Eine Liebe auf zwei Rädern
Kleinottweiler. "Mit Coca-Cola und säurefreiem Öl, dem Gewehröl, habe ich die Zylinder und Kolben sauber gemacht." So beginnt die Geschichte einer Leidenschaft zwischen Albert Walter Scherer aus dem Bexbacher Stadtteil Kleinottweiler und dem Motorroller der Marke NSU, Lambretta 5, zugelassen am 1. 7. 1951
Kleinottweiler. "Mit Coca-Cola und säurefreiem Öl, dem Gewehröl, habe ich die Zylinder und Kolben sauber gemacht." So beginnt die Geschichte einer Leidenschaft zwischen Albert Walter Scherer aus dem Bexbacher Stadtteil Kleinottweiler und dem Motorroller der Marke NSU, Lambretta 5, zugelassen am 1. 7. 1951. Die Beschreibung des Gefährts liest sich wie eine feinfühlige Liebeserklärung an eine Maschine: Farbe: grün-beige ("Originalfarbe"), Sitze: gelbes Leder für Vorder- und Rücksitz, Griffe aus schwarzem Gummi, 10-Zoll-Räder, 12-Voltanlage, vier Blinker ("zwei vorne und zwei hinten"), Handkupplung und Hand- und Fußbremse. Scherer: "Die elektrische Anlage ist von Bosch." So eine Beschreibung lässt die Herzen von Rollerfreunden höher schlagen. Die Marke NSU steht für den Standort Neckarsulm und für einen der weltweit bekanntesten deutschen Fahrrad-, Motorrad-, Automobil- und Motorroller-Hersteller. Heute ist er Teil des Audi-Konzerns. Die in dem Mailänder Vorort Lambrate ansässige Firma Innocenti vergab nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit Lizenzen für den Motorradbau, so auch an NSU. Das Ergebnis war ein preisgünstiger Motorroller mit gekapselter Triebsatzschwinge und Stahlrohrrahmen. Ursprünglich bestand das Blechkleid zunächst nur aus einem Spritzschutz vor den Füßen des Fahrers. Heute gilt die NSU, Lambretta 5, als große Rarität. "Ich kann die Stunden gar nicht mehr zählen, die ich in den Roller gesteckt habe", sagt der gebürtige Erbacher Scherer, der seit weit über 50 Jahren in "Kleenoddwiller" lebt. Über Verwandte lernte er vor mehr als einem halben Jahrhundert seine Frau Sieglinde kennen. Sie haben drei erwachsene Söhne und haben acht Enkel. "Bis auf meine Frau, die im Kirchenchor der protestantischen Kirchengemeinde singt, haben wir alle eine große Liebe zur Musik und zur Technik," fügt Scherer an. Er selbst spielt Posaune im Musikverein Reiskirchen, dorthin ging er nach der Auflösung des Posaunenchores Jägersburg-Kleinottweiler. Fußball beim einheimischen ASV interessiert ihn ebenfalls: "Ich war auch lange Jahre in der Jugendarbeit engagiert", sagt der bald 75-Jährige, der als "Bub bei Seiwerts" Stahlbauschlosser lernte, später in Homburg und Neunkirchen "bei Stumme geschafft hatt." Als die Stahlkrise Anfang der 1960er das Ende der Stahl- und Eisenzeit an der Saar langsam einläutete, wechselte er an die "Uni nach Homburg" und wurde "Desinfektor, heute würde das wohl Hygiene-Manager heißen", sagt Scherer.
Dann blickt der rüstige Rentner nochmals in die Geschichte zurück. Für 300 Mark habe er den Roller gekauft. Den habe er in Frankenholz bei einem Freund in der Garage stehen sehen. Leider waren die ursprünglichen Papiere verschwunden. Doch eine eidesstattliche Erklärung und ein Schreiben an das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg besiegelten, dass Scherer eine Kostbarkeit auf zwei Rädern besitzt.
Auf einen Blick
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