Erste Pfarrerin seit 1576

Heusweiler · Sie war die Wunschkandidatin des Presbyteriums und wurde nun auch – mit achtmal „Ja“ und einmal „Nein“ – gewählt: Kerstin Marx wird die evangelische Pfarrei in Heusweiler übernehmen.

 Pfarrerin Kerstin Marx

Pfarrerin Kerstin Marx

 Das Presbyterium wählte in der evangelischen Kirche die neue Pfarrerin: Ronald Kunkel, Joachim Conrad und Superintendent Christian Weyer (von links) bei der Stimm-Auszählung. Fotos: Andreas Engel

Das Presbyterium wählte in der evangelischen Kirche die neue Pfarrerin: Ronald Kunkel, Joachim Conrad und Superintendent Christian Weyer (von links) bei der Stimm-Auszählung. Fotos: Andreas Engel

Das Presbyterium hat gewählt: Kerstin Marx wird Pfarrerin in Heusweiler. Nach über 400 Jahren - 1576 trat hier der erste Pfarrer seinen Dienst an - ist die Pfarrei damit zum ersten Mal in weiblicher Hand. Acht der neun wahlberechtigten Presbyter der etwa 2600 Mitglieder umfassenden evangelischen Gemeinde stimmten für Kerstin Marx. Professor Dr. Joachim Conrad, Pfarrer der Kirchengemeinde Cölln (Köllerbach) und seit Pfarrer Dieter Torkars' Pensionierung auch Vakanzverwalter für Heusweiler, leitete die Wahl und freute sich über das Ergebnis: Köllerbach habe 25 Jahre lang eine Pfarrerin gehabt, und das habe der Gemeinde gut getan, erklärte Conrad. Denn ein Blickwechsel, ein Wechsel der Perspektive, wirke sich gut aus.

Die Küsterin Ulrike Grün meinte voller Begeisterung: "Ich finde das ganz toll. Mich freut es. Ich habe sie schon beim Probegottesdienst kennengelernt." Und auch der oberste Dienstherr, Christian Weyer, Superintendent des Kirchenkreises Saar-West, erklärte, man habe eine gute Wahl getroffen. "Der theologische Nachwuchs ist weiblich", so Weyer, denn der Beruf sei attraktiv für Frauen. Im Kirchenkreis gibt es derzeit 48 Pfarrer und 20 Pfarrerinnen - und fünf freie Stellen; es sei gar nicht so einfach, die zu besetzen, so der Superintendent. Heusweiler musste seit November ohne eigenen evangelischen Pfarrer auskommen.

Es habe im Vorfeld auch zwei männliche Bewerber gegeben, die den Vorstellungen des Presbyteriums aber nicht entsprochen hätten, so der Vorsitzende des Presbyteriums Ronald Kunkel. So habe das Presbyterium die Initiative ergriffen und sei auf Kerstin Marx zugegangen. Ein Pluspunkt sei beispielsweise, dass Kerstin Marx, Jahrgang 1975, der Pfarrei noch lange erhalten bleibe.

Kerstin Marx stammt aus Riegelsberg. Sie hat in Saarbrücken und Bonn studiert, war Vikarin in Lebach, Pfarrerin in Riegelsberg und hatte, durch den sogenannten Kanzeltausch am dritten Sonntag im Monat, schon damals in Heusweiler Sonntagspredigten gehalten, bevor sie nach Sachsen-Anhalt ging.

Die Wahl fand im Rahmen eines Gottesdienstes statt. Als improvisierte Wahlkabine diente der Bereich hinter dem Altar. "Wir weihen nicht von oben, sondern wir wählen von unten", erklärte Superintendent Christian Weyer. Das Pfarramt sei "nicht irgendein Job. Es ist eine besondere Verantwortung und eine besondere Würde. Da darf es kein Wenn und kein Aber geben." Kerstin Marx wurde telefonisch über ihre Wahl benachrichtigt. Zurzeit ist sie Pfarrerin in Garlipp (Ortsteil der Stadt Bismark) und muss noch eine Kündigungsfrist von drei Monaten einhalten.

Frauen im Pfarramt gibt es übrigens auch in der evangelischen Kirche noch nicht sehr lange. Es gab zwar bereits 1911 Vikarinnen, die allerdings ehelos und zölibatär leben mussten. Im Zweiten Weltkrieg, als die Pfarrer an der Front waren, übernahmen Vikarinnen die Arbeit des Pfarrers in einer Gemeinde. Offiziell gibt es Pfarrerinnen jedoch erst seit Anfang der 1970-er Jahre. In Heusweiler waren seit 1576 genau 22 Männer im Amt, bevor nun eine Frau folgt.

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