Tödliche Schüsse in Kusel Eine Woche nach den Polizistenmorden: Was wir wissen – und was nicht

Mainz/Saarbrücken · Eine Woche nach den tödlichen Schüssen auf zwei saarländische Polizisten bei einer Polizeikontrolle in der Pfalz ist die Trauer immer noch groß. Die Ermittlungen laufen weiter auf Hochtouren – einige Fragen sind dabei noch offen.

Eine Woche nach Polizisten-Mord in Kusel: Was wir wissen und noch unklar ist
Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Noch am selben Tag der Tat, bei der ein 29-jähriger Polizist und seine 24 Jahre alte Kollegin starben, nahmen Ermittler zwei Verdächtige fest, die inzwischen in Untersuchungshaft sitzen. Doch sind die Ermittlungen noch lange nicht abgeschlossen.

Was wir über den Polizistenmord von Kusel wissen:

Die Tat

Am 31. Januar gegen 4.20 Uhr kontrollieren die beiden uniformierten Beamten, die in einem zivilen Polizeiauto unterwegs waren, an einer Kreisstraße bei Kusel ein Fahrzeug. Per Funk berichten sie von „dubiosen Personen“, die zahlreiche tote Wildtiere dabei hätten. Sie fordern Verstärkung an. Aus dem Funkspruch wird plötzlich ein Hilferuf: „Komm schnell, die schießen, die schießen“. Dann ist noch ein Schuss zu hören. Als Kollegen eintreffen, finden sie den 29-jährigen Oberkommissar bewusstlos vor, die 24-Jährige ist zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Doch auch für den jungen Beamten kommt jede Hilfe zu spät. Die Täter sind mit ihrem Fahrzeug geflüchtet.

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Foto: BeckerBredel

Die Waffen

Die junge Beamtin wird mit einem Kopfschuss getötet, sie kommt nicht mehr dazu, ihre Dienstwaffe zu ziehen. Ihr Kollege erwidert das Feuer und schießt sein Magazin leer, er selbst wird vier Mal getroffen, darunter war ein Kopfschuss. Die Ermittler gehen davon aus, dass mit zwei verschiedenen Waffen auf die Beamten geschossen wurde. Dabei handelt es sich um ein Schrotgewehr und ein Jagdgewehr, das einzeln nachgeladen werden muss.

Die Opfer

Beide stammen ursprünglich aus dem Saarland, auch dort ist die Betroffenheit deshalb sehr groß. Der 29-Jährige war nur wenige Kilometer vom Tatort entfernt bei einem saarländischen Fußballverein aktiv. Die 24-Jährige war noch Polizeianwärterin, aber kurz davor, ihr Studium abzuschließen. Sie hatte zuvor schon zwei Praktika beim Polizeipräsidium Westpfalz absolviert.

Die Täter

Auch die Tatverdächtigen stammen aus dem benachbarten Saarland. Auf ihre Spur kommen die Ermittler unter anderem über einen Ausweis eines 38-Jährigen, der am Tatort gefunden wurde. Vermutlich hatte er ihn bei der Verkehrskontrolle den Beamten ausgehändigt und vor der Flucht nicht mehr gefunden. Nach dem Mann wird kurze Zeit öffentlich gefahndet. Noch am Nachmittag des Tattages greift die Polizei zu und nimmt den Mann vor einem Haus im saarländischen Sulzbach fest. In dem Gebäude fassen sie den mutmaßlichen Komplizen, einen 32-Jährigen, und nehmen auch ihn fest.

Was wir über den Polizistenmord in Kusel nicht wissen:

Das Motiv

Im Haftbefehl gehen die Ermittler davon aus, dass die beiden Männer die Tat gemeinschaftlich begangen haben, um ihre vorherige Jagdwilderei zu verdecken. Doch der 38-Jährige schweigt bislang zu den Vorwürfen. Der 32-Jährige sagte den Ermittlern, mit am Tatort gewesen zu sein, bestreitet aber, auf die Beamten geschossen zu haben. Wie die Tat genau ablief, ist daher noch Gegenstand der Ermittlungen.

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Foto: BeckerBredel

Die Kontrolle

Noch unklar ist, warum die beiden Beamten das Fahrzeug überhaupt kontrolliert haben. Nach Darstellung des Polizeipräsidiums waren die beiden zuvor unterwegs, um eine Serie von Eigentumsdelikten, dazu zählen etwa Diebstähle oder Einbrüche, aufzuklären. Die Stelle an der Kreisstraße, die dann zum Tatort wurde, sei eigentlich gar nicht für eine solche Kontrolle geeignet gewesen. Zudem sei eine zivile Streife nicht für Fahrzeugkontrollen vorgesehen, dafür seien zu der Zeit zwei andere Streifenwagen im Einsatz gewesen. Der Vizepräsident und Leiter der Abteilung Einsatz im Polizeipräsidium Rheinpfalz, Heiner Schmolzi, vermutete daher sogar, dass die beiden Beamten auf ein stehendes Auto aufmerksam geworden sein könnten. Da in der Gegend Wildunfälle keine Seltenheit seien, hätten sie womöglich angehalten, um zu helfen.

Geschäfte mit Wild

Im Kastenwagen des Verdächtigen wurde eine große Menge Damwild gefunden - insgesamt 22 erlegte Tiere. Waren diese allesamt in einer Nacht erlegt worden? Und wie lange war der mutmaßliche Wilderer schon aktiv? Der 38-Jährige betreibt einen Wildhandel, auch dort fand die Polizei Hinweise auf Wilderei. Rechtskräftig verurteilt wurde der 38-Jährige deshalb aber noch nie. Wegen eines Jagdunfalls vor mehr als 15 Jahren hatte er wegen fahrlässiger Körperverletzung eine Geldstrafe erhalten.

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Foto: dpa/Philipp Schulze

Waffenschein

Bei den Tatverdächtigen entdeckten die Ermittler zahlreiche Waffen und Munition. Aus Sicherheitskreisen verlautete, bei einer Hausdurchsuchung im saarländischen Spiesen-Elversberg seien fünf Kurzwaffen, ein Repetiergewehr, zehn weitere Langwaffen, eine Armbrust sowie ein Schalldämpfer und Munition gefunden worden, in einem zweiten Haus zwei Langwaffen. Unklar ist, ob und gegebenenfalls welche der Waffen legal im Besitz waren. Die Ermittler halten sich dazu bedeckt. Es gibt noch keine klaren Informationen, ob der 38-Jährige noch die waffenrechtliche Zuverlässigkeit besaß. Nach Informationen des Deutschen Jagdverbandes war ihm 2020 wegen fehlender Zuverlässigkeit ein Jagdschein verweigert worden.

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