Ein Schloss ohne Etikette

Mettlach. Fürs Verträumte ist er nicht gemacht. Auch fürs Pompös-Herrschaftliche hat der aus Roden stammende Autor und Filmemacher Alfred Gulden (66) keine Ader

 Autor Alfred Gulden auf Schloss Ziegelberg in Mettlach. Foto: Maurer

Autor Alfred Gulden auf Schloss Ziegelberg in Mettlach. Foto: Maurer

Mettlach. Fürs Verträumte ist er nicht gemacht. Auch fürs Pompös-Herrschaftliche hat der aus Roden stammende Autor und Filmemacher Alfred Gulden (66) keine Ader. Und doch fährt er oft dorthin, wo sich beides in einem Postkarten-Motiv zusammenfügt, zum Mettlacher Schloss Ziegelberg: 1878 für den Direktor der Mettlacher Steingut-Fabrik Edmund von Boch erbaut, einst Sitz des Keramikmuseums, heute Restaurant. Eine Adresse, die sich mit der biografischen und poetischen Topografie Guldens wunderbar verknotet. Denn Gulden lebt geschichtssträchtig, auf dem Gelände des riesigen Villeroyschen Parks in Wallerfangen, im denkmalgeschützten "Salms Haus", einer ehemaligen Treidel-Anlege-Stelle am Alten Saararm. Ein Ort, der selbst als Ausfllugsziel dienen könnte. Doch Gulden, dieser Heimatdichter mit Fluchtimpuls, muss immer wieder aus dem Winkel in die Welt, kennt New York, Bordeaux, Cadiz. Oder eben Mettlach. "Man sitzt hier einfach wunderbar", sagt Gulden - und untertreibt. Vom überdachten Restaurant-Balkon des Ziegelberg-Anwesens bietet sich ein staunenswerter Blick auf das Saar-Ufer. Links die barocke Alte Abtei, Stammsitz von Villeroy & Boch, geradeaus das in uraltes Grün gepackte Gästehaus Saareck, unten fahren Ausflugs-Bötchen dem eleganten Fluss-Schwung nach. So lässt sich im Hierbleiben das Anderswo mitdenken. Zudem ist Gulden, wie er erzählt, dem Barock verbunden, "seit ich in einem Balthasar-Neumann-Bau, bei den Jesuiten in Prüm, groß wurde." Zudem kann er über die "felsige, zerklüftete, wilde Untere Saar" bis Trier unzählige Geschichten auspacken. Etwa, dass der Dichter Arno Schmidt 1955 in Kastel unterkam und dort der Ritter-König Johann von Böhmen (der Blinde) in einem Grabmal Karl Friedrich Schinkels begraben liegt. Zudem erinnert er sich an die Zollgrenze in Saarhölzbach, über die er die Lasso-Zigarettenstangen mitnahm ins Internat nach Prüm, oder an die fünf Witwen, die auf der Fahrt immerzu beteten - zu einem Schutzpatron der Schmuggler.Doch wenn Gulden auf Schloss Ziegelberg einkehrt, macht das literarische Mühlrad im Kopf Pause. Dann war er zuvor meist in profanen Dingen unterwegs, hat mit Frau Karin in Luxemburg getankt, bei den Saar-Winzern Wein und in Mettlach bei Landsend Klamotten gekauft. Er freut sich, dass man sich für dieses Schloss-Restaurant mit durchaus vornehmen Speise-Räumen "nicht den Sonntagsanzug anziehen" muss, weil es ganztägig zwanglos zugeht in Gaststube und im Garten. Denn schnieke mag Gulden es nicht, bezeichnet sich als "Küchenhocker", der sich am liebsten in einer großen Küche aufhalte, und als "Küchenknecht", der gerne zuarbeite, selten selbst koche. Am liebsten isst er "terroir, wie die Franzosen zu sagen pflegen: das, was die Menschen der Gegend anbauen und zubereiten." Chichi lehnt er ab: "Austern überbacken? Womit, mit Mist!" Also schätzt er in seiner Zweit-Heimat München den Schweinsbraten und die Weißwürste, zu Hause trinkt er, wie die Bauern, einen "aufputschenden" Elbling am Morgen, und auf Schloss Ziegelberg nimmt er im Herbst Wildgerichte. Die Karte (Seebarsch mit Senfsauce, Spinatnocken mit Käsecreme) kommt unverschnörkelt daher, die Preise sind moderat. "Hier muss man kein Vermögen für Qualität ausgeben", meint er. Und denkt laut über die eigene Ess-Geschichte nach: "Die Zeit der reinen Nahrungauafnahme in Internaten, Mensen und Rundfunkkantinen habe ich Gott sei Dank hinter mir." Nun also Genuss. "Man isst ja mit den Augen", sagt Gulden. Lehnt sich zurück - und schaut. Auf eine Landschaft, die man dem Saarland nicht zutrauen würde. Restaurant Schloss Ziegelberg, Mettlach, geöffnet: 10 bis 24 Uhr; montags Ruhetag. Tel. (06864) 140

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