Ein Unfall? Schicken Sie ein Fax!

Saarbrücken · Menschen mit einer Hör- oder Sprachschädigung können im Notfall die Rettungskräfte nur per Fax oder über Dritte alarmieren. Die Piraten-Fraktion fordert nun einen barrierefreien Notruf im Saarland.

 Auszug aus dem Notfallfax: Der Betroffene muss unter anderem angeben, wer helfen soll und was geschehen ist. Foto: ZRF

Auszug aus dem Notfallfax: Der Betroffene muss unter anderem angeben, wer helfen soll und was geschehen ist. Foto: ZRF

Foto: ZRF

Wer einen Unfall hatte oder einen Brand melden will, kann schnell die 110 oder 112 anrufen, doch was tun Gehörlose und Schwerhörige in einem solchen Fall? Sie können die Rettungsdienste nur per Fax alarmieren. Für die Piraten-Fraktion ein Unding, weshalb sie am Mittwoch im Landtag einen Antrag für einen barrierefreien Notruf einreichen will. Die Piraten fordern, dass ein Notruf auch per SMS und App für Smartphones und Tablet-PCs möglich sein soll. Denn viele Menschen besäßen gar kein Faxgerät, schon gar nicht hätten sie es außer Haus im Notfall bei sich.

Einzelne Bundesländer wie Sachsen und Berlin haben die Notruf-SMS bereits eingeführt. Dabei wandelt der Mobilfunkbetreiber die Kurznachricht in ein Fax um, das an die zuständige Dienststelle weitergeleitet wird. Allerdings kann die SMS nicht an die leicht zu merkende 110 oder 112 geschickt werden, sondern an eine bis zu 13 Ziffern lange Nummer, die sich je nach Leitstelle, Netzbetreiber und Bundesland unterscheidet. Auch diverse Notfall-Apps sind bereits auf dem Markt. So hat etwa der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB) gemeinsam mit dem Unternehmen Protegon eine App entwickelt, die bei Drücken des Notrufknopfes automatisch ein Foto vom Geschehen und den aktuellen Standort via GPS an ein Sicherheitsunternehmen übermittelt. Das wiederum informiert die zuständige Rettungsstelle. Etabliert hat sich die App bislang nicht. Der Landesverband des DSB begrüßt deshalb den Vorstoß der Piraten. "Wir kämpfen schon seit Jahren für einen barrierefreien und bundesweit einheitlichen Notruf", erklärt die Vorsitzende Birgit Seidler-Fallböhmer.

Auch der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) im Saarland hält die Forderung für "grundsätzlich begrüßenswert". Jedoch betont Sprecher Lukas Hoor: "Es gibt für den Notruf sehr hohe Ansprüche." Ein solches System müsse zu 100 Prozent technisch zuverlässig sein. Zudem spricht auch er sich für eine bundesweit einheitliche Regelung aus. Ein Notfall-Fax ist bei der Rettungsleitstelle in den vergangenen fünf Jahren übrigens nur vier Mal eingegangen. Hoor vermutet, dass viele sprach- oder hörgeschädigte Menschen über Dritte Hilfe rufen.

Beim ZRF besteht bereits die Möglichkeit, eine SMS an die Nummer (06 81) 19 222 zu schicken, die dann automatisch vorgelesen wird. Allerdings könne ein solcher Notruf bei Netzüberlastung zeitverzögert ankommen, räumt Hoor ein. Wegen dieser Tücken steht die Landespolizei der Notruf-SMS ablehnend gegenüber, wie Sprecher Georg Himbert erklärt: "Diese Lösung wird bisher nicht in Betracht gezogen, weil technisch nicht gewährleistet ist, dass die SMS immer zeitnah weitergeleitet wird."

Die stellvertetende Fraktionsvorsitzende der Piraten, Jasmin Maurer, kann solche Einwände nicht nachvollziehen: "Das System ist durchaus zuverlässig. In anderen Ländern, etwa in Irland, hat es sich bewährt." Ob mit der Neuerung Kosten für das Land verbunden seien, komme auf die technische Umsetzung an: "Die Detailfragen müssen noch geklärt werden. Aber die Kosten dürften sich im Rahmen halten."

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