Ein Jung-Dinosaurier namens Fortissimo

Völklingen · Instrumenten-Geschäfte haben es in Zeiten des Internethandels schwer. Die Inhaber müssen hart arbeiten, um im Wettbewerb zu bestehen. Die Völklingerin Birgit Mank, 62, trotzt mit ihrem „Fortissimo“ froh allen Krisen.

 Birgit Mank führt seit 1997 das Instrumentengeschäft „Fortissimo“ in Völklingen. Mit der Hilfe einer Bekannten hat sie kürzlich türkische Gitarren (Saz) aus Izmir importiert. Foto: Jenal

Birgit Mank führt seit 1997 das Instrumentengeschäft „Fortissimo“ in Völklingen. Mit der Hilfe einer Bekannten hat sie kürzlich türkische Gitarren (Saz) aus Izmir importiert. Foto: Jenal

Foto: Jenal

"Es wird immer schwerer", sagt Birgit Mank, aber ehe der Eindruck entstehen könnte, sie wolle klagen, setzt sie ihr Lächeln auf. Ein echtes. Nein, versichert die Inhaberin des Musikinstrumente-Geschäftes "Fortissimo" in der Völklinger Poststraße, so ein Unternehmen gebe man nicht so schnell aus der Hand. "Ich will noch ein paar Jahre machen". Gerade hat sie türkische Gitarren (Saz) ins Sortiment aufgenommen, um eine neue Zielgruppe anzusprechen. Mit Hilfe einer Bekannten importierte sie die dickbauchigen Instrumente selbst aus Izmir und kann sie deshalb relativ günstig anbieten. Drei habe sie bereits verkauft, freut sich die Inhaberin des 50 Quadratmeter großen Ladens, der von Gitarren, Blockflöten und einer großen Notenauswahl bestimmt wird. Im Schaufenster ist ein elektronisches Schlagzeug zu bestaunen, ein Sinnbild der Moderne, in der immer mehr Töne aus Steckdosen kommen.

"Fortissimo" ist erst knapp 20 Jahre alt, aber dennoch eine Art Jung-Dinosaurier, der die Geschichte überregional bekannter Völklinger Musikalienhandlungen fortschreibt. Erinnert sei nur an die inzwischen aus der Handelslandschaft verschwundenen Familiennamen Oberhofer und Weynand, beide in der Bismarckstraße ansässig gewesen.

Zeitzeuge Franz-Rudolf Krämer erinnert sich, dass ab den 1950er Jahren die Völklinger Rathausstraße einer "Kneipenmeile à la Playa de Palma" ähnelte. Überall wurde von Hand musiziert, zu kleinen und großen Anlässen spielten in zig Lokalen und Sälen Orchester zum Tanz auf. In den 1960ern entwickelte sich zudem eine Beat-Szene in den Kellern. Hunderte Musiker benötigten ständig Instrumente und Ersatzteile. Außerdem kauften die Industriearbeiter in den Völklinger Musikalienhandlungen allerlei Instrumente für die Hausmusik - da wurden auch mal Flügelhörner und Xylophone in den Hochwald geschleppt - eine Goldgrube für tüchtige Kaufleute in der Mittelstadt.

Die Schlager-Liebhaberin Birgit Mank, Nichte des legendären "Löwenbräu"-Alleinunterhalters Emil Schaum, der ihr das Klavierspiel beibrachte, übernahm "Fortissimo" 1997 von einem Vertrauten. Die gelernte Einzelhandelskauffrau war arbeitslos gewesen und stürzte sich freudig ins Jungunternehmertum. Bis heute steht sie täglich allein im Laden; Angestellte und Ausfallzeiten kann sie sich nicht leisten. Notfalls geht sie mit Schnupfen oder an Krücken arbeiten. Lediglich in den Sommern gönnt sie sich 14-tägige Betriebsferien.

Für "Fortissimo" war der Handel mit Instrumenten und Zubehör von Beginn an längst nicht mehr so lukrativ wie in den Blütejahren der Livemusik. Instrumente werden zunehmend über das Internet verkauft, Discount-Ketten verderben mit billiger Ware - ausgerechnet im Weihnachtsgeschäft - den angestammten Spezialisten das Geschäft.

Birgit Mank, deren Kunden überwiegend aus Völklingen, dem Warndt, dem Köllertal und dem Kreis Saarlouis kommen, schüttelt den Kopf: "Man nimmt den Kindern die Freude, wenn man ihnen eine Gitarre mit verstimmten Stahlseiten gibt. 49 Euro!" Bei ihr lägen die Preise etwas höher, dafür bekämen die Kunden aber auch Beratung und Service. "Ein Instrument sollte man probieren können", sagt sie. Und freut sich darüber, dass noch etliche Zeitgenossen auch so denken.

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