Bis 16. Oktober schmökern Was die Kinder- und Jugendbuchmesse in Saarbrücken für kleine Leseratten bietet

Saarbrücken · Es wimmelt wieder. Die Europäische Kinder- und Jugendbuchmesse ist eröffnet. Sie will bis 16. Oktober zeigen, was Kinder während Corona vermissten.

 Hier bekommt die Fantasie Flügel: Stefanie Harjes, umgeben von eifrig plaudernden Kindern.

Hier bekommt die Fantasie Flügel: Stefanie Harjes, umgeben von eifrig plaudernden Kindern.

Foto: Oliver Dietze

Sie reichen einem gerade bis zum Bauchnabel und wuseln im Pulk durch die Tür. Eine aufgeregte Horde sehr kleiner Schulkinder stürmt das KuBa – Kulturzentrum am Eurobahnhof. Ihre Gesichter sind halb verdeckt von medizinischen Masken. Aber was das für Masken sind! Bonbonrosa, mit Blümchen verziert, mit Spiderman drauf, mit Smileys... Das ist schonmal das erste, was man bei dieser Europäischen Kinder- und Jugendbuchmesse lernt: Corona bestimmt unser Leben schon lange genug, dass geschäftstüchtige Menschen gelernt haben, alles auf Masken zu drucken, was das Schulkinderherz begehrt.

Ein paar Schritte weiter sitzt eine andere Kinderschar in einem Workshop der Bilderbuchkünstlerin Stefanie Harjes. Und wieder lernt man etwas. Man erkennt nämlich deutlicher als in allen Sonntagsreden, wie lebensnotwendig für die kindliche Entwicklung das gemeinsame kreative Erleben ist. Harjes, die den Kindern die wundervoll surrealistischen Bilder aus ihrem Buch „Der Stein und das Meer“ zeigt, lockt aus den Knirpsen immer neue Ideen heraus. Von Seite zu Seite kann man beobachten, wie die Fantasie in den Köpfen der Kinder immer stärker sprudelt. Fische mit Frauen­kopf, ein Riesenrad am Meeresgrund, wundersame Quallen – alles nochmal so anregend, wenn man es gemeinsam mit vielen anderen entdeckt.

Der ideale Ort, um solche Fantasiereisen mit anderen gemeinsam zu erleben, ist die Europäische Kinder- und Jugendbuchmesse. Und in diesem Jahr findet sie tatsächlich wieder statt. Live und in Farbe. Dieses Glück konnten bei der Eröffnung am Mittwochvormittag Messechef Igor Holland-Moritz und seine Gäste gar nicht oft genug bejubeln. Er sei ja ein Sonntagskind, meinte Holland-Moritz, deshalb habe alles so gut geklappt, dass sogar die Corona-Regeln pünktlich zur Messe gelockert wurden. Es dürfen also viel mehr Kinder rein. Die Messestimmung profitiert davon enorm.

Am Eingang zum KuBa haben die jungen Frauen vom Sozialpflegerischen Berufsbildungszentrum (SBBZ) entsprechend alle Hände voll zu tun. Sie prüfen Impfpässe und Anmeldungen, verteilen farbige Bändchen an Lehrerinnen, Lehrer und ihre jeweiligen Rasselbanden.

Überhaupt würde ohne die Kooperation der Messe mit dem SBBZ nichts laufen. Die Studierenden betreuen Autorinnen und Autoren, sie begleiten Schulklassen, kümmern sich um den Empfang, sorgen dafür, dass alle wissen, in welchem Raum, in welchem Gebäude auf dem Eurobahnhofgelände „ihre“ Lesung ist und und und.

Die jungen Leute lernen eine Menge in diesen vier Tagen, erzählt eine Lehrerin. Sie steht am Eingang zum großen Saal im Gebäude der Stiftung Demokratie und ist etwas nervös. Denn die Autorin Juma Kliebenstein, die hier gleich vor einer sehr großen Schar von Kindern lesen soll, steckt im Stau. Und der für diesen Lesesaal zuständige Betreuer ist ausgerechnet am Abend vorher krank geworden.

Das sind die Unbilden einer solchen Messe. Irgendwas geht immer schief und klappt dann meistens doch. Juma Kliebenstein schafft es mit knapper Verspätung zu ihrer Lesung, und ihre Geschichte von drei Geschwistern mit „Sieben Tage sturmfrei“ kommt gut an.

Währenddessen erfahren im Lesesaal der Wissenswerkstatt einige Grundschulkinder nicht nur, wie lustig das Leben mit einem außerirdischen Wellensittich ist. Tobias Goldfarb, der sich die herrlich skurrile Geschichte „Fonk – Geheimagent aus dem All“ ausgedacht hat, weiht die Kinder auch in die weniger glitzernden Seiten des Autorenlebens ein. Zum Beispiel in das geheime Wissen, was er als Autor verdient. „Zehn Euro kostet mein Buch, davon bekomme ich 60 Cent“. Das empörte, laute „Waaaaasss??!“ der Kinderschar müsste eigentlich bis in die Verlagsetagen hörbar gewesen sein.

Ganz neu ist in diesem Jahr der Spiel­ort der Kinder- und Jugendbuchmesse. Sie findet rund um das KuBa – Kulturzentrum am Eurobahnhof statt. In der KuBa-Galerie ist das Herzstück der Messe, die Bücherschau, eingerichtet. Hier haben einige Initiativen ihren Stand. Und auf großen Gestellen werden haufenweise allerschönste Bücher präsentiert.

Schon vor der eigentlichen Eröffnung stöbern und schmökern hier die ersten Kinder, obwohl die Räume am frühen Morgen noch ein bisschen kahl aussehen. Da dürfte im Laufe der Zeit noch etwas mehr Gemütlichkeit einkehren. Ansonsten ist das KuBa nebst Eurobahnhofgelände ein prima Ort für die Messe. Da viele Nachbarn dort mit im Boot sind, gibt es an vielen Orten Raum für Lesungen. Bunte Luftballons markieren jeweils die Wege.

 In der Bücherschau ist schon am frühen Morgen einiges los.

In der Bücherschau ist schon am frühen Morgen einiges los.

Foto: Oliver Dietze
 Juma Kliebenstein hat es trotz Stau noch zu ihrer Lesung im Saal der Stiftung Demokratie auf dem Eurobahnhofgelände geschafft.

Juma Kliebenstein hat es trotz Stau noch zu ihrer Lesung im Saal der Stiftung Demokratie auf dem Eurobahnhofgelände geschafft.

Foto: Oliver Dietze

Und die Lage, so direkt am Bahnhof, ist ohnehin nicht zu schlagen. Eine Grundschulklasse aus Eppelborn sei heute zum ersten Mal gekommen, erzählt Messe-Präsidentin Doris Pack. Die Lehrerin habe sich deshalb zum Besuch entschlossen, weil sie bequem mit dem Zug zur Messe kommen konnte – und nicht Gefahr lief, durch die Stadt zu müssen mit ihrer hummeligen Horde kleiner Kinder. Denn die sind bekanntlich schwer zu bändigen – da können die Masken noch so mädchenrosa sein.
www.buchmesse-saarbruecken.eu

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