Engpässe bei Ganztagsschulen

Saarbrücken. Bei der von der Jamaika-Koalition geplanten Beitragsbefreiung für die freiwillige Ganztagsschule könnten etliche Eltern leer ausgehen. Wie der Sprecher des Bildungsministeriums, Erik Harms, auf SZ-Anfrage bestätigte, kommt es an einzelnen Schulstandorten "wegen Kapazitätsengpässen zu Problemen, alle Kinder unterzubringen"

 An einigen Schulen im Saarland gibt es zu wenig Plätze für die Ganztagsbetreuung. Foto: dpa

An einigen Schulen im Saarland gibt es zu wenig Plätze für die Ganztagsbetreuung. Foto: dpa

Saarbrücken. Bei der von der Jamaika-Koalition geplanten Beitragsbefreiung für die freiwillige Ganztagsschule könnten etliche Eltern leer ausgehen. Wie der Sprecher des Bildungsministeriums, Erik Harms, auf SZ-Anfrage bestätigte, kommt es an einzelnen Schulstandorten "wegen Kapazitätsengpässen zu Problemen, alle Kinder unterzubringen". "In der Haushaltsplanung" sei "ein Betrag X festgeschrieben". Daher könne man bei einem Bedarf, der die Erwartungen übertreffe, "nicht mehr flexibel nachsteuern", so der Sprecher.

In der Landtagsdebatte vom 10. Februar hatte sich das aus dem Munde von Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) noch ganz anders angehört. Kessler hatte damals bereits die Erwartung geäußert, dass die Beitragsfreiheit eine verstärkte Nachfrage nach Betreuungskapazitäten nach sich ziehen werde. Dieses Nachfragewachstum werde die Landesregierung, so Kessler damals, "zumindest hinsichtlich des Platzangebotes, aber auch hinsichtlich der Kosten noch bewerkstelligen können". Dies sei "eine planerisch langfristig hervorragende Leistung", rief der Minister unter dem Beifall der Regierungsfraktionen.

Wie Kesslers Sprecher Harms gestern mitteilte, sind bei Kapazitätsengpässen nun "Aufnahmeverfahren" geplant, "wie sie bei der Aufnahme in die bereits bestehenden gebundenen Ganztagsschulen und in Kindertagesstätten praktiziert werden". Die Durchführung dieser Verfahren obliege in solchen Fällen den Trägern. Orientieren könnten sich diese dann an jenen Kriterien, die nach dem Gesetz für die Aufnahme in Einrichtungen der Jugendhilfe vorgesehen sind.

Nach SZ-Informationen sind etwa an der Grundschule am Ordensgut in Alt-Saarbrücken noch zwölf Kinder mit Blick auf das kommende Schuljahr unversorgt. Die zur Verfügung stehenden Plätze wurden nach der Devise "Wer zuerst kommt, malt zuerst" vergeben - und gerade nicht nach einem an Bedürftigkeitskriterien orientierten Auswahlverfahren.

SPD-Fraktionsvize Ulrich Commerçon sprach in einem SZ-Gespräch von einer "Mogelpackung". Im Klartext bedeute dies: "Wer bereits drin ist, zahlt nix mehr, wer aber Pech hat, muss draußen bleiben und kann zusehen wo er bleibt." Der SPD-Politiker verwies zudem darauf, dass Horte, die in der Regel qualitativ bessere Bildungs- und Betreuungsangebote als die freiwilligen Ganztagsschulen anböten, im Gegensatz zu diesen in der Regel nicht in den Genuss der ab dem nächsten Schuljahr geplanten Beitragsbefreiung kommen sollen - auch nicht in den Genuss einer teilweisen Befreiung. Die Landesregierung bestätigte dies auf SZ-Anfrage. Commerçons Warnung vor einem "Horte-Sterben" wies das Ministerium jedoch mit dem Argument zurück, dass "viele Horte im Rahmen einer Akzentverschiebung hin zu mehr Bildung den freiwilligen Ganztagsschulen angegliedert" würden. Im Übrigen hätten die Eltern an vielen Hort-Standorten "bereits in den letzten beiden Jahren freiwillig deutlich mehr gezahlt".

Meinung

Vorzeige-Projekt auf der Kippe

Von SZ-Redakteur

Norbert Freund

Der Koalitionsvertrag schien an dieser Stelle absolut unzweideutig zu sein: Alle Ganztagsschulangebote mit Ausnahme der Ferienbetreuung sollten danach für die Eltern ab dem Schuljahr 2010/11 beitragsfrei gestellt werden. Doch auf einmal sieht das anders aus. Das Vorzeige-Projekt der Jamaikaner steht auf der Kippe. Um eine noch größere Blamage zu verhindern, hilft nur eines: CDU, FDP und Grüne müssen nachbessern. Auch wenn es Geld kostet: Der Koalitionsvertrag muss eingehalten werden.

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