Energiewende kostet Geld Schon einfache Tricks können effektiv sein100 Euro mehr im Jahr sind realistisch

Merzig-Wadern. Der Ausstieg aus der Atomenergie ist beschlossene Sache, die erneuerbaren Energien sollen zum Rückgrat der Energiepolitik werden. Doch dieser Umschwung kostet Geld

Merzig-Wadern. Der Ausstieg aus der Atomenergie ist beschlossene Sache, die erneuerbaren Energien sollen zum Rückgrat der Energiepolitik werden. Doch dieser Umschwung kostet Geld. Nachdem die Stromnetzbetreiber am Montag angekündigt hatten, dass die sogenannte Ökostrom-Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im kommenden Jahr um gut fünf Cent pro Kilowattstunde steigen wird und auch die Netzentgelte sich erhöhen, geht bei den Stromversorgern nun das große Rechnen los. Weitere staatliche Umlagenerhöhungen werden noch erwartet, doch schon jetzt steht fest: Auch im Landkreis Merzig-Wadern müssen sich die Verbraucher auf höhere Stromkosten im neuen Jahr einstellen."Mittlerweile nehmen wir ja quasi die Aufgaben eines Inkassobüros wahr, wir sind die Überbringer schlechter Botschaften", moniert Josef Theil, Geschäftsführer der Technischen Werke Losheim (TWL), die die Menschen in der Hochwald-Gemeinde mit Strom versorgen. Rund 50 Prozent des Strompreises errechne sich aus staatlichen Vorgaben wie der jüngst erhöhten EEG-Umlage. "Die Dimensionen sind einfach zu groß, um die Mehrkosten nicht an die Kunden weiterzugeben. Auffangen können das vielleicht Betriebe wie RWE, aber die normalen Stadtwerke werden das durch die Bank nicht schaffen", sagt Theil. Man habe bereits eine moderate Erhöhung um rund 1,5 Cent pro Kilowattstunde Anfang 2012 noch nicht auf den Strompreis aufgeschlagen, der bei den TWL letztmals am 1. Januar 2011 erhöht worden war.

Wie viel tiefer in die Tasche die TWL-Kunden bald greifen müssen, sei indes noch nicht klar, denn "wir sind mit der Kalkulation noch nicht so weit, dass wir sagen können, wie genau die Erhöhung ausfallen wird." Heute tagt der Aufsichtsrat, dessen Diskussion über die Strompreise will Theil nicht vorgreifen. Und dann sei Ende des Monats auch noch mit weiteren Umlage-Erhöhungen zu rechnen, die in die Kalkulation eingehen. Der TWL-Geschäftsführer ist trotz allem froh, dass "die Politik inzwischen aufgewacht ist und das Bewusstsein bei den Kunden wächst." Doch ein gesteigertes Preisbewusstsein schont sie vorerst nicht vor steigenden Kosten.

Der Geschäftsführer der Stadtwerke Wadern, Christian Brachmann, teilt im Grunde die Einschätzung seines Losheimer Kollegen: "Wir sprechen über staatliche Preisbestandteile, die weitergegeben werden. Sie werden keinen Anbieter finden, der das schlucken kann." Auch nicht die Stadtwerke Wadern. Da noch nicht bekannt sei, wie viel man im kommenden Jahr an Kraft-Wärme-Kopplungs-Umlagen und weiteren Kosten zu tragen habe, wolle er keine "Kaffeesatzleserei" betreiben. Man rechne zurzeit verschiedene Modelle durch.

Brachmann erwähnt noch eine kommende Belastung, die "im Hintergrund schwebt": Bisher können Kraftwerke, die unrentabel Strom produzieren, vom Betreiber abgeschaltet werden. Eine geplante Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, die ab Januar in Kraft treten soll, könnte dies ändern: Um die Energieversorgung zu gewährleisten, könnte der Staat Stilllegungen untersagen, dafür würden die Werksbetreiber entschädigt werden. Für Stromanbieter und letztlich für die Endkunden bahnt sich eine weitere Umlage an. TWL-Geschäftsführer Theil ist trotz allem froh, dass "die Politik aufgewacht ist und das Bewusstsein bei den Kunden wächst." Übrigens hat EU-Energiekommissar Oettinger gestern angeregt, deutsche Stromnetze zu verstaatlichen und öffentliche Abgaben auf Strom zu deckeln - ein Ansinnen, das bei regionalen Stromanbietern auf offene Ohren stoßen dürfte.Merzig-Wadern. Der Strom wird für die meisten von uns teurer werden - das steht fest. Weil der Ausbau für erneuerbare Energien immer mehr kostet, steigt die Ökostromumlage im kommenden Jahr von 3,6 auf 5,3 Cent pro Kilowattstunde. Für die Verbraucher bedeutet das eine deutlich höhere Stromrechnung. Wer dies vermeiden will, muss Strom sparen - aber wie?

