Eine Zeitung schreibt Geschichte

Saarbrücken. Festschrift oder kleine "Meistererzählung" eines Vierteljahrtausends saarländischer Geschichte - mit diesen beiden Möglichkeiten spielt "Die abenteuerliche Geschichte einer Zeitung" von Hans Bünte, die aus Anlass des 250-jährigen Bestehens der Saarbrücker Zeitung jetzt im Merziger Gollenstein Verlag erschienen ist

Saarbrücken. Festschrift oder kleine "Meistererzählung" eines Vierteljahrtausends saarländischer Geschichte - mit diesen beiden Möglichkeiten spielt "Die abenteuerliche Geschichte einer Zeitung" von Hans Bünte, die aus Anlass des 250-jährigen Bestehens der Saarbrücker Zeitung jetzt im Merziger Gollenstein Verlag erschienen ist. Beide Aspekte dieser Geschichte sind ja auch gar nicht getrennt voneinander zu beschreiben. Als Wilhelm-Heinrich, Fürst von Nassau-Saarbrücken, im Jahre 1742 zunächst den Drucker der Hofbuchdruckerei in der pfälzischen Herzogstadt Zweibrücken bewegte, sich in Saarbrücken - genauer: damals noch in St. Johann - niederzulassen, zog erstmals das Druckereigewerbe an der Saar ein. Bünte nimmt das zum Anlass für einen knappen Abriss der Geschichte des europäischen Buchdrucks. Manche Leser werden solche notwendigerweise kurzen Ausflüge in die gesicherten Bestände der Allgemeinbildung ermüdend finden, für andere mag es eine Auffrischung verlorengegangenen Wissens oder auch eine erstmalige Begegnung mit historischen Tatbeständen sein.Zunächst also gab es eine Druckerei und erst fast 20 Jahre später entstand das "Nassau-Saarbrückische-Wochen-Blat", ein Verlautbarungsorgan, eher so etwas wie ein Amtsblatt, als erstes Periodikum an der Saar. Das Jahr 1761 gilt als Geburtsstunde der Saarbrücker Zeitung - zurecht, weil die zwar wirklich abenteuerliche Geschichte, die das "Blat" seitdem durchgemacht hat, bei allen der allgemeinen Geschichte geschuldeten Brüchen doch so viel Kontinuität aufweist, dass die heutige Saarbrücker Zeitung ohne historische Verrenkungen dieses Jahr als Beginn ihrer eigenen Geschichte schreiben kann. Damit ist sie eine der ältesten heute noch bestehenden Zeitungen Deutschlands - an "Anciennität" knapp geschlagen von einer heutigen Tochterzeitung, dem Pfälzischen Merkur, der noch ein paar Jahre mehr auf dem Buckel hat.

Hans Bünte zeichnet im Verlaufe seiner Darstellung die Entwicklung der Zeitung vor dem historischen Hintergrund der Region nach, die zeitweise zu Frankreich zählte, preußisch und teilweise auch bayerisch wurde, ein Gebilde des Völkerbundes war, ein europäisches Statut bekam und schließlich - im Ergebnis der "kleinen" Wiedervereinigung - Land der Bundesrepublik wurde. Die territorialen Grenzen verschoben sich bei jedem historischen Bruch. Der Autor beschreibt die Entwicklung des Verbreitungsgebietes der unter verschiedenen Titeln auftretenden Zeitung aus Saarbrücken, er verfolgt den technischen Fortschritt des Zeitungsdrucks, die redaktionelle Entwicklung und die wechselnden Eigentumsverhältnisse.

Auf Lesbarkeit geschrieben

Manches wünschte man sich ausführlicher, deutlicher. Aber das Buch ist ganz auf Lesbarkeit geschrieben, es soll möglichst jeden Leser der Saarbrücker Zeitung erreichen und nicht in den Regalen der Institute für Zeitungsgeschichte auf wissenschaftliche Neugier warten. Insofern folgt das Buch dem Anspruch der Zeitung, die zwar über alles Wesentliche aktuell informiert, aber auch unterhält und nicht durch tiefgründige Analysen von Experten langweilen darf.

Trotzdem - eine Zeitung "gilt" doch nur für den Tag ihres Erscheinens, und in ein Buch kann man auch nach Jahren einmal hineinschauen. Das kann sich auch im Falle der "Abenteuerlichen Geschichte einer Zeitung" von Hans Bünte lohnen, weil sie eben vieles, was in spezielleren Werken genauer dargestellt sein mag, für den ersten Zugriff angenehm bereithält. Dazu zählen auch Anekdoten, Zitate, einige Zahlen und gut gewählte Abbildungen, die den flüssigen Text schön ergänzen. Die maßvoll geübte Kritik an redaktionellen Sünden schärft den Blick für den Wert der Pressefreiheit, der Unabhängigkeit der Redaktion und der wirtschaftlichen Solidität des Verlages. Verständlich wird der Stolz auf dieses expandierende Zeitungsunternehmen. Im Geiste dieses Stolzes ist das Buch eben auch Festschrift - aber wer Grund zum stolzen Feiern hat, sollte das auch tun.

Hans Bünte: Die abenteuerliche Geschichte einer Zeitung - 250 Jahre Saarbrücker Zeitung 1761 - 2011; Gollenstein Verlag, 217 Seiten, 22,90 Euro

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