhof und Abtei, nur das spitzgiebelige Dach mit seinen Fialen und Krabben guckt über die Dächer. Zur Zeit der Entstehung war das anders, der Blick vom Alten Turm zur Kapelle war frei. Mit der Vergrößerung der Keramischen Werke kamen Anbauten an der Abtei hinzu - die zum Teil nun wieder zurückgebaut werden sollen, um dem Ort sein altes Gesicht wiederzugeben.

Mettlach soll als Zentrum der europäischen Keramikkultur zu einem Tourismus-Highlight des Saarlandes werden. Allein V&B investiert dazu 20 Millionen Euro. Geplant sind unter anderem der Ausbau des Keramikmuseums zum "Keramikum", Markenausstellungen, Gastronomie, Verkaufs- und Outletflächen von rund 3000 Quadratmeter. Der Alte Turm, das älteste Bauwerk des Saarlandes, und natürlich die Kapelle St. Joseph sollen dafür wichtige Anziehungspunkte sein.

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