Schulpartnerschaft Völklingen-Aydin Die erste Klassenfahrt in die Türkei

Völklingen-Heidstock · Es ist eine Premiere in politisch bewegten Zeiten: Schüler aus dem Saarland beginnen eine Partnerschaft mit Schülern in der Türkei.

 Der Schulleiter des Völklinger Berufsbildungszentrums (BBZ), Norbert Moy (l.), die die Reise begleitenden Lehrerinnen Julia Günther (hintere Reihe 2. v l. ) und Yesim Tasci (hintere Reihe 3. v. l.), der Lehrer und Projekt-Organisator Kadir Cetin (r.)  und die Schüler, die in die Türkei reisen: Andreas Woll,  Samuel Wünschner, Harun Ciftci, Seher Karas, Johannes Rolshauden, Sophie Gerten, Anna Lena Butterbach,  Michael Schostock und Jonas Dietrich.

Der Schulleiter des Völklinger Berufsbildungszentrums (BBZ), Norbert Moy (l.), die die Reise begleitenden Lehrerinnen Julia Günther (hintere Reihe 2. v l. ) und Yesim Tasci (hintere Reihe 3. v. l.), der Lehrer und Projekt-Organisator Kadir Cetin (r.)  und die Schüler, die in die Türkei reisen: Andreas Woll,  Samuel Wünschner, Harun Ciftci, Seher Karas, Johannes Rolshauden, Sophie Gerten, Anna Lena Butterbach,  Michael Schostock und Jonas Dietrich.

Es könnte ähnlich wie in der heiteren Familien-TV-Serie „Türkisch für Anfänger“ werden. Die deutsch-türkische Familie sitzt gemeinsam um den Esstisch und tauscht sich über die Vorurteile aus, die man übereinander pflegt. Denn morgen Früh starten neun Oberstufen-Schülerinnen und -Schüler des Völklinger Berufsbildungszentrums (BBZ) Richtung Aydin, einer Stadt an der türkischen Westküste mit knapp 200 000 Einwohnern. Diese Reise sei der Beginn der ersten deutsch-türkischen Schulpartnerschaft im Saarland, sagt Kadir Cetin, eine der drei Lehrkräfte, die die Schülerinnen und Schüler zu ihrem siebentägigen „Abenteuer“ begleiten. „Über den eigenen Tellerrand schauen“, lautet das Motto des BBZ-Projekts, das von der Robert-Bosch-Stiftung so kräftig unterstützt werde, dass der Eigenbeitrag pro Schüler nur bei 100 Euro liege, so Cetin. Über den Tellerrand schauen die zwischen 17 und 21 Jahre alten Schülerinnen und Schüler in Gastfamilien. „Womit fangen Vorurteile an?“, fragt BBZ-Schulleiter Norbert Moy gestern in seinem Dienstzimmer die Türkei-Exkursions-Teilnehmer. „Deutsche essen Sauerkraut, die Türken Kebab“, schiebt Moy zur Erheiterung der Runde nach.

Von diesen Stereotypen werden sich die Schülerinnen und Schüler rasch trennen, so sie überhaupt vorhanden sind. „In der Türkei gibt es Oliven zum Frühstück. In Deutschland ist das undenkbar. Das sind Essgewohnheiten, die wir reflektieren werden“, unterstreicht Cetin. Er berichtet, dass die Region Aydin für Feigen- und Olivenanbau bekannt ist.

Dabei haben die türkischen Gastgeber einen kleinen Heimvorteil. Denn die Schüler der Aydin Atatürk-Anadolu-Lisesi lernen an ihrem Gymnasium Deutsch, die Völklinger Gäste am Heidstock jedoch kein Türkisch. Dabei gehen die Völklinger Schüler mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Erwartungen nach Aydin. „Ich war bereits ein Jahr in den USA zum Austausch und bin gespannt, wo die Unterschiede sein werden“, sagt einer der Schüler. Ein anderer bekennt, noch nie geflogen zu sein. Und einer Schülerin, die schon mehrmals in der türkischen Ferienregion Antalya mit ihrer Familie Urlaub machte, schwärmt von den Märkten in der Türkei. „Ich fahre mit halb leerem Koffer nach Aydin, denn ich will dort einkaufen“, sagt die 21-Jährige und lacht. „Ja, das Marktleben wird ein besonderes Erlebnis“, sagt Lehrer Cetin. Denn die jungen Völklinger sollen auch lernen, dass die Preise für die Waren auf den Märkten keinesfalls „Festpreise“ sind, sondern dass das Feilschen zum Lebens-Elixier gehört. Dabei müssen die Völklinger Schüler ihre Kopfrechenkünste bemühen, denn die türkische Lira verliert wegen der Inflation ständig an Wert.

Von Sorgen wegen der angespannten deutsch-türkischen politischen Beziehungen infolge der Politik des Präsidenten Rezep Tayyip Erdogan, der Verhaftung tausender Zivilisten, deutscher Touristen und Journalisten, der Wirrungen um den Rücktritt Mesut Özils aus der deutschen Nationalelf ist wenig zu spüren in der Reisegruppe. „Ich will mir selbst ein Bild machen“, betont einer der Schüler. Schulleiter Moy erklärt, dass man den Aufenthalt in einer türkischen Familie nicht im Reisebüro buchen könne. „Pflegen sie die neuen Freundschaften, dann haben sie viel erreicht“, rät Moy, der CDU-Fraktionschef in der Regionalversammlung ist, den Schülern.

Dazu haben die Völklinger im nächsten Frühjahr Gelegenheit, wenn der Gegenbesuch ansteht und die türkischen Gäste „über den Tellerrand“ im Saarland schauen werden. Und interessiert an Bibbelsches Bohnensupp´ und Dibbelabbes schnuppern.

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