Er weiß, wie die Uhren ticken

Wemmetsweiler · Sieben Mal Gold gab es 2013 für Handwerker-Jubilare aus dem Kreis Neunkirchen, die vor 50 Jahren ihre Meisterprüfung abgelegt haben. Die Handwerkskammer des Saarlandes ehrte sie – die SZ stellt sie vor.

 Fingerspitzengefühl, eine ruhige Hand und ein gutes Auge sind gefragt: Uhrmachermeister Engelbert Hoffmann arbeitet an einem Standuhrwerk. Vor 50 Jahren legte der heute 77-Jährige seine Meisterprüfung ab. Foto: Thomas Seeber

Fingerspitzengefühl, eine ruhige Hand und ein gutes Auge sind gefragt: Uhrmachermeister Engelbert Hoffmann arbeitet an einem Standuhrwerk. Vor 50 Jahren legte der heute 77-Jährige seine Meisterprüfung ab. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Sekunde für Sekunde messen sie die Zeit. Bei jeder Bewegung geben sie ein Ticken von sich, manche laut, manche leise. Die ganze Werkstatt ist erfüllt vom unrhythmischem Klang der durcheinander tickenden Uhren. Hin und wieder schlägt eine mit lauterem Gong. An die hundert Uhren hängen hier von den Wänden, stehen auf Regalen, andere verwahrt Engelbert Hoffmann in Schubladen. Gerade sitzt der Uhrmacher aus Wemmetsweiler an einem goldenen, filigran verzierten Werk einer Taschenuhr mit Schlagwerk. Auch mit seinen 77 Jahren repariert er mühelos die kleinteiligsten Uhren. "Ich habe eine ganz ruhige Hand und ein gutes Auge", sagt Hoffmann. Die Stunde des Ruhestands hat für ihn noch nicht geschlagen. Fast täglich treffen kaputte Zeitmesser bei ihm ein. Und das, obwohl er nie Werbung gemacht hat, nie auch nur ein Schild an die Tür gehängt hat. Lediglich das Wort "Werkstatt" steht an seiner Klingel. Aber Hoffmanns Handwerkstalent sprach sich herum. Er hat noch immer genügend zu tun: "Ich muss 100 werden, damit ich die alle machen kann". Früher habe er oft zehn bis 14 Stunden am Tag gewerkelt - rund um die Uhr. Heute arbeitet er etwa acht Stunden, manchmal sitzt er an einer Uhr den ganzen Tag.

Landuhrmacher Hoffmann ist einer der letzten seiner Art. 1935 geboren, ließ er sich mit 15 Jahren von einem Bekannten vom Enthusiasmus für den Beruf anstecken. "Eigentlich wollte ich immer Gärtner werden, draußen sein", Hoffmann schwelgt in Erinnerungen. Von seiner Werkstatt aus blickt er auf seinen Garten. Im Grünen zu arbeiten blieb sein Hobby. "Im Sommer wäre ich lieber Gärtner, im Winter lieber Uhrmacher", lacht er. Nach seiner Lehre arbeitete Hoffmann insgesamt vier Jahre in zwei verschiedenen Geschäften in Saarbrücken, dann im Großhandel. 1963 legte er seine Meisterprüfung ab, machte sich im darauf folgenden Jahr im Elternhaus selbstständig und zog 1968 inklusive Werkstatt in sein heutiges Haus in der Wilhelmstraße in Wemmetsweiler.

"Früher gab es in jedem Ort ein Uhrmachergeschäft", sagt Hoffmann. Doch heute ticken die Uhren anders. Den Beruf werde es wohl immer geben, "aber den Landuhrmacher gibt es so nicht mehr. Das lohnt sich nicht mehr". Seinen drei Kindern hat er den Beruf nicht empfohlen. Eine seiner Töchter war dennoch interessiert und machte die Ausbildung zur Uhrmacherin. Im Anschluss entschied sie sich aber dann doch, am Puls der Zeit zu bleiben und wurde Rechtshelferin. "Sie hat ein schönes Leben", meint Hoffmann, "heute gibt es für Uhrmacher keine Aussicht mehr". Fünf Lehrlinge hat Hoffmann ausgebildet. Der letzte sei Urologe und heute Chefarzt im Winterbergklinikum. Er habe es aus reinem Interesse gelernt, sagt Hoffmann "es kommt seinem Beruf entgegen. Für Operationen braucht er ein feines Gefühl". Doch nur mit Fingerspitzengefühl hätte Hoffmann es nicht zum erfahrenen Uhrmacher gebracht, der in diesem Jahr von der Handwerkskammer seinen Goldenen Meisterbrief für 50 Jahre Handwerk erhalten hat. Statt eigener Uhren hat er etliche Fachbücher gesammelt, ein neues hat er gerade erst bestellt: "Aus den Büchern lerne ich heute noch, wie man es gleich richtig macht".

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