Einblicke ins Mittelalter

Wallerfangen. Ein wenig verwundert zeigte sich Wolfgang Adler Mitte August 2011. Da stand der Bodendenkmalpfleger des Saarlandes mitten in Wallerfangen. Vor sich die Geländeerhebung zwischen Hauptstraße und Haus Christophorus. "Aufgrund eines alten Planes hatten wir eigentlich angenommen, dass die frühere Pfarrkirche oben auf dem Plateau stand

 An der derzeitigen Lücke am Standort des ehemaligen Gasthauses Goldener Schwan in Wallerfangen soll die neue Filiale der KSK entstehen. Fotos: Johannes A. Bodwing

An der derzeitigen Lücke am Standort des ehemaligen Gasthauses Goldener Schwan in Wallerfangen soll die neue Filiale der KSK entstehen. Fotos: Johannes A. Bodwing

Wallerfangen. Ein wenig verwundert zeigte sich Wolfgang Adler Mitte August 2011. Da stand der Bodendenkmalpfleger des Saarlandes mitten in Wallerfangen. Vor sich die Geländeerhebung zwischen Hauptstraße und Haus Christophorus. "Aufgrund eines alten Planes hatten wir eigentlich angenommen, dass die frühere Pfarrkirche oben auf dem Plateau stand."Doch wuchtige Steine des Fundamentes fanden sich fast viereinhalb Meter tiefer. Vermutlich ist es die südöstliche Ecke der mittelalterlichen Pfarrkirche. Ein Plan der Festungsstadt Wallerfangen, der von 1679 stammen soll, hat an dieser Stelle eine Kirche eingezeichnet. Und der Wallerfanger Heimatforscher Theodor Liebertz schrieb in den 50er Jahren, der Chor der Kirche habe im Hof des nun abgerissenen Goldenen Schwan gelegen.

Aus dem 14. Jahrhundert

Das Gebäude stammt wohl aus dem 14. Jahrhundert. Diese Datierung legen ein gefundenes Fenster-Maßwerk nahe, das gotische Elemente aufweist, sowie bemalte Reste der Kirchenscheiben. Der gotische Bau sei aber womöglich nicht die früheste Kirche an dieser Stelle. Denn er wurde in einem bereits bestehenden Friedhof errichtet, und ein älterer Kirchenbau lag wohl in der Nähe.

1688 wurde das gotische Gebäude bei der Niederlegung Wallerfangens vollständig abgerissen. Davon zeugt ein 2,50 Meter tiefer und weit ins Fundament hinein gegrabener Ausbruchtrichter. "Es wurde sehr sauber und gründlich gearbeitet", fasste Adler zusammen. "Nur einzelne Steine blieben an ihrem Platz. Alles spricht für eine gut organisierte, professionell durchgeführte Maßnahme." Diese steilwandige Grube wurde nach dem Abbruch mit Abfall verfüllt. Der entstand, als die besten Steine für eine Wiederverwendung vorbereitet wurden. Das brauchbare Material kam vermutlich beim Aufbau von Saarlouis zum Einsatz. Laut Liebertz wurde das Holz des Kirchen-Dachstuhls 1688 für einen Kirchenneubau in Beaumarais benutzt. Die beiden großen Glocken übernahm die Pfarrei St. Ludwig in Saarlouis.

Bei den archäologischen Grabungen zwischen Mitte August und Anfang Dezember 2011 gab es erste Funde im Kellerbereich des abgerissenen "Schwanen". Eine fest gestampfte Lehmschicht wurde als früherer Zimmerboden gedeutet. Treppenstufen kamen zum Vorschein und ein Bereich, der eine Art schmale Gasse darstellen könnte. Deren Verlauf passt zum Wegesystem der alten Stadt. Dabei lag die Einmündung im Bereich Hospital- und Hauptstraße vor mehr als 300 Jahren wohl weiter in Richtung Hang und war abgeschrägt.

Auch das vermutlich erste Blauerz innerhalb der Stadt Walderfingen fanden die Ausgräber. Außerdem knapp 20 Münzen, meist aus dem Mittelalter. Darunter eines mit Bischofs-Symbol und schlossartigem Gebäude.

Rund 50 Gräber

Rund 50 Gräber sind laut Adler systematisch geborgen worden. "Schwer zu datieren", sagte Grabungsleiterin Katharina Milkovic, "weil es kaum brauchbare Grabbeilagen gibt". Auf etwa 130 Kubikmeter Sand schätzte sie das mit Schaufel, Spachtel und feinem Pinsel beiseite geräumte Material.

Die ältesten Bestattungen wurden Anfang Dezember geborgen. Zwei nebeneinanderliegende Skelette, deren Schädel grob Richtung Südost wiesen. Ihr Grab war in den anstehenden Fels gehauen und befand sich etwa zwei Meter tiefer als die Oberfläche der naheliegenden Villeroystraße. Dies deckt sich mit Hinweisen von Theodor Liebertz. Demnach lagen die Gassen der mittelalterlichen Stadt an manchen Stellen bis zu zwei Meter unter dem jetzigen Straßenniveau.

Die Skelettfunde schätzt Adler auf älter als 1688. Grob ergäben sich zwei Horizonte mit Bestattungen. Einer aus der Zeit vor dem Bau der gotischen Kirche und der andere danach. Dies lege auch die Ausrichtung der Toten nahe. Die jüngeren Gräber orientieren sich anscheinend an der grob Ost-West ausgerichteten gotischen Kirche. Die älteren sind genau nach Westen ausgerichtet. Diese reichen womöglich bis ins 9. oder 8. Jahrhundert nach Christus. Im älteren Bestattungshorizont enthielten einzelne Gräber Beigaben wie einen bronzenen Ohrring, eine tönerne Spinnwirtel und ein am Gürtel getragenes Eisenmesser. Dies seien letzte Ausläufer der frühmittelalterlichen Beigabensitte, erklärt Adler. Eine Datierung ins ausgehende Frühmittelalter sei anzunehmen.

Auf einen Blick

 In wechselnder Stärke arbeiteten sich Grabungsteams über insgesamt zwölf Wochen hinweg in den historischen Untergrund.

In wechselnder Stärke arbeiteten sich Grabungsteams über insgesamt zwölf Wochen hinweg in den historischen Untergrund.

 Skelette aus dem alten Friedhofsbereich wurden geborgen.

Skelette aus dem alten Friedhofsbereich wurden geborgen.

 Ausgegraben wurde auch eine Tonschale.

Ausgegraben wurde auch eine Tonschale.

Momentan ist der Grabungsbereich zwischen Haupt- und Villeroystraße wieder mit Sand verfüllt. In den nächsten Monaten beginnt dort der Bau einer Filiale der Kreissparkasse Saarlouis. Den Entwurf stellt die KSK morgen, 10. Januar, um 17.15 Uhr in einer öffentlichen Sitzung im Wallerfanger Rathaus vor. az

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