Ensemble mit Seltenheitswert

Saarbrücken. Ein Nicken mit dem Kopf genügt, und die Drehorgel beginnt zu spielen: Warm und weich klingt die fünfstimmige Melodie und so mühelos, als entspringe sie tatsächlich jener kreisförmigen Handbewegung, mit der man die Kurbel einer Jahrmarkt-Orgel in Gang setzt

Saarbrücken. Ein Nicken mit dem Kopf genügt, und die Drehorgel beginnt zu spielen: Warm und weich klingt die fünfstimmige Melodie und so mühelos, als entspringe sie tatsächlich jener kreisförmigen Handbewegung, mit der man die Kurbel einer Jahrmarkt-Orgel in Gang setzt. Das Stück, das das Saarbrücker Blockflötenensemble "Heav(enl)y Wood" gerade probt, ist eine Art akustische Täuschung. Denn was nach Drehorgel klingt, ist in Wirklichkeit ein fünfstimmiger Satz für historische Blockflöten in der Besetzung Sopran, Alt, Tenor, Bass, Großbass und Subbass. "Was ist das für ein Instrument?", wird Bernhard Stilz des Öfteren gefragt, wenn er zu seinem über zwei Meter hohen Subbass greift. "Eine ganz normale Blockflöte", sagt der Alte-Musik-Spezialist dann und lächelt verschmitzt. Im späten 16. Jahrhundert hätte ihm die Frage wohl niemand gestellt: Da waren große Instrumentenfamilien nicht nur bei Blockflöten, sondern auch bei Oboen, Fagotten und Gamben verbreitet. "Die Instrumente, auf denen wir spielen, stammen von einem Blockflötenbauer, der pro Jahr nur einen Satz dieser Instrumente baut. Die Originalinstrumente liegen im Kunsthistorischen Museum in Wien", erklärt Stilz, der die Leidenschaft für Blockflötenmusik der Renaissance mit Esther Klein, Barbara Neumeier, Astrid Opitz, Miriam Grapp und Corinna Richter teilt. "Heav(enl)y Wood" heißt ihr Ensemble, das gesanglich von Laura Hoellinger, Studentin an der Hochschule für Musik Saar, unterstützt wird.Alle übrigen Ensemblemitglieder haben ihr Musikstudium längst hinter sich, einige haben zusätzlich Musikwissenschaft studiert, zwei von ihnen arbeiten zurzeit an ihrer Promotion. "Heav(enl)y Wood" ist hervorgegangen aus dem "Blockflötenconsort Saarbrücken", das wiederum auf ein Schülerensemble der Musikschule Saarbrücken, "Dolcesuono", zurückgeht. In der Musikschule probt nun auch "Heav(enl)y Wood", schließlich spielen im Ensemble drei Lehrkräfte der Schule mit: Bernhard Stilz leitet den Fachbereich Blasinstrumente, Esther Klein und Barbara Neumeier unterrichten an der Musikschule Blockflöte und Elementare Musikerziehung. Der neue Name der Gruppe, "Heav(enl)y Wood", spielt zum einen auf das zum Teil beachtliche Gewicht der historischen Blasinstrumente an und bezieht sich zum anderen auf den himmlischen Klang, den die Musiker ihren Instrumenten entlocken. Eingefangen haben die Ensemblemitglieder diese himmlischen Klänge auf ihrer ersten CD, "Englische Consortmusik der Renaissance", die vor wenigen Wochen im saarländischen Label tfg records erschienen ist. Möglich wurde die CD mit Live-Mitschnitten mehrerer Konzerte dank Miriam Grapps Vater Gerhard, der lange als Aufnahmeleiter arbeitete und sein Tonstudio für die Produktion wieder in Gang setzte. "Heav(enl)y Wood" sind auch live regelmäßig zu hören, zuletzt bei den Tagen für Alte Musik im Saarland (TAMIS). Das Klangerlebnis, das die Künstlergruppe ihrem Publikum beschert, hat Seltenheitswert: "Wir dürften das einzige Ensemble dieser Art im südwestdeutschen Raum bis Freiburg sein", sagt Bernhard Stilz.Der nächste Auftritt ist am Sonntag, 25. April, 16.30 Uhr, in der Deutschherrnkapelle. Die CD von "Heav(enl)y Wood" kann man per E-Mail bestellen bei Bernhard Stilz (be.sti@t-online.de) oder Miriam Grapp (miriam.grapp@web.de)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort