Eine Oase für Kinder psychisch kranker Eltern

St Wendel · Innerhalb des Projektes Oase treffen sich Kinder psychisch kranker Eltern bei der Caritas in St. Wendel. Sozialpädagogin Petra Scherschel betreut die Gruppe und hilft den Kindern zu verstehen, was mit Mama oder Papa nicht stimmt.

 Petra Scherschel und ihre Kollegin Eva Scholl (rechts) mit den drei Kindern, die sich regelmäßig in der Projekt-Gruppe Oase treffen. Foto: Evelyn Schneider

Petra Scherschel und ihre Kollegin Eva Scholl (rechts) mit den drei Kindern, die sich regelmäßig in der Projekt-Gruppe Oase treffen. Foto: Evelyn Schneider

Foto: Evelyn Schneider

Sozialpädagogin Petra Scherschel und ihre Kollegin Eva Scholl knien sich mit den Kindern auf den Boden. Vor ihnen liegen bunte Karten. Die eine zeigt eine strahlende Sonne, die andere eine dunkle Wolke, die sich halb vor den leuchtenden Himmelskörper geschoben hat, und wieder eine andere dicke Wolken, aus denen Regentropfen fallen. Nach kurzem Überlegen greifen die Kinder in der Runde nach einer Karte. Sie zeigt ihren aktuellen Gefühlszustand. Meist erzählen die Kinder dann, warum sie gerade fröhlich, traurig oder auch wütend sind. Manchmal möchten sie aber auch lieber schweigen. Beides ist in Ordnung. Denn in dieser Gruppe stehen die Bedürfnisse der Kinder im Vordergrund.

Alle zwei Wochen treffen sich aktuell sechs Kinder im Alter von acht bis elf Jahren im Haus der Caritas in St. Wendel. Als ein Angebot innerhalb des Projektes Oase bieten Petra Scherschel und Eva Scholl eine Gruppe für Kinder psychisch kranker Eltern an. Aber auch in Einzelgesprächen kümmern sich die Sozialarbeiterinnen um die Nöte dieser Kinder. Eine wichtige Aufgabe, denn "die Eltern sind oft medizinisch gut versorgt, die Kinder nicht", sagt Petra Scherschel vom Caritasverband Schaumberg-Blies. Obwohl wir in einer aufgeklärten Gesellschaft leben, sind Erkrankungen der Psyche noch immer ein Tabu-Thema. "Eine Frau hat einmal zu mir gesagt: Ich hätte lieber Krebs als eine Depression", erinnert sich Scherschel. Regelmäßig ist die Sozialpädagogin zu Sprechstunden im Marienkrankenhaus. Dort haben Menschen die Gelegenheit, über ihre Sorgen zu sprechen. Zu der Krankheit selbst kämen meist noch finanzielle und partnerschaftliche Probleme hinzu. Ein schwieriges Umfeld - vor allem für Kinder.

"Es ist ein Irrglauben, dass gerade kleine Kinder nicht mitbekommen, dass etwas mit Mama oder Papa nicht stimmt", sagt Scherschel. Gerade die Kleinsten hätten feine Antennen für ihr Umfeld. Doch meist verstünden die Kinder nicht, was mit einem oder beiden Elternteilen nicht stimmt. "Kinder setzen vieles in Relation zu sich", so Scherschel. Sie denken zum Beispiel: Mama geht es schlecht, weil ich nicht brav war.

Kindern die Krankheit der Eltern zu erklären, ist nur ein Teil des Hilfeangebotes, das die Caritas für Betroffene bereithält. Über verschiedene Beratungsangebote erfahren psychische kranke Eltern von dem Projekt Oase. Oft müssen die Sozialpädagogen Aufklärungsarbeit leisten und den betroffenen Eltern klarmachen, dass sich ihre Krankheit auch auf das Kind auswirkt. "Wir unterliegen der Schweigepflicht", betont Scherschel. Denn die Angst vor dem Jugendamt hält so manche Mutter oder Vater davon ab, sich Hilfe zu suchen.

Vor einem Jahr hat die Caritas die Gruppe für die Acht- bis Elfjährigen gestartet. Anfangs seien die psychischen Probleme der Eltern in den Hintergrund gerückt. Seit gut drei Monaten gehört zu jedem Treffen ein Teil, der sich mit den verschiedenen Krankheiten beschäftigt. "Es ist schön zu sehen, dass die Kinder inzwischen miteinander vertraut sind und ein Interesse daran haben, wie es dem anderen geht", sagt Scherschel. Höhepunkt für die Kinder sei die gemeinsame Essenspause. Alle sitzen am Tisch, essen Obst und unterhalten sich. "Hier wird die Sehnsucht nach einer vertrauensvollen Umgebung deutlich", erklärt die Pädagogin. Die Treffen enden stets mit einem Lied oder einem Spiel. Außerdem stünden regelmäßig auch Ausflüge auf dem Programm. "Es ist geplant, auch eine Gruppe für Jugendliche ab zwölf Jahren einzurichten", sagt Scherschel.

caritas-wnd.de

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Auf einen BlickDer Caritasverband Schaumberg-Blies engagiert sich im Arbeitskreis "Kinder psychisch kranker Eltern" im Landkreis St. Wendel. Daran sind außerdem beteiligt: der Landkreis St. Wendel, die Stiftung Hospital St. Wendel, die Lebensberatung des Bistums Trier, die SHG Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Landesverband Saarland der Angehörigen psychisch Kranker und die Klinik für Psychiatrie im Marienkrankenhaus St. Wendel. Überregional ist der Caritasverband in einem Arbeitskreis des Landesverbandes der Angehörigen psychisch Kranker aktiv. Vom 6. bis 20. Oktober findet im Saarland die Woche der "Seelischen Gesundheit" statt. Dieses Mal stehen Kinder und Jugendliche thematisch im Mittelpunkt. evy

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