Familienförderung droht das EndeIndividuelle Lernwege

Merzig. Was bedeutet es für mich, wenn das Projekt nicht weitergeht? Diese Frage stellen sich zurzeit betreute Kinder des Lerncoaching-Projektes der Famfoe in der Merziger             Poststraße. Jetzt sucht der Verein für Familienförderung dringend nach Förderhilfen

 Viele Schüler mit Lernschwächen brauchen Hilfe. Foto: SZ

Viele Schüler mit Lernschwächen brauchen Hilfe. Foto: SZ

Merzig. Was bedeutet es für mich, wenn das Projekt nicht weitergeht? Diese Frage stellen sich zurzeit betreute Kinder des Lerncoaching-Projektes der Famfoe in der Merziger

Poststraße. Jetzt sucht der Verein für Familienförderung dringend nach Förderhilfen.

"Wenn wir in den kommenden Monaten keine Anschlussfinanzierung für die Fortsetzung unserer Arbeit hinbekommen, sieht es trübe aus", sagt Rita Berwanger-Bilsdorfer, geschäftsführende Vorsitzende des Vereins Famfoe in Merzig. Zurzeit kommen die Mittel überwiegend aus der Auerbach-Stiftung, die jährlich 150 000 Euro bereitstellt. Weitere 10 000 Euro schießt der Kreis Merzig-Wadern zur Deckung der Sachkosten zu, betont die Vereins-Leiterin, die allerdings beteuert: "Unser Problem liegt darin, dass die Fördermaßnahme der Auerbachstiftung jetzt ausläuft." Rund 30 Kinder werden zurzeit vom Verein betreut. Untergebracht sind die Schüler im Lerncoaching-Projekt. "Es sind ausschließlich Kinder und Jugendliche mit erschwerten Lernbedingungen und besonderem Förderbedarf", erklärt Marlies Bücher-Willkomm, Kinder- und Jugendtherapeutin und Projektleiterin des Lerncoachings. Die Arbeit sei über die vergangenen Jahre kontinuierlich erfolgreich gewesen, bestätigt die Erzieherin. Man könne auf eine beachtliche Erfolgsquote zurückblicken: "In den vergangenen drei Jahren kam es zu lediglich drei Abbrüchen." Die betreuten Kinder, für die das Weiterkommen in ihrer Schule äußerst fraglich war, konnten aufgrund der Intensivbetreuung alle versetzt werden. Ebenfalls habe es keine Gefährdung der in Aussicht gestellten Lehrstellen gegeben.

Neben zwei leitenden Mitarbeiterinnen sind im Projekt vier professionelle Honorarkräfte im Einsatz. "Wir unterstützen jedes Kind durch individuell zugeschnittene Förderangebote." Damit ließe sich sehr gut eine Stabilisierung im Schulsystem und eine Verbesserung der Lernleistung erreichen, betont Bücher-Willkomm: "Es gibt einen großen Unterstützungsbedarf für Kinder und Jugendliche aus belasteten Familien."

"Unsere guten Ergebnisse haben zur Folge, dass unsere Wartelisten voll sind", sagt die Projektleiterin. Das Projekt sei ausgebucht und Neuaufnahmen seien derzeit nicht möglich. "Es wäre ein Jammer, wenn wir mangels fehlender Finanzen das doch so erfolgreiche Projekt einstellen müssten", meint die Geschäftsführerin. Der soziale Verein weiß, dass seine Arbeit zur Vermeidung von Ausgrenzung und Eskalation schwieriger Entwicklungsverläufe beiträgt. Das erspare der öffentlichen Hand die oftmals sehr kostspieligen Jugendhilfemaßnahmen. Jetzt hofft man bei Famfoe nicht nur auf baldige Hilfe, sondern auch, von den politischen Gremien wahrgenommen zu werden.Frau Bücher-Willkomm, Sie betreuen Kinder mit erschwerten Lernbedingungen. Wie finden diese Kinder den Weg zu Ihnen?

Bücher-Willkomm: Es sind Eltern, die Hilfe suchend zu uns kommen, aber auch schulische Einrichtungen nehmen mit uns Kontakt auf. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen sich Schüler direkt an uns wenden, weil sie mit ihrer Lernsituation nicht fertig werden.

Lässt sich ein Hauptgrund dafür ausmachen, dass diese Kinder Lernschwächen zeigen?

Bücher-Willkomm: Überwiegend handelt es sich um Kinder aus Familien, deren Eltern sich nicht ausreichend kümmern können oder wollen. Wir müssen dann zunächst sehr sensibel den individuellen Bedarf des Kindes ermitteln und einen Lehrplan erstellen.

Frau Jakobi, wie muss man sich die einzelnen Abläufe eines Lerncoachings vorstellen?

Jakobi: Diese Prozesse sind modular aufgebaut. Zunächst geht es um das Erlernen von Lernstrategien und um Konzentrationsförderung. Nachhilfe in einzelnen Fächern, Lese- und Rechtschreibtraining und die Unterstützung im Arbeits- und Sozialverhalten sind solche Bausteine. Sehr wichtig ist die Förderung der Selbstständigkeit und Eigeninitiative bei schulischen Aufgaben.

Könnte man Ihr Projekt "Lerncoaching" als Nachmittagsbetreuung verstehen?

Jakobi: Grundsätzlich bieten wir keine Nachmittagsbetreuung oder Aufgabenhilfe an. Unser Ziel ist es, Kinder mit ausgewiesener Lernschwäche zu fördern. Dazu erstellen wir stets eine fundierte Eingangsdiagnostik. Wir wollen bei jedem Einzelnen wissen, wo der Schlüssel zum Erfolg oder Misserfolg begraben ist, bevor wir mit unseren unterstützenden Maßnahmen ansetzen.

Was bedeutete es für Ihre Schützlinge, wenn das Projekt mangels Geld zum Erliegen käme?

Jakobi: Daran wollen wir gar nicht denken. Die Kinder hätten dann niemand, der ihre Probleme in der Schule ernst nimmt und Zeit dafür hat. Es gäbe Ängste, den Abschluss nicht zu packen. Das Schlimmste wäre allerdings, wenn ihnen keiner mehr was zutraut.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort