Erinnerung kann traurig machen

Neunkirchen. Ich stehe in der Straße meiner Kindheit mit einem wehmütigen Lächeln. Wie hast Du Dich verändert? Wo ist die stille Vertrautheit geblieben? Wo sind die Menschen, die ich einst kannte? Die Nachbarn, die Freundinnen, die urgemütliche Kneipe an der Ecke? Die Metzgerfrau von vis-à-vis, die immer ein Stück Wurst für mich hatte? Farbe blättert von den Fassaden

Neunkirchen. Ich stehe in der Straße meiner Kindheit mit einem wehmütigen Lächeln. Wie hast Du Dich verändert? Wo ist die stille Vertrautheit geblieben? Wo sind die Menschen, die ich einst kannte? Die Nachbarn, die Freundinnen, die urgemütliche Kneipe an der Ecke? Die Metzgerfrau von vis-à-vis, die immer ein Stück Wurst für mich hatte? Farbe blättert von den Fassaden. Abgase ausspuckende Autoschlangen vor der Ampel. Fremde Gesichter starren mich an. Ich stehe vor meinem Elternhaus, wo meine Wurzeln sind, wo ich heimisch war und Geborgenheit fand, wo ich den ersten Schultag erlebte, mit einem Puppenwagen spazieren fuhr, meine ersten Runden mit dem Fahrrad drehte, wo ich seilsprang, Ringelreihen und Fangen spielte. Wo ich meine aufgeschlagenen Knie beweinte und den ersten Liebeskummer. Wo ich Fernweh hatte nach der großen Welt da draußen. Es machte mich traurig, weil alles so anders ist. Keine vertrauten Gesichter, kein Lächeln von der lieben Nachbarin. Kein Streicheln von der Mutter und Ermahnungen vom Vater, keine Kissenschlachten mit dem Bruder und kein fröhliches Geplänkel und Freundinnengetuschel mehr. Wie vergänglich ist doch alles, und wie veränderlich ist unsere Welt. Wo sind sie geblieben, die Menschen von einst? - Es ist nichts mehr so, wie es einmal war, auch die Straße meiner Kindheit ist mir fremd geworden. Elfriede Schild

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