Familien und Kinder finden Hilfe im Kreis

St. Wendel. Immer mehr Familien brauchen Hilfe. Eltern kommen mit der Erziehung ihrer Kinder nicht klar. Kinder und Jugendliche fallen negativ auf. Das merken auch die Jugendämter. So gab es bei den sogenannten Hilfen zur Erziehung im Saarland 2011 insgesamt 7972 Fälle, ein Anstieg von 2,5 Prozent gegenüber 2010.Das ist im ländlich strukturierten Landkreis St. Wendel nicht anders

 Hilfen zur Erziehung sind im Landkreis St. Wendel besonders gefragt - und dieser bewilligt sie auch sehr oft. Betreuer stehen den Familien dann vor Ort oder ambulant zur Seite. Foto: Krato/dpa

Hilfen zur Erziehung sind im Landkreis St. Wendel besonders gefragt - und dieser bewilligt sie auch sehr oft. Betreuer stehen den Familien dann vor Ort oder ambulant zur Seite. Foto: Krato/dpa

St. Wendel. Immer mehr Familien brauchen Hilfe. Eltern kommen mit der Erziehung ihrer Kinder nicht klar. Kinder und Jugendliche fallen negativ auf. Das merken auch die Jugendämter. So gab es bei den sogenannten Hilfen zur Erziehung im Saarland 2011 insgesamt 7972 Fälle, ein Anstieg von 2,5 Prozent gegenüber 2010.Das ist im ländlich strukturierten Landkreis St. Wendel nicht anders. "Die Fallzahl ist insgesamt deutlich angestiegen", sagt Landrat Udo Recktenwald (CDU) bei der Vorstellung eines Berichtes des Institutes für Sozialpädagogische Forschung Mainz. Bei den Hilfen zur Erziehung rangiert das St. Wendeler Land im Vergleich mit den anderen Landkreisen und dem Regionalverband sogar auf dem zweiten Platz. Pro 1000 Menschen unter 21 Jahren im Kreis gewährte das Jugendamt 52,3 Hilfen zur Erziehung, im Landesschnitt sind es nur 43,4 Hilfen. Das St. Wendeler Land ein Problemgebiet?

Nein, denn eigentlich sei diese hohe Fallzahl ein gewünschter Effekt der sozialraumorientierten Jugendhilfe, die der Landkreis vor einigen Jahren eingeführt hat. Diese setze auf stärkere Hilfen vor Ort, vermehrt auch auf Vorbeugung, will Eltern und Kinder möglichst früh erreichen, bevor die Probleme zu groß werden, sagt Recktenwald.

So setze das Jugendamt im Kreis St. Wendel auf so genannte ambulante Hilfen, die auch kostengünstiger sind, als die teilstationäre oder stationäre Unterbringung von Kindern im Heim oder in Pflegefamilien. Dass dieser Umbau der Jugendhilfe fruchtet, belegen statistische Zahlen. So ist der Anteil der ambulanten Hilfen zur Erziehung im Landkreis St. Wendel saarlandweit mit 72,7 Prozent deutlich am höchsten, der Landesdurchschnitt beträgt 52,9 Prozent. Beim Anteil der stationären Hilfen im Heim oder in Pflegefamilien liegt der Landkreis St. Wendel mit etwa 27 Prozent auf dem letzten Platz, der Landesdurchschnitt hier: 41 Prozent.

Ermittelt hat diese Daten das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz im Auftrag des saarländischen Landkreistages. "Integrierte Berichterstattung für die Hilfen zur Erziehung" heißt der konkrete Auftrag, der 2009 vergeben wurde und bis 2015 läuft. Ermöglicht wird durch die umfassende Untersuchung auch ein interkommunaler Vergleich. Auf der Datenbasis können die Jugendämter der Landkreise auch ihre Planungen und Konzeptionen verbessern.

Die Ergebnisse bestätigen für Landrat Udo Recktenwald und die Leiterin des Jugendamtes, Vera Meyer, die sozialraumorientierte Jugendhilfe der letzten Jahre. 2002 hat der Landkreis Pilotprojekte in mehrere Kommunen durchgeführt, 2006 die sozialraumorientierte Jugendhilfe kreisweit eingeführt. In den Kommunen sind Beratungszentren mit Mitarbeitern des Jugendamtes und von freien Trägern aufgebaut worden. Inhaltlich setzt die Jugendhilfe seitdem verstärkt auf Familien unterstützende und vorbeugende Hilfen statt kostenintensiveren, die die Familien ersetzen müssen. Zudem hat der Kreis die Finanzierung umgestellt. 80 Prozent des Geldes werden an die freien Träger pauschal gezahlt, sie sind damit bei ihrer Finanzierung nicht mehr vom Einzelfall abhängig. Vera Meyer: "Unser gewünschter Effekt ist eingetreten. Wir haben die Hilfen umgebaut und erreichen mehr Kinder und Jugendliche." Dabei sind die Bruttoausgaben für Hilfen zur Erziehung pro Kind und Jugendlichem unter 21 Jahren im Landkreis St. Wendel landesweit am niedrigsten. Umgerechnet gibt der Kreis pro Kind 427,80 Euro aus. Landesweit sind dies 573,9 Euro. Allein für die Hilfen zur Erziehung muss der Landkreis im Jahr trotzdem noch sieben Millionen Euro bereitstellen.

Das Mainzer Institut hat sich auch mit der Kindertagesbetreuung befasst. Auch hier liegt das St. Wendeler Land vorne, hat mit 274,6 Plätzen pro 1000 Kinder unter drei Jahren den höchsten Anteil an Kitaplätzen im Land, im Landesschnitt sind es 176,2. Recktenwald: "Das führt aber leider nicht dazu, dass bei uns mehr Kinder geboren werden. Viele junge Menschen wandern in städtische Räume ab."

Stichwort

Sozialraumorientierung bezeichnet ein bestimmtes Konzept sozialer Arbeit, bei dem es darum geht, Lebenswelten so zu gestalten und Verhältnisse zu schaffen, dass sie es Menschen ermöglichen, besser in schwierigen Lebenslagen zurechtzukommen. Der Landkreis hat für seine Jugendarbeit 2008 folgende Ziele formuliert: effektivere, flexible und bedarfsorientiert Hilfe, Einbeziehung ehrenamtlicher (Vereine, Verbände) und professioneller (Kitas, Schulen) Ressourcen, Kooperation mit freien Trägern, Regionalisierung der Hilfen, dezentrale Jugendhilfestrukturen mit Familienberatungszentren vor Ort, Pauschalfinanzierung der Hilfeleistungen. red

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