Experte rügt Regierung wegen Stimmzetteln

Saarbrücken/Bonn. Im Streit um die Stimmzettel für die Landtagswahl hat sich jetzt der Bonner Rechtsprofessor Wolfgang Schreiber zu Wort gemeldet. Der Autor des Standardkommentars zum Bundeswahlgesetz verortet "die Ursache des Problems im saarländischen Innenministerium"

Saarbrücken/Bonn. Im Streit um die Stimmzettel für die Landtagswahl hat sich jetzt der Bonner Rechtsprofessor Wolfgang Schreiber zu Wort gemeldet. Der Autor des Standardkommentars zum Bundeswahlgesetz verortet "die Ursache des Problems im saarländischen Innenministerium". Schließlich lege dieses in der Landeswahlordnung "Inhalt und Form der Stimmzettel" für die Wahl fest. Stein des Anstoßes ist der Orientierungspfeil auf dem Stimmzettel, der dem Wähler klar machen soll, dass er sein Kreuz in der rechten Spalte machen soll. Dieser ragt in das CDU-Feld als erstem Kästchen. Im Neunkircher Wahlkreis berührt er sogar fast den Kreis im CDU-Feld. Schreiber, der früher Abteilungsleiter im Bundesinnenministerium war, sagte der SZ, in der im Januar im Amtsblatt veröffentlichten Landeswahlordnung sei als Anlage bereits ein Stimmzettel-Muster enthalten gewesen, bei dem der Pfeil ins CDU-Feld ragte. An dieses vom Innenministerium als "Verordnungsgeber" vorgegebene Muster habe sich die Landeswahlleiterin gehalten. Er betonte: "Ich hätte als Verordnungsgeber der Landeswahlordnung ein solches Muster nicht beigefügt."Der Jurist sagte: "Sie werden erleben, dass diese Wahl angefochten wird." Im Wahlprüfungsverfahren werde dann geprüft, ob die Gestaltung der Stimmzettel ausschlaggebend für die Mandatsverteilung gewesen sein könnte. Je knapper das Wahlergebnis, desto eher könnte dies sein. Er fügte hinzu: "Ich hätte die Stimmzettel neu drucken lassen - allein um von vorneherein jeden Anschein und jede Gefahr einer Wahlanfechtung auszuschließen." Zuvor hatten bereits der Parteienrechtler Professor Martin Morlok und frühere Verfassungsrichter Hans Hugo Klein empfohlen, die Zettel neu zu drucken. Der Psychologie-Professor an der Saar-Uni, Professor Dirk Wentura, schloss nicht aus, dass der Pfeil einen - wenn auch relativ kleinen - Teil der Wähler bei der Stimmabgabe beeinflussen könnte. Landeswahlleiterin Karin Schmitz-Meßner lehnte jedoch einen Neudruck der Stimmzettel ab.Das Innenministerium stellte sich gestern hinter Schmitz-Meßner. Es erklärte, der Pfeil sei "keineswegs geeignet", zur "Irreführung oder Verwirrung" der Wähler zu führen. Man habe die Änderungsverordnung zur Landeswahlordnung den im Landtag vertretenen Parteien schon im Oktober 2008 zur Kenntnis gegeben. Diese hätten nichts beanstandet. Zudem habe man den Pfeil im Stimmzettel-Muster der Landeswahlordnung von 2009 gegenüber der entsprechenden Anlage des Jahres 2003 "nicht geändert". Tatsächlich ragte schon im Muster von 2003, das das Ministerium der SZ gestern zur Verfügung stellte, die Spitze des Pfeils minimal über die Begrenzungslinie des CDU-Kästchens - jedoch nicht ganz so weit wie im jetzigen Muster. Vor allem aber blieb der Pfeil bei den später erstellten Stimmzetteln, die bei der Landtagswahl 2004 benutzt wurden, über dem CDU-Feld, berührte es also nicht.

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