Gutachter prüfen Wirtschaftlichkeit Eine neue Klinik fürs Nordsaarland?
Wadern · Ein Gutachter prüft den Bedarf. Doch es gibt Zweifel an der Wirtschaftlichkeit. Erinnerungen an 2011 werden wach.
Die Wunschliste der Bürgerinitiative in Wadern ist geschrieben: Nach der Schließung des Krankenhauses bis zum Jahresende soll nach ihrem Willen eine neue Nordsaarland-Klinik in der Hochwaldstadt entstehen, mit rund um die Uhr besetzter Notaufnahme, verschiedenen Fachabteilungen, 160 bis 180 Betten, einer guten Erreichbarkeit für Rettungswagen sowie für Mitarbeiter und Besucher und einem ansprechenden Umfeld. Ein idealer Standort, um die Gesundheitsversorgung im Norden des Landes zu sichern, wäre aus Sicht der BI der jetzige Standort des Krankenhauses Wadern (69 Betten), das der Träger Marienhaus zum Jahresende aus wirtschaftlichen Gründen schließen wird. Allerdings will das Unternehmen die Immobilie nicht verkaufen, um sich keine Konkurrenz für die eigenen Häuser in der Region vor die Tür setzen zu lassen.
Das saarländische Gesundheitsministerium lässt derzeit von einem Gutachter prüfen, ob eine solche Nordsaarland-Klinik sinnvoll wäre und, wenn ja, wie sie wirtschaftlich betrieben werden könnte, also wie viele Betten, welche Abteilungen und wie viele Patienten sie bräuchte. Der Gutachter prüft all dies für die aktuellen Rahmenbedingungen sowie für einen Zeitraum in zehn Jahren – und zwar „ergebnisoffen“, wie Gesundheitsstaatssekretär Stephan Kolling (CDU) versichert.
Die Machbarkeitsstudie soll bis November vorliegen. „Sollte der Gutachter die Machbarkeit bestätigen, kann ein neues Nordsaarland-Klinikum mittelfristig realisiert werden“, sagte Kolling unlängst. Planung, Bau und Inbetriebnahme dauerten jedoch mindestens fünf Jahre.
Allerdings ist zweifelhaft, ob es ein solches Krankenhaus, dessen Einzugsbereich sich über weite Teile der Landkreise Merzig-Wadern, St. Wendel und Saarlouis bis hin nach Rheinland-Pfalz erstrecken würde, wirklich geben wird.
Von Beteiligten werden die möglichen Kosten auf bis zu 90 Millionen Euro geschätzt. Zum Vergleich: Für alle 25 Krankenhausstandorte gibt das Land derzeit 28,5 Millionen Euro pro Jahr. Zumindest theoretisch wäre auch denkbar, dass ein privater Klinik-Konzern ein solches Krankenhaus auf eigene Kosten baut. Allerdings ist der Markt im Nordsaarland schwierig: Für die lukrativen spezialisierten Leistungen fehlt die Masse an Patienten. Hinzu kommt: Gerade Patienten unter 60 Jahren legen weniger Wert auf Wohnortnähe und gehen für planbare Operationen lieber in größere Kliniken. „Für die Kombination aus einer Nordsaarland-Klinik und den bestehenden Krankenhäusern kann ich mir nicht vorstellen, dass es im ländlichen Raum die notwendigen Patientenzahlen gibt“, sagt Ärztekammer-Präsident Josef Mischo.
Marienhaus-Vorstandschef Heinz-Jürgen Scheid sagte kürzlich in einem SZ-Interview klipp und klar, was er von einer Nordsaarland-Klinik hält. Wenn die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vorlägen, müsse über die Frage gesprochen werden, was ein neues Krankenhaus für die bestehenden Standorte des Klinikverbundes Hochwald-Saar, also Losheim, Lebach und Hermeskeil, bedeuten würde. Scheid: „Irgendwo müssen die Patienten für die neue Klinik ja herkommen. Das kann nur zulasten anderer Standorte gehen.“ Scheid fügte einen unmissverständlichen Satz hinzu: „Mit dem Bau einer neuen Klinik würde man Losheim, Lebach und Hermeskeil letztlich infrage stellen.“
Die Machbarkeitsstudie geht davon aus, dass die Nordsaarland-Klinik ein zusätzliches Angebot zu den bestehenden Standorten Lebach, Losheim und Hermeskeil wäre. Sie unterscheidet sich dadurch gravierend von Überlegungen, die es bereits im Jahr 2011 für eine Ein-Standort-Lösung gab. Die Idee damals war, dass in Wadern ein neues, großes Krankenhaus für das Nordsaarland gebaut wird und dafür die Standorte Losheim und Lebach geschlossen werden und einer anderen Zweckbestimmung im Gesundheitswesen zugeführt werden, wie sich der damalige Gesundheitsminister Georg Weisweiler (damals FDP) erinnert. Er hatte diese Idee vorangetrieben. „Wir brauchen ein großes leistungsfähiges Krankenhaus fürs Nordsaarland“, rekapituliert Weisweiler die damaligen Überlegungen. „Das war relativ konkret, wir waren auf einem guten Weg.“ Man habe mit dem Träger Marienhaus bereits über die Finanzierung gesprochen. Nach SZ-Informationen ging es damals um Gesamtkosten von 60 bis 65 Millionen Euro, von denen 40 Millionen Euro das Land hätte zahlen müssen – aus Weisweilers Sicht wäre das grundsätzlich machbar gewesen. Aber hätte der Träger überhaupt die restlichen Millionen aufbringen können? Daran hatte Marienhaus selbst Zweifel. Dort ist die Rede von einer „ganzen Fülle von Gründen“, die zum Scheitern des Projekts geführt hätten. Weisweiler erinnert sich etwas anders. Auch die Personalvertretungen hätten das Projekt im Grundsatz unterstützt, sagt der Ex-Minister. Gescheitert sei das Projekt, als die CDU das Jamaika-Bündnis aufkündigte.