Eine literarische Spurensuche

Spiesen. Es war im Jahr 1788, als die Geschichte der Juden in Spiesen mit der Ansiedlung zweier Familien ihren Anfang nahm. Doch bereits 150 Jahre später sollte sie ein unheilvolles Ende erfahren

 Bereitwillig signierte Stephan Friedrich im Anschluss an die Lesung sein Erstlingswerk. Foto: Björn Heib

Bereitwillig signierte Stephan Friedrich im Anschluss an die Lesung sein Erstlingswerk. Foto: Björn Heib

Spiesen. Es war im Jahr 1788, als die Geschichte der Juden in Spiesen mit der Ansiedlung zweier Familien ihren Anfang nahm. Doch bereits 150 Jahre später sollte sie ein unheilvolles Ende erfahren. Mit seinem 300 Seiten umfassenden Erstlingswerk "Wir sind Dornen geworden in fremden Augen" verfasste der Spieser Autor Stephan Friedrich nach jahrelanger Recherchearbeit jetzt eine umfangreiche Chronik zum jüdischen Leben in der Gemeinde. Im Rahmen einer Lesung im Rathaus gab der Verfasser am Sonntagabend vor rund 80 Besuchern einen Einblick in seine mühevolle Spurensuche und den Inhalt des umfangreichen Sachbuchs. Begleitet wurde die Veranstaltung musikalisch durch den Chor Evita unter der Leitung von Ehefrau Gaby Friedrich.Im Jahr 2006 regte der damalige Pfarrer Peter Scheel anlässlich einer Ausstellung zu jüdischen Friedhöfen im Saarland das Buchprojekt an. Schnell fand man in Stephan Friedrich einen Autor, der sich mit Freude und Sachverstand mit der Geschichte der Juden in Spiesen auseinander setzte, wie Bürgermeister Reiner Pirrung während seiner Begrüßungsrede erörterte. "Zu Beginn meiner Arbeit lag mir ein Mosaik vor. Die fehlenden Teile waren über die ganze Welt verstreut", blickte Stephan Friedrich zu Beginn seiner Ansprache am Sonntagabend zurück. Glücklicherweise konnte er schnell auf Material zurückgreifen, dass der ehemalige Pfarrer Hans-Jürgen Geischer in den 70er Jahren über die Juden in Spiesen zusammengetragen hatte. "Ich bin seinen Spuren gefolgt und habe viele neue entdeckt", erzählte der Autor weiter. Seine Spurensuche erstreckte sich dabei über den gesamten europäischen Kontinent. "Einige Spuren führten sogar bis in die USA", erinnerte sich Friedrich. So gelang es ihm im Laufe der Recherchearbeiten, zahlreiche Kontakte zu knüpfen, Fotos und Erinnerungen zu sammeln, die nun alle in dem Werk dokumentiert sind. In der Chronik schildert Friedrich eingehend anhand politischer Entwicklungen, sozialer Hintergründe und Porträts die Geschichte der ortsansässigen Juden von ihren Anfängen, bis zu ihrem Ende Mitte der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts. "Es ging mir darum, die weißen Flecken auf der jüdischen Landkarte Spiesens zu beseitigen", schilderte Stephan Friedrich seine Motivation und bekräftigte: "Die Juden Spiesens sind ein Teil unserer gemeinsamen Geschichte. Diese Zugehörigkeit verpflichtet uns, Zeugnis über alle Menschen abzulegen, die hier je gelebt haben." Um die Erinnerung an die Juden in der Gemeinde stets wach zu halten und ihre Geschichte jedem zugänglich zu machen, rief Stephan Friedrich zusätzlich zur umfangreichen Chronik eine große Ausstellung zu dem Thema ins Leben. Diese kann im Heimatmuseum von Spiesen betrachtet werden. eib

"Wir sind Dornen geworden in fremden Augen" ist demnächst im Buchhandel und über Online-Versandhäuser erhältlich.

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