Eltern warten auf ihre Mitsprache

St. Wendel. Andreas Martin-Damerow (Foto: pr) ist ziemlich verärgert. Und deshalb lässt der Vorsitzende des Kreiselternausschusses für Kindertagesstätten (Kitas) im St. Wendeler Land auch nicht locker. Er fordert im Namen seiner Mitstreiter, dass die Erziehungsberechtigten endlich wieder ein Recht erhalten, bei Kitas mitbestimmen zu können

St. Wendel. Andreas Martin-Damerow (Foto: pr) ist ziemlich verärgert. Und deshalb lässt der Vorsitzende des Kreiselternausschusses für Kindertagesstätten (Kitas) im St. Wendeler Land auch nicht locker. Er fordert im Namen seiner Mitstreiter, dass die Erziehungsberechtigten endlich wieder ein Recht erhalten, bei Kitas mitbestimmen zu können. Martin-Damerow: "Das Recht hatten wir bereits. Aber dann kam ein neues Gesetz." Dies hat es nach Ansicht der Betroffenen in sich. Denn es steht den Eltern nur noch eine beratende Funktion zu. Das bedeutet: Sie bekommen Informationen, können dann sagen, was sie davon halten. Aber letztlich über Vorhaben mit abstimmen - Fehlanzeige. Der Ausschussvorsitzende: "Wir wollen ein Stimmrecht bei Entscheidungen, weg vom reinen Informationsrecht."Der 32-jährige zweifache Familienvater setzt damit fort, was bereits vor einem Jahr begonnen hat, damals noch unter dem Vorsitzenden Ole Franke: der Kampf um die Rückkehr zur alten Vorschrift im Saarland. Andreas Martin-Damerow: "Wir haben aus dem Landkreis St. Wendel die Forderung auf Landesebene gebracht. Aber das ist ein großes Problem." Denn bis heute habe sich nichts getan.

Dabei gehe es den Eltern bei ihrem eingeforderten Mitspracherecht um so wichtige Entscheidungen wie die beispielsweise über Personal, Öffnungszeiten und Ferientermine. Doch bislang gebe es darauf keine Antwort aus dem saarländischen Bildungsministerium in Saarbrücken.

Dort seien die Prüfungen dazu noch im Gange, sagt Erik Harms auf SZ-Anfrage. Der Ministeriumssprecher: "Die Prüfung wird voraussichtlich im neuen Schuljahr beendet sein." Festlegen lassen wollte er sich aber nicht, ob es bereits zu Beginn oder doch im weiteren Verlauf soweit sein soll. Selbstverständlich halte sich Bildungsminister Klaus Kessler (Bündnis 90/Die Grünen) aber an die Zusage, die er der Landeselternvertretung für Kitas in diesem Zusammenhang gemacht habe.

Allerdings sei laut Harms die Elternmitsprache nur ein Aspekt im gesetzlichen Gesamtpaket. Harms: "Und diese Gesamtüberarbeitung hat zurzeit Priorität."

Doch wenn der St. Wendeler Kreisausschuss-Chef Andreas Martin-Damerow schon bei Forderungen ist, dann verlangt er auch das beitragsfreie dritte Kitajahr. "Bei einer landesweiten Unterschriftenaktion haben dafür 10 000 unterzeichnet. 1500 davon kommen aus dem Kreis St. Wendel."

Des Weiteren müsse ein Leitfaden her, der Eltern über ihre Mitspracherechte aufklärt. "Auf Kreisebene haben wir ihn schon erstellt, er wurde aber von Trägern abgelehnt."

Intern müsse sich ebenfalls etwas tun. So sei es nötig, die Wahlperiode von derzeit einem auf zwei Jahre zu verlängern. Erst dann sei, so seine Auffassung, eine kontinuierliche Zusammenarbeit auch mit Behörden, wie beispielsweise dem Jugendamt, möglich. "Wir wollen ein Stimmrecht bei Entscheidungen, weg vom reinen Informations-

recht."

Andreas Martin-Damerow, Vorsitzender des Kreiselternausschusses für Kindertagesstätten

Sie fordern nur Demokratie

Von SZ-RedakteurMatthias Zimmermann

Seit einem Jahr warten Eltern darauf, das zurückzubekommen, dass ihnen in einer Nacht- und Nebelaktion genommen worden war: die Mitsprache in den Entscheidungsgremien der Kindertagesstätten und -gärten im Saarland. Es ist einfach nicht nachzuvollziehen, dass mit einem Federstrich ein ureigenes demokratisches Instrument verschwunden ist. Doch was 2008 so mir nichts, dir nichts verschwand, braucht jetzt auf einmal lang andauernde Prüfungen, es wieder einzuführen. Eltern haben ein Recht darauf, mitzureden, wie ihre Kinder betreut werden. Sie müssen zum Beispiel mitentscheiden können, zu welchen Zeiten Kitas geöffnet sein sollen. Ansonsten könnte der beste pädagogische Ansatz ins Leere laufen, wenn Erziehungsberechtigte aus beruflichen Gründen das Angebot nicht nutzen können. Auch wenn jetzt das Gesamtgesetz auf dem langwierigen Prüfstand steht: Eine Teillösung zur Mitsprache muss rasch her.

Hintergrund

Das Saarländische Kinderbetreuungs- und Bildungsgesetz (SKBBG) sah bis 18. Juni 2008 ein Mitbestimmungsrecht der Eltern in Kindertagesstätten und -gärten vor. Pro Einrichtung setzte sich das Entscheidungsgremien wie folgt zusammen: drei Elternvertreter, zwei Abgesandte der Leitung sowie zwei des Trägers. Jeder hatte Stimmrecht.

Nach der Novelle entzog die Landesregierung in Saarbrücken den Eltern die Entscheidungsbefugnis. Seitdem sind sie nur noch beratend dabei. Ob ihr Votum in das Ergebnis einfließt, ist jetzt nicht mehr gesetzlich verordnet. hgn

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort