Etwas Hilfe vom Nikolaus wäre ihm recht

Saarbrücken. Alain Sadler (49) ist im Stress. Sein gelber DHL-Transporter ist am Samstagmorgen vollgestopft mit Paketen. Manche sind sperrig und liegen auf dem Boden der Ladefläche, andere sind kleiner und stapeln sich in den Regalen. Schlecht gelaunt ist der drahtige Franzose dennoch nicht. "Ich bin seit elf Jahren Paketzusteller bei der Post. Vor Weihnachten haben wir viel zu tun

 Behält den Überblick über Berge von Weihnachtspäckchen: Alain Sadler ist seit elf Jahren Paketzusteller bei DHL. Foto: Iris Maurer

Behält den Überblick über Berge von Weihnachtspäckchen: Alain Sadler ist seit elf Jahren Paketzusteller bei DHL. Foto: Iris Maurer

Saarbrücken. Alain Sadler (49) ist im Stress. Sein gelber DHL-Transporter ist am Samstagmorgen vollgestopft mit Paketen. Manche sind sperrig und liegen auf dem Boden der Ladefläche, andere sind kleiner und stapeln sich in den Regalen. Schlecht gelaunt ist der drahtige Franzose dennoch nicht. "Ich bin seit elf Jahren Paketzusteller bei der Post. Vor Weihnachten haben wir viel zu tun. Aber das gehört dazu." Wer beim Anblick der vielen Pakete ein wirres Durcheinander vermutet, irrt. "Um acht Uhr war ich in der Hauptpost und habe meinen Lieferwagen beladen. Ich habe ein eigenes System", sagt er und grinst breit. Dann schiebt er die Ladetür auf, schnappt sich ein Paket und flitzt los. "Guten Morgen", ruft er bei einem Autohaus in Malstatt. Die Dame am Empfang grüßt zurück. "Gibt wohl Schuhe zu Weihnachten", sagt Sadler und bringt das Paket, auf dem das Logo eines Internet-Schuhshops prangt, zum Platz des Autoverkäufers. "Der hat heute frei", sagt die Empfangsdame und fragt dann: "Kaffee?" "Nein, keine Zeit. Muss weiter." Die Tage in der Vorweihnachtszeit sind lang. "Von 8 bis 18 Uhr. Manchmal sogar bis halb sieben." Etwa 200 Pakete, schätzt er, liegen heute in seinem Transporter. "Das ist ungefähr doppelt so viel wie sonst." Martin Pfeiffer, Zustellbasisleiter bei der Hauptpost in Saarbrücken, kennt die genauen Zahlen. "Letzte Woche hatten wir eine Tagesverkehrsmenge von rund 14 600 Paketen und Päckchen. Vergleicht man das mit dem Durchschnittswert, kommen wir auf 190 Prozent." In der Woche vor Weihnachten wird's noch mehr. "Da erwarten wir einen Tagesdurchschnitt von 16 000 Paketen. Das sind dann tatsächlich 200 Prozent. Also doppelt so viele wie sonst!" 90 Bezirke im Stadtverband und in angrenzenden Ortschaften wie Quierschied oder Kleinblittersdorf werden über die Hauptpost abgewickelt. "Wir beliefern etwa ein Viertel der Bevölkerung im Saarland", beschreibt Pfeiffer. "In den Wochen vor Weihnachten stocken wir das Personal auf. Normalerweise sind 51 Zusteller in dem Gebiet unterwegs. Jetzt haben wir aber gerade 75 beschäftigt." Etwa 90 Prozent der Paketzusteller sind Männer.Um die Paketmenge zu bewältigen, wird auch am Sonntag vor Weihnachten ausgefahren. "Ich bin morgen auch in meinem Gebiet unterwegs. Dafür habe ich am Donnerstag frei", sagt Sadler und springt schon wieder aus dem Auto. Wer mit Sadler, den seine Kollegen Jacques getauft haben, Schritt halten will, muss tief Luft holen. Jeder Griff sitzt, Stockwerke überwindet er im Sauseschritt. "Ach, da sind Sie ja wieder", lacht die ältere Dame im vierten Stock eines Mehrfamilienhauses in Malstatt. Ein Weihnachtsgeschenk ist im Päckchen für die Dame allerdings nicht drin. "Nein, das sind meine Medikamente, die bestellt mein Sohn im Internet." "Wie geht's Ihnen heute?", fragt Sadler. "Ach, wie immer", antwortet sie. "Ich komme ja nicht raus. Deswegen freue ich mich, wenn Sie vorbeikommen." Für die Dame nimmt sich Sadler Zeit. Überhaupt pflegt er zu seinen Kunden einen freundschaftlichen Kontakt. Malstatt kennt er wie seine Westentasche und "die meisten Kunden kenne ich viele Jahre". So wie im Nachbarhaus. In die Sprechanlage ruft er: "Ich bin's. Post!" Auf dem Treppenabsatz steht die 15-jährige Tochter des Empfängers. "Papa ist nicht da!" Der Absender ist der weltweit bekannteste Internet-Shop. Vielleicht ein Weihnachtsgeschenk? "Keine Ahnung", sagt das Mädchen und grinst schüchtern. "Grüß den Papa von mir", verabschiedet sich der quirlige DHL-Mann und läuft die Treppen runter. Ein bisschen Hilfe vom Weihnachtsmann würde Sadler schon gerne annehmen. "Er könnte doch die Hälfte von meiner Fuhre übernehmen", zwinkert er. Trotz Stress macht ihm seine Arbeit "viel Spaß, die Menschen sind besonders gut gelaunt zur Weihnachtszeit, ich kriege viel Trinkgeld, mal fünf oder zehn Euro, einmal habe ich sogar 40 Euro bekommen". Neben Geld kriegt Sadler auch Wein oder Plätzchen. "Ja, das freut mich", sagt er. Dann startet er wieder den Motor, winkt, ruft "Frohe Weihnachten" und entschwindet in die nächste Straße.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort