Aktion Picobello Ein Frosch auf grüner Mission

Saarbrücken · Das Maskottchen der saarlandweiten Müllsammelaktion „Picobello“ soll Kinder animieren.

 Angela Steis alias Frosch Picollo mit den Schülern des Deutsch-Französischen Gymnasiums und Schulleiter Hans Bächle.

Angela Steis alias Frosch Picollo mit den Schülern des Deutsch-Französischen Gymnasiums und Schulleiter Hans Bächle.

Foto: Rich Serra

Wenn sie der Wetterfrosch wäre, hätte sie Sonnenschein an den Himmel gezaubert. Doch was will man machen? Der Himmel ist grau, und sie selbst ist knallgrün. Angela Steis ist nämlich auch ein Frosch. Nur eben nicht fürs Wetter. Sondern für saubere Straßen im Saarland. Seit acht Jahren schlüpft die 43-Jährige aus Eschringen in das unhandliche Kostüm. Dann wird sie zum Maskottchen Picollo. Für ein paar Auftritte im Jahr. An Schulen und Kitas.

Alle kann Picollo nicht besuchen: Laut Entsorgungsverband Saar (EVS) sind an diesem Freitag und Samstag rund 27 000 Müllsammler aus allen 52 Saar-Kommunen  unterwegs. „Von Jahr zu Jahr sind es mehr geworden“, sagt EVS-Sprecherin Marianne Lehmann, die gemeinsam mit Steis und Kollegin Daniela Gorsler das Projekt koordiniert. Davor, von 2003 bis 2011, war noch die Landesregierung für „Picobello“ zuständig.

An diesem Freitag geht es wieder einmal los. Kurz vor acht Uhr, in der Halbergstraße Saarbrücken. Männer und Frauen steuern mit dem Nachwuchs an der Hand den Haupteingang des Deutsch-Französischen Gymnasiums an. Autotüren gehen auf, Kofferräume zu. Kinderstimmen gegen kalte Luft. Aus einem Lautsprecher ertönt Hiphop-Musik. Ein paar Jugendliche stehen gegenüber der Schule am Straßenrand. Wippen, rauchen, unterhalten sich. Jogging-Hosen und Rasta-Zöpfe. Ob sie heute auch noch Abfall suchen gehen? Nicht ausgeschlossen.

Offiziell sind in diesem Jahr aber ihre jüngeren Mitschüler dran. Die drei 5er Klassen des DFG. 75 Schüler. Viele von ihnen tummeln sich in der Empfangshalle. Die 5c muss sich aber noch gedulden. Erst um kurz vor 12 wollen die kleinen Handschuhträger Richtung Stadion am Kieselhumes aufbrechen.

Doch vor der Müll-Mission beschäftigt sie noch etwas anderes. Etwas Grünes und Flauschiges. Es ist Angela Steis, die an der Ecke kniet und sich Froschfüße über ihre grünen Boots stülpt. Jetzt fehlen nur noch Froschrumpf und -kopf. Die Kinder schauen wie erstarrt Richtung Frosch. „Ich habe das Gefühl, ich motiviere sie“, sagt Steis. Keine Unkenrufe also. Nur ein Lächeln. Wenn auch etwas angestrengt. Kein Wunder: Sechs Monate im Jahr investiert die gelernte Bürokauffrau in „Picobello“. Die Anmeldungen, die Schulkontakte, die Preise für die fleißigsten Putzer, die jetzt im Mai vergeben werden. Die Frau hinter Picollo leistet all das im Hintergrund. Dabei bleibt ihr kaum Zeit, selbst mitsammeln zu gehen. Das Picollo-Dasein ist ja auch schon anstrengend genug. „Das Problem ist, dass man kaum was sieht. Und wenn ich mich bücke, muss ich den Kopf festhalten, damit er nicht abfällt“, sagt die Frau, die auch an Karneval gerne mal ausgefallene Kostüme anlegt. Ihre Kollegin Gorsler erklärt, dass man es kaum länger als fünf Minuten in der grünen Ummantelung aushält. „Sonst erstickt man.“

Doch Steis wagt es erneut: Bugsiert Kopf über Kopf. „Wie süß“, quaken ein paar Jungs und lachen. Andere grüßen mit „Hallo Frosch“. Doch nicht immer reagieren die Kinder so gelassen auf die tätowierte und gepiercte Frau im Krötenkostüm: „Im Kindergarten fangen sie manchmal an zu weinen, wenn ich plötzlich den Kopf wegmache.“

Für die deutsch-französische Klasse 5c ist der Maskottchenbesuch jedenfalls ein kleiner Motivationsschub. „Sehr lustig und süß“, so das mehrheitsfähige Urteil. Es ist mittlerweile kurz vor 12. Fröschin Picollo ist längst weitergezogen nach Dillingen, in die nächste Kita. Und es regnet immer noch. 26 kleine Gestalten mit gelben Handschuhen wuseln die Treppe neben dem DFG-Haupteingang herunter. Klassenlehrerin Janina Steil hinterher. Greifzangen griffbereit. Der Schubkarren mit blauen Säcken befüllt. Die Kleinen strömen raus und krallen sich alles, was herumfliegt: Zeitungspapier, Zigarettenkippen, Kaugummiverpackungen, Eisbecher, einen zerfledderten Regenschirm...

Die Müllserie auf der Halbergstraße scheint nicht abzureißen. Innerhalb weniger Minuten haben die Kinder den ersten Sack voll. Und das, obwohl noch ein paar Minuten bis zum Stadion fehlen. Und obwohl einige mit Kapuze genervt den Tropfen trotzen statt Unrat an Land zu ziehen. Knapp anderthalb Stunden, in denen die Kinder fragen und aufgabeln. „Es sollte immer so einen Tag im Jahr geben, wo alle Müll sammeln gehen“, sagt der kleine Philipp. Seine Mitschüler nicken. Die Lehrerin auch. Klingt nach Mission erfüllt. Die Froschfrau freut sich.

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