Einwohner stimmen ab: Zwei Fragen an die Zerfer

Zerf. Die Ausgangslage ist klar: Der Verbandsgemeinde (VG) Kell droht - wie 65 anderen VG auch - durch die Gebietsreform des Landes ihre Auflösung. Denn Kell erfüllt die gesetzlich festgelegte Mindestzahl (10 000) an Einwohnern und Ortsgemeinden (15) nicht

 In Zerf wird ab heute abgestimmt. Fotos: Werner Krewer

In Zerf wird ab heute abgestimmt. Fotos: Werner Krewer

Zerf. Die Ausgangslage ist klar: Der Verbandsgemeinde (VG) Kell droht - wie 65 anderen VG auch - durch die Gebietsreform des Landes ihre Auflösung. Denn Kell erfüllt die gesetzlich festgelegte Mindestzahl (10 000) an Einwohnern und Ortsgemeinden (15) nicht. Anders als Thalfang und 31 andere VG steht Kell aber nicht auf der bereits seit langem bekannten Streichliste des Landes, die definitiv fusionieren müssen. Deshalb waren sich die Politiker im VG-Rat im Oktober 2010 fast alle einig: Mit nur einer Gegenstimme sprach sich das Gremium dafür aus, dass die VG Kell erhalten bleiben soll.Doch entspricht dieses Votum auch dem Willen der Einwohner von Zerf? Genau das will die Ortsgemeinde wissen. "Bei einem so wichtigen Thema wie der Gebietsreform muss die Meinung der Bürger unbedingt beachtet werden. Deshalb hat unser Rat einstimmig beschlossen, eine Umfrage zu machen", sagt Ortsbürgermeister Manfred Rommelfanger (SPD). An alle Einwohner über 16 Jahren - insgesamt handelt es sich dabei um etwa 1360 - wurden bis zum vergangenen Wochenende ein Briefkuvert, ein kleines Blatt mit zwei Fragen und ein Begleitschreiben verteilt.

Zwei Kreuze sollen die Zerfer machen. Mit Ja oder Nein können sie die Frage beantworten, ob sie "der Meinung sind, dass die VG Kell erhalten bleiben soll?" Außerdem wird gefragt, an welche Nachbar-VG die Ortsgemeinde Zerf aus Sicht der Bürger angegliedert werden sollte, wenn Kell nicht selbstständig bleiben kann. Saarburg, Hermeskeil und Ruwer stehen bei der Abstimmung zur Auswahl.

Die ausgefüllten Fragebögen können ab dem heutigen Montag in Wahlurnen geworfen werden, die an vier Stellen aufgestellt wurden - in den Filialen der Sparkasse und der Volksbank, im Lebensmittelmarkt Koch und beim Ortsbürgermeister (Mühlenberg 15). Abgabeschluss ist am 28. Januar um 14 Uhr.

Eine Stunde später beginnt im Bürgerhaus die öffentliche Auszählung. "Wir haben keine Erfahrungswerte, wären aber froh, wenn 50 Prozent der Einwohner bei der Umfrage mitmachen würden", sagt Rommelfanger. Der eigens dafür eingesetzte Arbeitskreis habe nach längerer Diskussion entschieden, dass er in dem Begleitschreiben nur die rechtliche Situation darlegt und keine Argumente für oder gegen den Fortbestand der VG Kell aufgelistet wurden. Auch auf einen Vergleich mit den Nachbar-VG - zum Beispiel in Bezug auf den Wasserpreis - habe man bewusst verzichtet. "Wir wollten durch eine solche Aufzählung nicht die Entscheidung der Bürger beeinflussen", sagt Rommelfanger. Der Gemeindechef will auch keine Prognose über das von ihm erwartete Ergebnis abgeben. Seine persönliche Meinung sei aber bekannt: Es war Rommelfanger, von dem im VG-Rat die einzige Stimme gegen den Erhalt der VG Kell kam.

Außerdem hat der SPD-Politiker bereits öffentlich betont, dass aus seiner Sicht für Zerf am ehesten ein Wechsel nach Saarburg infrage kommt. Dass die Zerfer mit ihrer Umfrage den Kampf ums Überleben der VG Kell konterkarieren, sieht Rommelfanger nicht so: "Es könnte ja auch sein, dass die meisten Einwohner in unserem Ort sagen, dass alles so bleiben soll, wie es ist. Das wäre doch dann ein weiterer Mosaikstein für die Bemühungen, die VG zu erhalten." Der Keller Rathaus-Chef Werner Angsten (CDU) gibt sich betont gelassen. "Ich habe keine Probleme damit, dass die Zerfer das machen und diese Umfrage zur Meinungsbildung im Ortsgemeinderat beitragen soll." Er sei zudem optimistisch, dass auch die Zerfer Bürger es zu würdigen wissen, was die VG in den vergangenen 41 Jahren für den ganzen Raum geleistet habe. Angsten weist aber auch darauf hin, "dass die Zerfer mit ihrer Umfrage natürlich nicht über das Wohl und Wehe der VG entscheiden können."

Meinung

Wille der Bürger ist gefragt

Von SZ-MitarbeiterAxel Munsteiner

Zugegeben: Die Stimme der Zerfer Bürger wird keinen Einfluss darauf haben, ob irgendwann in Mainz die Auflösung der Verbandsgemeinde (VG) Kell beschlossen wird oder nicht. Richtig ist auch, dass den Zerfern für ihre Entscheidung kein Hintergrundwissen geliefert wird und sie eher aus einem Bauchgefühl heraus ihre zwei Kreuze setzen müssen. Mehr als ein Stimmungsbarometer ist die Umfrage in Zerf also nicht. Aber: Dass endlich mal in der VG Kell nicht abgeschottet in Parteizirkeln und den politischen Gremien über das Thema Gebietsreform diskutiert wird, ist richtig und wichtig. Denn was liegt näher, als in der zurzeit noch laufenden Freiwilligkeitsphase in diesem Reformprozess auch mal den Willen der Bürger abzufragen, ob ihnen das Überleben der VG Kell wirklich so wichtig ist oder ob sie sich auch den Wechsel zu einem Nachbarn vorstellen können?

Hintergrund

 Ein einfacher Fragebogen.

Ein einfacher Fragebogen.

Die Bürgerbefragung hat einen eher formlosen Charakter. Ihr Ergebnis ist zwar wichtig für die Meinungsbildung im Rat, ist aber nicht bindend. Damit besteht verwaltungsrechtlich ein deutlicher Unterschied zum so genannten Bürgerentscheid. An ihm muss eine Mindestzahl an Stimmberechtigten (das Quorum in Rheinland-Pfalz liegt bei 20 Prozent) teilnehmen, damit die Abstimmung gültig ist. An die Mehrheitsentscheidung der Bürger muss sich die Ortsgemeinde dann halten. Eine mögliche Auflösung der VG Kell kann nur der Gesetzgeber - also letztendlich der Landtag in Mainz - beschließen. ax

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