Angelika Baumgardt, Energieberaterin der Verbraucherzentrale des Saarlandes, gibt Tipps, wie Privathaushalte einfach und effektiv Strom sparen können. Zuerst sollte jeder Privathaushalt einen Vergleich ziehen, wo er im Verbrauch liegt. Sprich, ob er im Gegensatz zu anderen Haushalten mit gleicher Personenanzahl eher viel oder wenig Strom verbraucht. Dazu finden sich entsprechende Vergleichs-Tabellen im Internet, zum Beispiel in einer Broschüre des Landes Hessen. Diese kann im Internet unter der Adresse www.energieland.hessen.de/mm/Strom_effizient_nutzen_2011.pdf heruntergeladen werden.

Ist der Stromverbrauch hoch, muss herausgefunden werden, wo sich die "Stromfresser" verstecken. "Es kann am Nutzerverhalten liegen oder auch an der Anzahl und Art der Elektrogeräte. Oft ist es eine Kombination", weiß Angelika Baumgardt. Große Energieverbraucher sind in der Regel elektrische Warmwasserbereiter, Kühl-und Gefriergeräte, Trockner, Heizungspumpen und große Fernseher. "Um die Energiefresser aufzuspüren, sollte man nachmessen", empfiehlt die Energieberaterin. Messgeräte können zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale ausgeliehen werden. "Es ist ratsam, bei Elektrogeräten den Stecker zu ziehen. So kann man sicher sein, dass sie keinen Strom verbrauchen und ein Scheinaus-Verbrauch wird vermieden", rät die Expertin.

Außerdem sollte man den Wäschetrockner öfter mal durch die Wäscheleine ersetzen und bei anstehendem Neukauf auf das EU-Energielabel achten Bei Kühl-/Gefriergeräten und Waschmaschinen verbrauchen Modelle mit der Kategorie A+++ am wenigsten Energie, bei Fernseher, Trockner und Lampen solche der Kategorie A. Weiterhin kann man durch Einsetzen von effizienter Beleuchtung Strom sparen, zum Beispiel durch LED-Lampen. Diese sind, im Gegensatz zu den nicht unumstrittenen Energiesparlampen, auch frei von Quecksilber.

"Man sollte sich selbst fragen, ob alle Elektrogeräte im Haus unbedingt notwendig sind oder ob auf den ein oder anderen Plasmafernseher verzichtet werden kann", gibt die Beraterin zu bedenken. Außerdem legt sie den Verbrauchern nahe, bei ihrem Stromanbieter nach einem günstigeren Tarif zu fragen oder gegebenenfalls zu wechseln. Zur Energieberatung und Energiecheck sowie weiteren Fragen steht die Verbraucherzentrale zur Verfügung. hrs

-energieberatung.de

Merzig. In der Kreisstadt Merzig kristallisiert sich schon heraus, wie viel teurer der Strom im kommenden Jahr werden wird. Zwar warten auch die Stadtwerke Merzig noch ab, wie weit die Umlagen neben der EEG-Umlage erhöht werden, aber am Ende werde wohl eine Preissteigerung von circa 2,5 Cent pro Kilowattstunde stehen, so Geschäftsführer Daniel Barth. Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden beziffert er die Mehrkosten auf etwa 100 Euro jährlich. "Wir werden die erhöhten staatlichen Lasten weitergeben müssen, weil wir keine Gelegenheit haben, sie anderweitig zu erwirtschaften", sagt Barth. "Selbst die 25 Prozent des Preises, die wir dadurch beeinflussen können, dass wir als Stadtwerke besser einkaufen als andere, sind eine Stellschraube mit geringer Wirkung." Zwar seien die Börsenpreise im Vergleich zum Vorjahr gesunken, aber da zwei Jahre im Voraus eingekauft werde, sei dies nur ein "kleiner Beschaffungsvorteil", der erst später zum Tragen komme.

Anfang November werde sich der Aufsichtsrat mit dem Strompreis beschäftigen. Nach einer Entscheidung gibt es allerdings noch eine Frist von sechs Wochen, um die Erhöhung anzukündigen. Die Stadtwerke Merzig haben ihre Strompreise zuletzt im Januar 2011 erhöht.

Nicht so das Unternehmen Energis in Saarbrücken: Der Stromversorger ist auch für die Kreiskommunen Beckingen, Mettlach, Perl und Weiskirchen zuständig und bittet seine Kunden bereits seit August verstärkt zur Kasse. Unter anderem wegen der EEG-Umlageerhöhung im Januar sei auch der Netto-Strompreis um 1,4 Cent je Kilowattstunde gestiegen, sagt Dr. Klaus Bauer, Geschäftsführer der Energis. Eine weitere Erhöhung stehe den Kunden wohl noch nicht zum 1. Januar, aber im Laufe 2013 bevor. Der Anstieg werde wohl moderater als bei anderen Anbietern ausfallen, doch "bei der Anhebung der Umlage sind Preiserhöhungen nicht zu vermeiden." Mit einer Entscheidung sei bis Ende des Jahres zu rechnen, stellt Bauer in Aussicht. jow

Foto: twl

"Um die Energie-

fresser aufzuspüren, sollte man nachmessen."

Angelika Baumgardt,

Verbraucher-

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