EU macht Salzfass zu

Merzig-Wadern. Im Streit um den Salz-Gehalt von Brot hat die EU-Kommission auf Druck der deutschen Bäcker in dieser Woche eingelenkt. Noch mindestens sechs Jahre dürfen deutsche Backwaren zwischen 1,5 und zwei Gramm Salz pro 100 Gramm Mehl enthalten. Bei den Bäckern im Kreis Merzig herrscht über diese Entscheidung Zufriedenheit

Merzig-Wadern. Im Streit um den Salz-Gehalt von Brot hat die EU-Kommission auf Druck der deutschen Bäcker in dieser Woche eingelenkt. Noch mindestens sechs Jahre dürfen deutsche Backwaren zwischen 1,5 und zwei Gramm Salz pro 100 Gramm Mehl enthalten. Bei den Bäckern im Kreis Merzig herrscht über diese Entscheidung Zufriedenheit. Mit nur einem Prozent Salz im Mehl würden die Backwaren fade schmecken, sagt Bäckermeister Peter Tinnes von der gleichnamigen Bäckerei in Merzig: "Mit nur einem Gramm Salz ist es backtechnisch und geschmacklich nicht möglich, ein gutes Brot zu backen. Da war die EU mal wieder sehr voreilig." Vom Geschmack her sei das deutsche Brot das Nonplusultra, gerade bei kräftigen Brotsorten würde sich das auswirken. "Ich hätte mich eh' nicht dran gehalten", bekennt Tinnes, der in seiner Bäckerei 1,8 bis 2 Gramm Salz auf 100 Gramm Mehl verwendet.Auch sein Kollege Alexander Louis von der Bäckerei Louis (verschiedene Filialen im Landkreis, das Haupthaus ist in Weiskirchen) findet es gut, dass der EU-Vorschlag gekippt wurde. "Dies sollte man generell überdenken, ehe die handwerkliche Qualität sinkt", hofft er, dass der Vorschlag nicht in sechs Jahren nicht wieder aufs Programm kommt. Nur ein Prozent Salz würden die Verbraucher sofort merken. Dem Brot fehle dann das "gewisse Etwas, es wäre leerer, nicht so rund im Geschmack", sagt Louis. Er verwendet 1,8 Prozent Salz, bei Brötchen 2,1 bis 2,2 Prozent.Dass EU-Parlamentarier in einem Geschmackstest keinen Unterschied zwischen Brot mit einem und zwei Gramm Salz schmecken konnten, kann auch Karl-Heinz Hahn von der Bäckerei Hahn mit Filialen in Düppenweiler, Haustadt und Honzrath wie seine Kollegen nicht glauben. "Das ist eine EU-Geschichte, die auf dem deutschen Markt schlecht durchzusetzen ist", sagt er. Die Eiweißstoffe im Mehl ließen sich nur durch Salz binden. Je weniger Salz, desto weicher der Halt. Im Sinne des Verbrauchers sei die Entscheidung gut, auch Hahn hätte sich sowieso nicht dran gehalten. Probleme in der Verarbeitung gäbe es vor allem bei Roggenprodukten. Ein Roggenteig mit nur einem Gramm Salz pro 100 Gramm Mehl sei schmierig und schlecht zu verarbeiten, das Produkt nass und feucht sowie auch schlechter verdaulich. Hahn: "Wenn bei den Lehrlingen mal etwas schief läuft und sie nur halb so viel Salz nehmen, merkt man ja, dass es fade schmeckt. Das EU-Amt, das damit betraut ist, sitzt in Italien. Die Italiener backen nur mit Weizenmehl, Roggen kennen die gar nicht." Hahn nimmt für gewöhnlich 1,5 Gramm Salz auf 100 Gramm Mehl.Diese europaweiten Unterschiede kennt auch Gerd Berger von der Bäckerei Berger in Reimsbach von seiner Arbeitszeit in Großbritannien, wo es nur "labbriges" Brot gab. In Süd-Europa kenne man nur Weizenbrote, Roggen sei erst in Deutschland und in Skandinavien populär. Auch Berger ist überzeugt: Mit einem Gramm Salz lässt sich kein vernünftiges Brot backen. Berger isst am liebsten Roggenbrot, mal eins mit nur einem Gramm Salz zu probieren, möchte er gar nicht erst. Auch kann sich der Reimsbacher nicht vorstellen, dass sich der EU-Plan gegen den Widerstand der deutschen Bäcker in sechs Jahren umsetzen ließe: "Wir machen hier über 300 Sorten Brot und sollen uns dann das von anderen vorschreiben lassen, die nur fünf, sechs Sorten machen?" Merzig-Wadern. "Mit nur einem Gramm Salz ist es backtechnisch und geschmacklich nicht möglich, ein gutes Brot zu backen."Peter Tinnes, Bäcker aus Merzig

HintergrundAuslöser des Streits um den Salzgehalt von Brot war eine EU-Verordnung aus dem Jahr 2006, die vorschreibt, gesundheitsbezogene Werbe-Aussagen zu durchforsten und nur noch abhängig von wissenschaftlichen Grundlagen zu erlauben. Dazu wurde die Europäische Lebensmittelbehörde (Efsa) im italienischen Parma beauftragt, entsprechende Grenzwerte von Salz, Zucker und Fett festzulegen. Als die Italiener den Salzgehalt für ihrer Meinung nach gesundes Brot und andere Backwaren auf ein Prozent festlegen wollten, gingen Deutschlands Bäcker auf die Barrikaden. raps

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